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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier
Autoren: Sue Grafton
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ausweiten. Es könnte auch sein, dass er woanders erschossen wurde und man dann das Auto weggefahren hat.«
    »Das wäre ganz schön heikel, was? Mit ihm hinterm Steuer?«
    »Das hat Jonah auch keine Ruhe gelassen. Sie kennen ihn ja. Er ist wegen der Decke ins Nachdenken gekommen, die Purcell über sich liegen hatte. Mohair, blassgrün. Er hat Crystal gefragt, und sie hat gesagt, es sei ein Geschenk von ihr gewesen. Vor einem Jahr hat sie ihm ein Notfallset für Pannen zusammengestellt, falls er jemals unterwegs liegen bliebe: ein paar Snacks, eine Taschenlampe, Mineralwasser und einen Verbandskasten. Das Ganze bewahrte er im Kofferraum seines Wagens auf. Die Decke gehörte dazu. Jonah glaubt, der Mörder hätte sie vielleicht über den Toten gebreitet und sich dann auf dessen Schoß gesetzt, um ihn dorthin zu fahren, wo wir den Wagen schließlich gefunden haben. Die Decke diente in diesem Fall dazu, den Täter vor Blutflecken auf den Kleidern zu schützen.«
    »Tja, das ist aber ganz schön kaltblütig. Würde das Mohair denn keine Fasern auf der Hose des Mörders hinterlassen?«
    »Sicher. Und auch Blutspuren, aber es war ja mehr als genug Zeit, um die Beweismittel verschwinden zu lassen.«
    Ich schnappte mir einen Pommes, tunkte ihn in Ketchup und legte ihn wieder hin. »Ich habe gestern Abend mit Crystal gesprochen. Sie hat seinen Pass in einem Mantel gefunden, den er auf ihrer letzten Auslandsreise anhatte. Was ist eigentlich mit Paulie? Was hat man über sie herausgefunden?«
    »Jonah hat mich gebeten, der Sache nachzugehen, nachdem Sie mit ihm gesprochen haben. Das erste Mal ist sie mit dreizehn festgenommen worden. Die Großmutter dachte, jemand hätte ihr Auto gestohlen, und hat die Polizei angerufen. Es stellte sich heraus, dass Paulie es genommen hatte. Sie wurde außerdem einmal wegen Herumtreiberei und einmal wegen groben Unfugs festgenommen. Sie ist ein Mädchen mit zu viel Freizeit und zu wenig Aufsicht.«
    »Sie und Leila garantieren für Ärger.«
    »Momentan ermitteln wir noch. Wir haben jemanden in Leilas Schule geschickt, um herauszufinden, ob die Tage, an denen sie nicht im Internat war, den Tagen entsprechen, an denen Geld von diesem Bankautomaten abgehoben wurde. Wenn die Schülerinnen das Wochenende irgendwo anders verbringen wollen als zu Hause, brauchen sie eine Erlaubnis von einem Elternteil oder Vormund und außerdem die Zustimmung der Person, die sie besuchen wollen. Es sieht jetzt schon so aus, als hätte Leila es geschafft, alle Seiten gegeneinander auszuspielen. Gar nicht so leicht. Die Internatsleitung kennt zwar sämtliche Tricks, aber sie ist schlau. Wir haben uns per richterlicher Anordnung die Bankauszüge und die Unterlagen besorgt, die Purcell in seinem Postfach hatte. Der Staatsanwalt und ein Bewährungshelfer sprechen jetzt gerade mit dem Richter. Wir hoffen, die Sache heute Nachmittag abschließen zu können.«
    »Da ist noch etwas anderes. Neulich bin ich in dem Haus in Horton Ravine gewesen. Leila hatte das Internat ohne Erlaubnis verlassen. Crystal hat einen Wutanfall bekommen und mir gestattet, Leilas Zimmer zu durchsuchen. Sie hat eine verschlossene Metallkassette unter der Matratze versteckt. Vermutlich ist Marihuana drin, aber es könnte auch das fehlende Geld sein. Womöglich hat sie vor, mit Paulie durchzubrennen. Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Sie die beiden im Auge behalten würden.«
    »Das können wir machen«, sagte er.

    Um Viertel nach eins kam ich ins Büro zurück. Der Regen wurde wieder heftiger, und ich hatte ihn gründlich satt. Eine seltsame Depression hatte sich im Zuge der Schießerei über mich gesenkt, begleitet von dem damit einhergehenden Adrenalinstoß. Der anschließende Absturz war durch mein Gespräch mit Odessa noch beschleunigt worden. Ich beneidete sie um die Jagd — Jo-nah Robb, Odessa und Jim Paglia. Purcell war ermordet worden, und selbst wenn sie der Antwort auf die Frage, wer ihn umgebracht hatte, vielleicht noch nicht näher gekommen waren, so steckten sie doch mitten in der Arbeit.
    Ich setzte mich an den Schreibtisch und starrte die Blätter meines falschen Ficus an. Über die halbe Breite des Zimmers hinweg wirkte der darauf liegende Staub wie eine dünne Schicht Körperpuder. Eines Tages würde ich das gute Stück aber wirklich abwischen müssen. Ich drehte mich auf meinem Stuhl hin und her und nahm einen Bleistift in die Hand. Dann zeichnete ich ein Kästchen auf meine Schreibtischunterlage.
    Den Rest des Nachmittags
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