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Tödliche Märchen

Tödliche Märchen

Titel: Tödliche Märchen
Autoren: Jason Dark
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nicht…«
    Die Alte lachte kichernd wie eine Hexe. »Ich weiß, daß du nicht Dornröschen bist. Bei dir ist es anders. Du wirst mehr als einen Tropfen Blut opfern müssen. Viel mehr. Es muß in das Erdreich dringen und den Toten erreichen. Nur dann wirst du in der Lage sein, mit deinem Vater sprechen zu können. Und du wirst alles tun, was er von dir verlangt, mein Kleiner. Man muß den Toten gehorchen, hast du verstanden? Man muß ihnen stets zu Diensten sein.«
    Jason Finley nickte, obwohl er nichts, aber auch gar nichts begriff. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt, den Kopf zurückgelegt und spürte im Nacken die Kante des Grabsteins. Was er hier erlebte, kam ihm wie ein Alptraum vor. Er war einfach furchtbar. Das Grauen schlich wie auf Samtpfoten herbei und hatte ihn überschwemmt.
    »Blut!« flüsterte die Märchentante wieder, »Blut.« Danach hörte der Junge ein schnackendes und schleifendes Geräusch. Er schaute nach vorn und sah die Waffe in der rechten Hand dieser unheimlichen Gestalt. Die Klinge eines Stiletts war aus dem Griff gefahren und deutete mit der Spitze auf Jason.
    Abermals drangen die Worte dumpf aus dem offenstehenden Maul des Schädels. »Damit werde ich dir mein Zeichen in die Haut schnitzen!« versprach Grandma Gardener. »Und ich werde zuschauen, wie das Blut auf den Boden tropft und im Erdreich versickert. Dein Vater wartet darauf, mein Kleiner. Er will dein Blut.«
    Sie kam näher.
    Und Jason suchte nach einem Fluchtweg. Vielleicht hätte er längst weglaufen können, aber da war erstens die Angst, die ihn regelrecht festnagelte, und zum zweiten rahmte eine dichte, sperrige Hecke das Grab von drei Seiten ein, auch an der Rückseite.
    Die Hecke zu durchdringen, hätte zuviel Zeit gekostet. Also war er geblieben.
    Grandma Gardener hob ihren rechten Arm an. Woher der Lichtreflex kam, wußte der Junge nicht zu sagen. Jedenfalls traf er die Klinge und ließ sie für einen kurzen Augenblick aufblitzen.
    Ein Todeszeichen?
    Jason suchte nach einem Ausweg. Vielleicht hätte er zuvor die Frau einfach umrennen sollen, das war jetzt zu spät, denn nun hielt sie das Messer fest.
    Und kam noch näher…
    Sie bewegte sich schleichend. Dabei trotz ihres Alters geschmeidig, als hätte ihr irgend jemand eine Kraft gegeben.
    Da versuchte es Jason.
    Die Verzweiflung ließ ihn so handeln. Er warf sich nach links, wo auch die Hecke wuchs. Sie besaß einen sehr breiten Rand, auf dem er sogar liegen oder sich hinüberwälzen konnte.
    Der Junge fiel darauf. Er war günstig gesprungen und hätte sich an der anderen Seite nur noch herunterkugeln müssen. Aber die Zweige waren wie Klauen. Sie stachen in seinen Leib und krallten sich unter dem Bauch an ihm fest.
    Und auch auf dem Rücken.
    Nur waren das keine Zweige, sondern Finger. Grandma Gardener hatte zugegriffen. Sie wühlte ihre freie Hand in den Stoff des Anoraks und hätte das Messer schon einsetzen können, aber sie hatte etwas anderes vor. Sie zog den Jungen zurück, der sich noch an den Zweigen der Hecke festklammerte, aber gegen die Kraft der Frau nicht ankam. Auch sein Gesicht schabte über die Zweige. Haut riß auf, er spürte die Schmerzen, befand sich für einen Moment in der Luft und landete mit einem dumpfen Schlag bäuchlings auf der feuchten Graberde, wo er sich aber sofort herumdrehte.
    Er schaute gegen die Frau mit dem Skelettschädel!
    Breitbeinig stand sie da. Der alte Mantel wirkte dabei wie ein Zelt. Den Oberkörper hielt sie nach unten gebeugt, das Messer näherte sich gefährlich dem Jungen, der in seiner Angst beide Arme ausstreckte und plötzlich das ratschende Geräusch hörte, als die Klinge den Ärmel durchtrennte. »Der Anfang!« sagte sie hohl. »Das war der Anfang.«
    »Nein, nicht weiter!« Plötzlich hatte Jason seine Stimme wiedergefunden. Er wollte auch schreien, als er sah, wie die schmale Klinge auf ihn gerichtet wurde.
    Aber Grandma Gardener stieß nicht zu.
    Etwas hatte sie irritiert.
    Auch Jason vernahm jetzt die Stimme einer Frau. Und er glaubte auch, daß sie seinen Namen rief, war sich aber nicht sicher, weil die Angst ihm die Konzentration geraubt hatte.
    Er sah, wie sich die Frau drehte und ihm den Rücken zuwandte. Einen Moment später rannte sie weg.
    Die Dunkelheit hatte sie schnell verschluckt, so daß Jason sich vorkam, als hätte er etwas Schlimmes geträumt. Etwas wischte heran. Er sah den hellen Schein über den Weg geistern, hörte Stimmen und Schritte. Dann stand jemand plötzlich vor ihm, leuchtete
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