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Tödliche Recherche

Tödliche Recherche

Titel: Tödliche Recherche
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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berichten. Man spreche von einem fehlenden Betrag von zehntausend Mark, zitierte Krupp den „Genossen aus der Führungsriege“.
    Insgeheim freute sich Bahn über diesen Coup der Nachrichten, auch wenn dieser Artikel gewaltig am Selbstbewußtsein des Tageblatts kratzte. Schneller, besser, immer auf der Höhe, so wollte sich das Dürener Tageblatt verkaufen. Halt eindeutig die Nummer eins sein, obwohl doch die Dürener Zeitung sicherlich eher dem Anspruch gerecht wurde, das größte Blatt an der Rur zu sein. Und jetzt?
    „Warum haben wir das nicht?“, fragte Bahn, scheinbar mitfühlend, Taschen, der zornesrot hinter seinem Schreibtisch saß. Der Lokalchef hatte die DN wütend in die Ecke geworfen und das eigene Blatt zerknüllt in den Papierkorb gesteckt. Taschen nahm die exklusive Berichterstattung persönlich, für die Eminenz kam der Nachrichten-Artikel fast schon einer Majestätsbeleidigung nahe. Taschen hatte für sich stets in Anspruch genommen, die Koryphäe in der kommunalpolitischen Berichterstattung in Düren zu sein. Was er nicht schrieb, hatte auch nicht stattgefunden.
    So einfach war die Regel, an die sich auch die Politiker zu halten hatten. Und in der Regel hielten sie sich auch daran. „Warum haben wir das nicht?“, äffte Taschen seinen Redakteur wütend nach. „Du fragst so, wie Waldmann garantiert auch gleich fragen wird.“
    Er erhob sich und schrie: „Warum haben wir das nicht?“ Taschen funkelte Bahn an: „Ich kann dir sagen, warum wir das nicht haben. Du kümmerst dich mehr um alles Mögliche als um die Zeitung und belästigst mich mit angeblichen Gesprächen mit Schramm.“
    Taschen ließ seinen Frust an Bahn ab. „Du verbreitest hier ein miserables Klima, du machst die Redaktion kaputt.“ Taschen blickte aus dem Fenster. „Das werde ich auch Waldmann sagen. Und jetzt raus aus meinem Zimmer. Es ist zum Kotzen mit dir!“
    „Der ist kaputt, der Typ, absolut kaputt“, meinte Bahn zu Fräulein Dagmar, die Taschens Schreierei natürlich mitbekommen hatte und nun im Auftrag der Kollegen bei Bahn nachforschte.
    Die Reaktion auf den Nachrichten-Artikel ließ nicht lange auf sich warten.
    Die CDU sah bereits die Stadt Düren im finanziellen Chaos versinken. Wenn die Parteikasse der SPD schon nicht stimme, was solle dann erst mit dem Dürener Etat werden.
    Aber auch die SPD meldete sich. Walter rief an und kündigte einen Leserbrief an. Er wurde nur wenig später in die Redaktion gefaxt.
    In dem Beitrag gab der neue Bürgermeister unumwunden zu, daß ein Betrag von zehntausend Mark in den Kassenbüchern der Partei nicht verbucht sei. Das Versäumnis werde aber nachgeholt, versicherte er ausdrücklich. Während der turbulenten Wahlkampfwochen sei das Parteibüro in der Fritz-Erler-Straße wohl etwas ins Schlingern geraten und mit der Buchführung ins Hintertreffen. Bei der SPD sei alles in Ordnung. Von einem Skandal könne selbstverständlich keine Rede sein.
    Natürlich nicht, kommentierte Bahn zynisch. Alles total normal in Düren. Es lag doch auf der Hand, die zehntausend Mark waren an Taschen geflossen.
    Aber es gab niemanden, der außer ihm dieses Wissen jemals veröffentlichen würde. Denn für Bahn war es inzwischen klargeworden, daß er die Bestechung der SPD und die Bestechlichkeit von Taschen publik machen würde. Ich habe doch nichts mehr zu verlieren bei der Zeitung, meinte er in Hinblick auf seine zukünftige Tätigkeit als freier Journalist.
    Bahn rief Krupp in der Nachrichten-Redaktion an. „Wie sicher sind deine Informationen?“
    „Absolut wasserdicht“, behauptete der Kollege. Da könne Bahn Gift drauf nehmen. Die zehntausend Mark stimmten bis auf den letzten Pfennig. Das hätte er übrigens auch dem Kollegen Schmitz der Dürener Zeitung gesagt. „Der hat mich gerade vor wenigen Minuten angerufen.“
    „Ich weiß übrigens, wer dein Informant ist“, schoß Bahn überraschend los. „Es ist Kurreck. Stimmt’s?“
    Krupp blieb zu lange eine Antwort schuldig. Volltreffer, sagte sich Bahn. Kurreck hieß also der Nachrichten-Informant, schloß er aus dem zu langen Schweigen seines Gesprächspartners.
    Der Nachrichten-Mitarbeiter druckste herum, sprach vom Informantenschutz und Schweigepflicht. Doch Bahn hörte ihm überhaupt nicht mehr zu. Er suchte schon im Telefonbuch nach der Rufnummer von Kurreck.
    Kurreck wollte zunächst nicht mit Bahn sprechen. Ob es zutreffe, daß Walter und Taschen seit der Kommunalwahl die besten Freunde seien, wollte er weder bestätigen noch
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