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Tödliche Recherche

Tödliche Recherche

Titel: Tödliche Recherche
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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beobachtete. Aber eigentlich war er doch wie immer gewesen, dachte sich Bahn, und auch tolpatschig wie immer, denn einmal war ihm der Fotoapparat heruntergefallen.
    Das passierte Schramm regelmäßig, darüber konnte die Redaktion nur noch lachen.
    Nach seinem Mißgeschick hatte sich Schramm kurz entschlossen verabschiedet und war gegangen, während Bahn sich ebenso wie Taschen und viele der anderen, aber doch nicht alle Journalisten aus der Dürener Szene von den Wahlsiegern aushalten ließ. Was war denn schon dabei? Man mußte nur zwischen Dienst und Freizeit trennen können. Niemand fand es in den Journalistenkreisen verwerflich, wenn nach der Arbeit das Vergnügen kam, selbst wenn es mit den Politikern war, mit denen man bei der Alltagsarbeit im Dauerclinch lag. Schnaps ist eben Schnaps…
    Bahn beendete das Gespräch mit Thea mit dem Versprechen, er werde sich wieder bei ihr melden. Außerdem: Wenn sie einmal Hilfe brauche, könne sie ihn jederzeit anrufen.
    Er schritt zu Schramms Redaktionsschreibtisch, der in einer dunklen Ecke ihres gemeinsamen Arbeitszimmers stand. Dort herrschte immer noch das von Schramm positiv umschriebene geordnete Chaos. Bahn schaltete zunächst den Computer an, konnte aber in den Programmen und Dateien nichts finden. Schramm hatte das Gerät, im Gegensatz zu ihm, immer nur als Schreibhilfe genutzt. Bahn hingegen hatte auf seinem Gerät alle möglichen Hilfen und Spiele installiert.
    Er blickte über die Blöcke und Notizzettel, die Schramm auf seinem Schreibtisch verstreut hatte. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen waren alles Anmerkungen aus den vergangenen Wochen zu Artikeln, die längst in der Zeitung erschienen waren. Da war nichts von Bedeutung dabei, erkannte Bahn nach einem flüchtigen Blättern.
    Er schob die Papiere zur Seite und betrachtete die Schreibunterlagen, einen großformatigen Papierkalender, den das Kölner Braunkohle-Unternehmen Rheinbraun alljährlich allen Redaktionsmitgliedern zukommen ließ. Auch darauf fanden sich viele gekritzelte Notizen. Ein schwarz umrandeter Satz fiel Bahn auf. Ein Zitat hatte Schramm mit dem Filzschreiber umkreist.
    „Ich danke dem Tageblatt, ohne das der Erfolg nicht möglich gewesen wäre“, hatte Schramm notiert. Vermutlich handelte es sich bei dem Zitat um eine Aussage in Zusammenhang mit einer Spendenaktion zugunsten eines an Leukämie erkrankten Jungen, dachte sich Bahn. Schramm hatte diese Aktion mit großem persönlichen Einsatz für das DTB im letzten Monat redaktionell betreut.
    Es war typisch für Schramms Bescheidenheit gewesen, solches Lob für sich so zu notieren, aber nicht groß hinauszuposaunen.
    Bahn nahm die Schreibunterlage an sich und verstaute sie in seinem Schreibtisch. Er hatte einen weitaus größeren Verbrauch als der tote Kollege, da kam sie ihm durchaus gelegen. Konrads Erbschaft, dachte er bitter.
    Ohne sich bei Fräulein Dagmar abzumelden, verließ Bahn die Redaktion. Beim Stollenwerk, der traditionsreichen Gaststätte an der Oberstraße gegenüber der Annakirche, ließ er sich das preiswerte Mittagsgericht servieren. Es wollte ihm aber nicht schmecken. Auch das Kölsch ließ er angetrunken stehen.
    Bahn fühlte sich mies und unruhig. Ziellos schlenderte er durch die Fußgängerzone. In einem CD-Shop gegenüber dem Rathaus kaufte er sich eine CD, deren Titel er aber schon wieder vergessen hatte, als er gegen fünfzehn Uhr in die Redaktion zurückkehrte.
    Dort erwartete ihn im Flur schon ein erregter Taschen: „Du hast Strafanzeige erstattet wegen Schramm? Kannst du mir er klären, was das soll?“, fauchte der Lokalchef. „Da ist doch was faul“, entgegnete Bahn gereizt. „Ich spüre das genau.“
    Aber er erntete nur Hohn von Taschen: „Du und deine journalistische Spürnase. Kümmere dich lieber darum, daß du endlich mal vernünftige Artikel zusammenkriegst.“ Und er kam wieder auf die überflüssige Strafanzeige zu sprechen.
    „Das meint Küpper übrigens auch. Er hat eben hier angerufen und wollte mit dir sprechen“, klärte Taschen den Kollegen verärgert auf. „Ich habe das Gefühl, du willst mit aller Gewalt etwas konstruieren. Der Kommissar jedenfalls sieht das genauso. Er wollte von mir wissen, was wir am Montag in der Redaktion alles gemacht haben. Das geht den aber überhaupt nichts an.“
    Taschen schaute Schramm streng an. „Ich will Ruhe haben in meiner Redaktion. Hier hat keiner reinzuschnüffeln. Du hast Blödsinn gemacht.“
    Taschen drehte sich ab. „Du sollst übrigens
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