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Tödliche SMS (German Edition)

Tödliche SMS (German Edition)

Titel: Tödliche SMS (German Edition)
Autoren: Beate Maxian
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den großen Platz gehechtet oder um eine der vielen Ecken geschossen kommen. Andrea freute sich sehr auf das Wiedersehen.
    Gerade als sie die Handynummer ihrer Freundin erneut wählen wollte, tippte ihr jemand auf die Schulter. Sie wirbelte herum. Aber vor ihr stand nicht, wie erhofft, Silke, sondern ein junger Kellner.
    „Entschuldigung“, begann er zaghaft in Hochdeutsch mit dem typischen Wiener Klangbild. „Sind Sie Andrea Reiter?“
    Andrea nickte.
    „Ich soll Sie hier abholen und zu Ihrem Tisch bringen.“
    Er wandte sich um und ging voran. Rein mechanisch folgte ihm Andrea.
    Sie war überrascht und ratlos zugleich. Was sollte das nun wieder?
    Silke war zwar für ihre Überraschungen bekannt, aber allmählich wurde es Andrea unheimlich. Sie verstand nicht, warum sich ihre beste Freundin versteckt hielt. Silke konnte sich doch ausrechnen, wie sie auf solche Spielchen reagieren würde. Unruhe und Kopfschmerzen, die unweigerlich als Migräne mit Übelkeit endeten.
    Das Schicksal hatte sie vor Jahren an Chris Ponger gebunden. Einunddreißig Jahre, dunkle Haare, braune Augen. Einfach gut aussehend und ihr Typ. Aber: unberechenbar und krankhaft eifersüchtig. Er und sie arbeiteten am gleichen Set. Er als Kameramann, sie als Fotografin. Sie hatten sich sofort ineinander verliebt, fortan fast jede Minute miteinander verbracht. Die Beziehung hatte zwei Jahre gehalten. Zu spät hatte sie bemerkt, dass er versuchte, sie in Wirklichkeit zu beherrschen. Es hatte mit harmlosen Fragen begonnen, mit winzigen Eifersüchteleien, die sie in ihrer Naivität noch als Kompliment empfunden hatte. Er liebte sie, jede Faser ihres Körpers. So sagte er jedenfalls. Aber er liebte sie nicht, er besaß sie, wie man eine teure Uhr oder ein schnelles Auto besaß. Man passte darauf auf und niemand durfte in die Nähe seines Eigentums kommen. Jeder ihrer Schritte wurde überwacht, jedes Setfoto, das sie schoss, kontrolliert. Über jede Minute, die sie zu spät zu einem Treffen kam, musste sie Rechenschaft ablegen. Abends, wenn sie in einem Lokal waren, durfte sie nur mit ausgewählten Freunden sprechen. Er trieb ein immer grausameres Spiel mit ihr. Treffen mit ihren Freundinnen waren nur noch heimlich möglich, Gespräche mit Fremden wurden unterbunden. Sogar die harmlose Frage nach der Uhrzeit auf der Straße wurde ihr als Betrug ausgelegt. Er bestimmte, welche Arbeit sie annehmen durfte und welche sie ablehnen musste. Egal, wie loyal sie sich ihm gegenüber verhielt, die Fesseln ihrer Verbindung wurden immer enger, drohten sie schließlich zu erwürgen.
    Wenige Tage nachdem sie sich von ihm getrennt hatte, hatte ihr Freund damit begonnen, ihr nachzustellen. Zuerst vorsichtig. Zufällige Begegnungen, ein kurzer Anruf, eine freundliche SMS. Sie reagierte nicht. Danach wurde er immer fordernder. Die zufälligen Begegnungen häuften sich. Er tauchte plötzlich vor ihrer Wohnungstür auf, rief sie spätnachts an, lauerte ihr auf offener Straße auf, drohte ihr.
    Hure und verlogenes Luder waren noch die harmlosesten Wörter, die er ihr an den Kopf schmiss. Sie hasste ihn. Es war wie Folter. Jedes Mal, wenn es klingelte, fürchtete sie seine Beschimpfungen, seine rohe Gewalt. Sie hoffte, dass es irgendwann aufhören würde. Er müde wurde sie zu verfolgen. Aber wenn sie ehrlich zu sich war, wusste sie, dass so etwas nicht einfach aufhörte. Unruhe, Schlafstörungen, Panikattacken und Angst vor Männern waren die Folgen.
    Dann lernte sie Silke kennen, zog bei ihr ein und vieles wurde leichter. Im Laufe der Zeit und mit Hilfe ihrer Freundin und einer Psychologin lernte sie ihre Angst zu überwinden. Und er hatte ein neues Opfer gefunden.
    Einatmen. Ausatmen.
    „Es geht mir gut.“
    Was zum Teufel war hier los?
    Das Lokal, in das sie der Kellner führte, war nur durch eine Glaswand vom Museumsplatz getrennt. Man konnte vom Platz aus gut in das Lokal sehen und umgekehrt. Der junge Kellner führte sie an einen Tisch, der sich unmittelbar hinter der Glasfront befand. Wollte sie jemand beobachten?
    Oder war es gar Silke, die hier ein Spiel auf ihre Kosten trieb? Aber warum? Ein älteres Ehepaar hob unmerklich die Augenbrauen, als es den Kellner mit Andrea im Schlepptau durch die Tür kommen sah und er sie an den schön dekorierten Tisch bugsierte, an dem womöglich die beiden selbst gerne gesessenwären. Im Hintergrund lief leise klassische Musik. Eine gekühlte Flasche Wein wartete bereits auf Andrea.
    Ein Chardonnay aus dem Piemont. In einer Vase
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