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Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer
Autoren: Viveca Sten
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eingezogen waren, hatten sie Küche und Bad komplett erneuert, was auch dringend notwendig gewesen war. Sie hatten auf übertriebenen Luxus verzichtet, aber durch die Renovierung wirkten die Räume funktionell und einladend.
    Das Beste am Haus war jedoch die sonnige, verglaste Veranda im altmodischen Stil, deren Fensternischen sie mit Mårbacka-Geranien bepflanzt hatte. Von der Veranda aus, die nach Westen zeigte, konnte man sogar das Meer sehen, wenn man sich Mühe gab. Vor allem sah man jedoch die Brand’sche Villa, die sich auf dem Hügel auftürmte und Noras Haus aussehen ließ wie eine kleine Kate.
    »Hallo, wir sind wieder da!«
    Nora lauschte nach oben zu Henrik hinauf, aber im Haus blieb alles still. Sie hatte die leise Hoffnung gehabt, dass er Adam inzwischen geweckt und angezogen hatte, während sie mit Simon unterwegs war,aber offensichtlich schliefen die zwei immer noch. Obwohl Henrik es gewohnt war, viele Stunden ohne Schlaf auszukommen, wenn er im Krankenhaus Bereitschaftsdienst hatte, schlief er im Urlaub viel und gerne. Oder vielleicht gerade deswegen.
    Mit einem Seufzen ging sie die Treppe hinauf.
    »Buuh!«
    Nora zuckte zusammen, als Adam hinter der Badezimmertür hervorsprang.
    »Hast du dich erschrocken?« Er strahlte übers ganze Gesicht. »Papa schläft noch. Aber ich habe mein Bett schon gemacht.«
    Nora umarmte ihn. Sie konnte seine Rippen unter dem T-Shirt fühlen. Wo war ihr pummeliges Baby geblieben, und woher kam dieser kleine, magere Fratz?
    »Komm, du musst vor dem Schwimmunterricht was essen.«
    Sie nahm ihn an die Hand und ging hinunter in die Küche. Während sie die frischen Brötchen auspackte, die sie unterwegs gekauft hatte, deckte Adam den Tisch.
    »Denk an dein Insulin, Mama«, mahnte er.
    Nora lachte ihn an und versuchte, noch eine Umarmung zu ergattern. Er war ein typischer großer Bruder, verantwortungsvoll und mitdenkend. Seit er so groß geworden war, dass er begriff, wie wichtig es für eine Diabetikerin wie sie war, vor jeder Mahlzeit und zu regelmäßigen Zeiten ihr Insulin zu nehmen, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, sie daran zu erinnern. Manchmal nahm sie es nicht so genau damit, besonders zu den Zwischenmahlzeiten, wenn sie nicht zu Hause waren, aber dann wurde er richtig besorgt und schimpfte seine Mutter mit erwachsenem Ernst aus.
    Sie öffnete den Kühlschrank und holte den Ständer mit den Ampullen heraus. Mit übertriebener Geste hielt sie eine hoch und zeigte sie Adam.
    »Jawohl, Herr General. Befehl ausgeführt!«
    Geübt zog sie die Spritze auf und setzte sich die Insulindosis in eine Bauchfalte direkt unter dem Nabel. Zu ihrer Erleichterung schienen weder Simon noch Adam eine Diabetes-Veranlagung zu haben, aber ganz sicher konnte man erst sein, wenn sie größer waren.
    Mit einem Ohr hörte sie, dass Adam zu Henrik ins Schlafzimmer gelaufen war und sich alle Mühe gab, ihn zu wecken, indem er auf dem Bett auf und ab hüpfte.
    Sie hatte nichts dagegen. Wenn sie die Frühschicht mit Simon übernahm, konnte Henrik wenigstens dafür sorgen, dass Adam zum Schwimmunterricht kam. Außerdem wollte sie ja mit Thomas Kaffee trinken.

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Kapitel 6
    Im selben Haus wie Sandhamns Postamt war die zentrale Meldestelle der Polizei untergebracht. Das gelbe Gebäude, das aussah wie ein typisches Schärengarten-Ferienhaus, lag direkt unterhalb der alten Kiesgrube.
    Die Meldestelle bestand aus einem modernen Großraumbüro mit einem Dutzend Arbeitsplätzen und einem Besprechungsraum. Rund fünfzehn Personen arbeiteten hier, überwiegend Frauen, die sich um fast alles kümmerten, von Raub und Körperverletzung bis zu gestohlenen Handys und Fahrrädern. Man öffnete früh am Morgen und schloss erst um zehn Uhr abends.
    Da die Meldestelle an das interne Datennetz der Polizei angeschlossen war, konnte Thomas sich einfach an einen Rechner setzen und seinen Bericht über den Toten vom Strand schreiben. Es gab allerdings nicht viel mehr zu protokollieren, als dass sie einen toten Mann gefunden hatten, die Todesursache jedoch unbekannt war.
    Da er ohnehin gerade am Computer saß, loggte er sich in das Zentralregister der vermissten Personen ein, das » VP «.
    Im Distrikt Stockholm waren zwei Männer als vermisst gemeldet. Der eine war Rentner, vierundsiebzig und demenzkrank. Die Anzeige war vor zwei Tagen zu Protokoll genommen worden.
    Wahrscheinlich sitzt er irgendwo auf einer Lichtung im Wald, der arme Teufel, dachte Thomas. Wenn man ihn nicht bald fand, würde er an
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