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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele
Autoren: Suzanne Collins
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einem allerletzten Versuch hebt Peeta die Finger, von denen das Blut aus seinem Bein tropft, und zeigt auf Catos Arm. Doch versucht er nicht etwa, Catos Griff zu lockern, sondern er zeichnet ein X auf Catos Handrücken. Genau einen Wimpernschlag nach mir merkt auch Cato, was das bedeutet, denn das Lächeln auf seinen Lippen erstirbt. Aber diese eine Sekunde ist entscheidend, schon durchbohrt mein Pfeil seine Hand. Er schreit auf und lässt Peeta reflexartig los, der rückwärts gegen ihn stößt. Einen schrecklichen Moment lang denke ich, jetzt stürzen sie beide. Ich hechte nach vorn und bekomme Peeta zu packen, während Cato auf dem blutbeschmierten Füllhorn ausrutscht und hinabfällt.
    Wir hören, wie er aufschlägt und die Luft aus seinem Körper entweicht, dann sind die Mutationen über ihm. Peeta und ich klammern uns aneinander und warten auf die Kanone, warten darauf, dass der Wettkampf vorbei ist, dass wir frei sind. Aber es passiert nicht. Noch nicht. Denn dies ist der Höhepunkt der Hungerspiele und die Zuschauer erwarten eine Show.
    Ich sehe nicht hin, aber ich höre das Knurren, das Fauchen und das Schmerzgeheul von Mensch und Tier, als Cato es mit dem Rudel aufnimmt. Ich begreife nicht, wie er so lange überleben kann, bis mir der Panzer einfällt, der ihn vom Hals bis zu den Knöcheln schützt, und mir klar wird, dass es eine lange Nacht werden könnte. Cato muss ein Messer oder ein Schwert in seinen Kleidern versteckt haben, denn ab und zu dringt der Todesschrei einer Bestie oder das Geräusch von Metall auf Metall zu uns herauf, wenn die Klinge an das goldene Horn stößt. Der Kampf verlagert sich zur Rückseite des Füllhorns. Offenbar versucht Cato das einzige Manöver, das ihm das Leben retten kann: ans hintere Ende des Horns zu gelangen und zu uns heraufzuklettern. Aber schließlich wird er trotz seiner bemerkenswerten Kräfte und seiner Geschicklichkeit schlicht überwältigt.
    Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hat, vielleicht eine Stunde, als Cato zu Boden geht und wir hören, wie die Bestien ihn zurück nach vorn zum Füllhorn zerren.
Jetzt machen sie ihn fertig,
denke ich. Aber noch immer ist die Kanone nicht zu hören.
    Die Nacht bricht herein, die Hymne erklingt, aber kein Bild von Cato am Himmel, nur ein mattes Stöhnen, das durch das Metall unter uns dringt. Eiskalte Luft weht über die Ebene und erinnert mich daran, dass die Spiele nicht vorbei sind und vielleicht noch wer weiß wie lange weitergehen, und unser Sieg ist immer noch ungewiss.
    Ich wende mich Peeta zu und sehe, dass sein Bein noch genauso stark blutet wie vorher. Unsere Vorräte und unser Gepäck sind unten am See, wo wir sie bei unserer Flucht vor den Mutationen zurückgelassen haben. Ich habe keinen Verband, nichts, womit ich den Blutstrom aus seiner Wade stillen könnte. Obwohl ich im beißenden Wind bibbere, ziehe ich erst die Jacke und dann das Hemd aus und schlüpfe dann so rasch wie möglich wieder in die Jacke. Die kurze Zeit ohne Jacke genügt, um meine Zähne wie wild losklappern zu lassen.
    Peetas Gesicht wirkt im fahlen Mondlicht grau. Ich sage ihm, er soll sich hinlegen, und untersuche seine Wunde. Warmes, glitschiges Blut rinnt mir über die Finger. Ein Verband wird nicht genügen. Ich habe meiner Mutter ein paarmal dabei zugesehen, wie sie einen Druckverband angelegt hat, und versuche es nachzumachen. Von meinem Hemd schneide ich einen Ärmel ab, wickele ihn zweimal unterhalb des Knies um das Bein und verknote ihn. Weil ich keinen Stock habe, nehme ich den letzten verbliebenen Pfeil, stecke ihn in den Knoten und drehe ihn möglichst oft herum. Es ist riskant - Peeta könnte das Bein dabei verlieren -, aber wenn ich es dagegen abwäge, dass er vielleicht sein Leben verliert, hab ich da eine Wahl? Ich verbinde die Wunde mit dem Rest meines Hemds und lege mich neben ihn.
    »Schlaf nicht ein«, sage ich. Ich weiß nicht genau, ob das den Regeln der Heilkunst entspricht, aber ich befürchte, dass er nie mehr aufwachen würde, wenn er einnickt.
    »Ist dir kalt?«, fragt er. Er macht seine Jacke auf, ich schmiege mich an ihn, und er schließt die Jacke um uns beide. Es ist ein bisschen wärmer, unsere Körperwärme in einer doppelten Jackenschicht, aber die Nacht ist noch jung. Die Temperatur wird noch weiter fallen. Schon jetzt merke ich, wie das Füllhorn, das glühend heiß war, als ich hinaufgeklettert bin, langsam eiskalt wird.
    »Cato kann immer noch gewinnen«, flüstere ich Peeta zu.
    »Das glaubst du
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