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Tödliche Märchen

Tödliche Märchen

Titel: Tödliche Märchen
Autoren: Jason Dark
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müssen wir beide immer zusammenhalten. Versprichst du mir das?«
    »Ja, Mum.«
    Ruth Finley spürte, daß ihr Sohn müde wurde. Schon seine letzte Antwort hatte so geklungen, als würde er bald einschlafen. Sie aber konnte nicht schlafen.
    Immer wieder dachte sie über das nach, was Jason erlebt hatte. Und sie suchte auch nach einem Ausweg aus dieser Misere. Die Kassette mußte wichtig sein, die würde sie sich auch ansehen. Jedoch nicht allein. Ihr war eingefallen, daß es ja beim Yard, der auch sie bezahlte, eine Abteilung gab, die sich um übersinnliche Fälle kümmerte. Dort arbeitete ein Mann namens John Sinclair, den man auch den Geisterjäger nannte. Bei ihm würde sie sicherlich ein offenes Ohr für ihre Probleme finden…
    ***
    Jason Finley war rasch eingeschlafen und hineingefallen in die Dunkelheit der Traumwelt, aus deren Tiefen jedoch etwas hervorstieg, das ihn regelrecht erschütterte.
    Es war der alte Friedhof.
    Er tauchte immer wieder vor seinem geistigen Auge auf, und er erlebte den Horror mehrmals hintereinander. Und zwar so stark, daß er plötzlich die Augen aufschlug.
    Im ersten Augenblick wußte er nicht, wo er sich befand. Er hatte das Gefühl, in einer Kiste zu liegen, in der die Atemluft immer schlechter wurde.
    Richtig wach war er noch nicht.
    Rechts neben sich vernahm er die ruhig klingenden Atemgeräusche, und ihm fiel ein, daß er ja im Bett seines verstorbenen Vaters lag. Und neben ihm schlief seine Mutter.
    Das beruhigte ihn einigermaßen. Er sah die Umrisse des Schlafzimmerfensters und wußte, daß er sich nicht mehr auf dem schrecklichen Friedhof befand. Er war zu Hause, niemand konnte ihm etwas, auch nicht die schreckliche Frau, deren Stimme er nie mehr vergessen würde. Sie hatte sich in seinem Hirn festgesetzt, war regelrecht eingestanzt worden, und er glaubte, sie noch immer zu hören.
    »Mein Kleiner, das war erst der Anfang. Du kannst mir nicht entkommen. Du nicht und auch die anderen nicht. Ihr steht unter meinem Bann. Ich beherrsche das Jenseits, ich kann mit den Toten spielen, glaub mir das, mein Junge. Wir werden noch viel Spaß miteinander bekommen, das verspreche ich dir.«
    Jason schrak zusammen. War das Erinnerung? Nein, das hatte sie auf dem Friedhof nicht gesagt. Diese Sätze waren neu. Er hatte sie erst gerade vernommen.
    Jason setzte sich auf.
    Er spürte im Kopf das dumpfe Gefühl. Es war wie eine Wand aus Watte, und er verzog das Gesicht, wischte über die Stirn, bekam aber den dumpfen Druck nicht weg.
    Wieder fiel sein Blick auf das Fenster.
    Schwach nahm er die Umrisse des Rechtecks wahr. Und noch etwas anderes.
    Genau in dessen Mitte schimmerten die Umrisse eines grünleuchtenden Totenschädels.
    Grandma Gardener war gekommen!
    Und Jason schrie auf. Dieser Schrei alarmierte seine Mutter, die aus ihrem tiefen Schlaf gerissen wurde, sich automatisch herumdrehte, das Licht auf dem Nachttisch einschaltete und ihren Sohn aufrecht im Bett sitzen sah, wobei er auf das Fenster starrte und noch immer schrie.
    »Kind, mein Gott, was hast du?« Sie schüttelte ihren Sohn durch, der sich nach rechts drehte und in die Arme der Mutter fiel, wo er anfing zu weinen.
    Ruth ließ ihn weinen. Erst als er sich ein wenig beruhigt hatte, stellte sie ihre Fragen. »Was ist denn passiert, mein Junge?«
    »Sie… sie war hier.«
    »Wer?«
    »Grandma Gardener.«
    Ruth lachte auf. »Das ist doch Unsinn, Junge. Nein, du hast dich getäuscht. Sie kann gar nicht hier gewesen sein. Wir haben sie doch vertrieben.«
    Jason löste sich von seiner Mutter und deutete zum Fenster. »Da, genau da habe ich sie gesehen. Nur ihr häßliches Gesicht, diesen… diesen Totenschädel.«
    Ruth Finley stand auf und ging zum Fenster, verfolgt von den ängstlichen Blicken ihres Sohnes. »Paß aber auf, Mum, sie hat da gelauert und mich angegrinst.«
    »Ja, ja«, sagte Ruth, umfaßte den Griff und öffnete das Fenster. Sie riß den Flügel auf, und die kalte Nachtluft wehte in den Raum. Die Vorhänge bewegten sich träge.
    Ruth lehnte sich nach draußen.
    Leer und feucht war die Straße. Irgendwo klappte eine Haustür zu, dann erschien die Gestalt eines Mannes, der quer über die Fahrbahn lief. Er hatte sich eine Aktentasche unter den Arm geklemmt. Ruth kannte den Mann. Es war ein Nachbar, der zur Frühschicht ging. Von einem grünen Totenschädel sah sie nichts. Als sie zurücktrat, hob sie die Schulter, bevor sie das Fenster schloß. »Es tut mir leid, mein Junge, aber ich habe keinen Totenschädel gesehen.
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