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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick
Autoren: Lucie Flebbe
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wanderte zur Seite. Im Moment lag Danner auf dem Bauch neben mir und zog sich das Kopfkissen in den Nacken.
    Wieder klingelte es. Länger diesmal. Ich hatte mich nicht getäuscht.
    Danner sprang auf und suchte in der Wäsche auf dem Fußboden nach seiner Jogginghose. Anscheinend hatte er den gleichen Gedanken wie ich: Sonntagmorgen um sieben konnte die Türklingel nur die nächste Katastrophe ankündigen.
    Ich wurschtelte mich ebenfalls aus der Bettdecke und angelte nach meiner Jeans. Sekunden später tappte ich ungekämmt, mit nackten Füßen und in dem T-Shirt, in dem ich geschlafen hatte, in unser Wohnbüro. Danner riss die Wohnungstür auf.
    Das große Mädchen im Treppenhaus zuckte erschrocken zusammen. Der Anblick seines nackten Oberkörpers oder seine Alkoholfahne ließen sie zurückweichen.
    »Was ist?«, schnauzte er.
    Die junge Frau stolperte rückwärts, die Treppe wieder hinab.
    Danner fuhr sich genervt durch das unrasierte Gesicht.
    »Entschuldigung«, murmelte sie. Ihre Arme und Beine wirkten im Verhältnis zu ihrem mageren Körper lang und schlaksig wie bei einem zu schnell gewachsenen Teenager. Wahrscheinlich war sie jünger als ich.
    Und sie hatte geweint.
    »Die Haustür unten war nicht abgeschlossen …«, stammelte sie jetzt.
    So ähnlich hatte ich vor nicht allzu langer Zeit auch vor Danners Tür gestanden.
    Danner mustert mich auf entmutigende Weise unbewegt. Wenn ich seinen Beruf erraten sollte, würde ich auf Rausschmeißer oder hauptberuflicher Rechtsradikaler tippen. Vor Schreck habe ich das Gefühl, rot zu werden, was mir normalerweise nie passiert.
    »Zieh dir was an.« Ich schob Danner zur Seite, bevor er die junge Frau endgültig in die Flucht schlug.
    »Hi, ich bin Lila«, sagte ich zu ihr. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Eine aufsehenerregende Afrokrause umgab ihr Gesicht wie eine altmodische Föhnhaube. Ihr schwarzes Haar passte zu ihrer Hautfarbe, den vollen Lippen und der kleinen, breiten Nase. Aufgrund ihrer Frisur war ihr Kopf der Körperteil mit dem weitaus größten Volumen.
    Zu einer Jeans, durch deren Risse dunkle Haut schimmerte, trug das Mädchen einen weinroten Kapuzenpulli, dessen Saum ihr bis an die Oberschenkel reichte. Das Ding verhüllte zuverlässig jede Figur. Mein Blick wanderte in ihren Ausschnitt. Grätenartig zeichneten sich ihre vorstehenden Schlüsselbeinknochen unter der Haut ab.
    Mir fielen zwei Gründe ein, aus denen frau ein drei bis vier Nummern zu großes Kleidungsstück wählte: Entweder wollte sie verhindern, dass ihr sabbernde Kerle auf den Busen glotzten, oder sie wollte verhindern, dass jemand bemerkte, wie dünn sie tatsächlich war. Weil Skelette keine Busen zum Glotzen hatten, tippte ich auf Möglichkeit Nummer zwei.
    Magersucht?
    Oder Drogen?
    Ihre Schreckstarre löste sich, als sie meine nackten Füße bemerkte. Sie traute sich, eine Stufe näher zu kommen.
    »Ich suche einen Privatdetektiv – oder eine Detektivin?«, verbesserte sie schnell. Ihre Stimme klang nach Kettenraucherin. War sie doch älter, als ich auf den ersten Blick geschätzt hatte?
    Ich tippte auf das unscheinbar kleine Schild neben unserer Wohnungstür. »Die haben Sie gefunden. Ich bin Lila Ziegler und der mürrische Kerl ist mein Partner, Ben Danner.«
    Lockenkopf atmete erleichtert auf.
    »Und wer sind Sie?«, erkundigte ich mich, weil sie nichts sagte.
    Sie zuckte zusammen, als hätte ich gefragt, ob sie der von Interpol gesuchte Wikileaks-Informant sei.
    »Curly?«
    »Klingt ja, als wären Sie sich selbst nicht sicher. ›Curly‹ steht doch vermutlich nicht in Ihrem Ausweis, oder?«, wollte ich es genauer wissen.
    »Sie können mich auch Mo nennen.«
    Das klang ja, als hätte ich die freie Auswahl. Ich musste mir auf die Zunge beißen, um nicht zu fragen, ob ihr auch Donatella oder Finchen recht wäre.
    »Ich muss Sie beauftragen«, sagte Curly-Mo ohne Nachnamen.
    »Ich habe auch Geld«, fügte sie rasch hinzu, als sie meine noch immer gerunzelte Stirn bemerkte. Sie zerrte einen Haufen zusammengeknüllter Geldscheine aus der Hosentasche und ließ sie prompt fallen, sodass die Banknoten durch das Treppenhaus segelten.
    Fünf, sechs, sieben, acht – das mussten etwa tausend Euro sein, schätzte ich.
    »Ich sitze echt in der Scheiße«, gestand Curly, während sie das Geld von den Stufen sammelte. Als sie zu mir aufsah, glänzten ihre großen, dunklen Augen verräterisch. »Sie müssen mir da raushelfen, Frau Ziegler.«
    »Kaffee?«, schlug ich vor.
    Als Curly zögernd auf
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