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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier
Autoren: Sue Grafton
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Glazer. Bei beiden war es die zweite Ehe. Sie war damals siebenundfünfzig und er zweiundsechzig. Es dauerte nicht lange, bis ich herausfand, dass Maureen Joel Glazers Stiefmutter war. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass Maureens Name sowohl bei Endeavor als auch bei Silver Age in der Geschäftsleitung wiederzufinden wäre. Die einzige offene Frage war nun noch, wem Genesis gehörte, die Betreibergesellschaft von Pacific Meadows. Ich fand die Firma unter den Anträgen auf Führung eines fiktiven Firmennamens. Als Besitzerin der Genesis Financial Management Services war Dana Jaffe eingetragen. Die Postadresse war in Santa Maria. Als Privatadresse hatte sie das Haus in Perdido angegeben, wo sie in der Zeit gewohnt hatte, als ich nach Wendell Jaffe suchte. Wahrscheinlich hatte Joel Glazer sie dazu überredet, den Antrag vor ihrer Heirat einzureichen. Dessen Bedeutung mag sie verstanden haben oder auch nicht. Oberflächlich betrachtet, schien Genesis separat und ohne Verbindung zu Pacific Meadows zu agieren. In Wirklichkeit stand Glazer hinter beiden Unternehmen, was ihn in die ideale Lage versetzte, die Einkünfte aus sämtlichen gefälschten Erstattungsanträgen einstreichen zu können. Ich war froh, dass ich nicht dabei sein würde, wenn Dana erfuhr, dass sie bereits zum zweiten Mal einen Betrüger geheiratet hatte. Sie war stocksauer gewesen, als ich mitgeholfen hatte, ihren Sohn hinter Gitter zu bringen. Wie würde sie erst reagieren, wenn sie auf ihr Leben in Horton Ravine verzichten müsste?
    Ich verließ das Gerichtsgebäude und blinzelte angesichts des diesigen Lichts, als käme ich aus einem dunklen Kino. Ich sah auf die Uhr. Es war fast Mittag, und ich war neugierig darauf, wie sich die polizeilichen Ermittlungen entwickelten. Ich zog die zwei Stunden Arbeit ab, die Fiona genehmigt hatte, ging zur Bank und hob die restlichen 975 Dollar ab, die ich ihr schuldete. Ich überquerte die Anaconda und ging die Floresta entlang zu dem Durchgang, wo der Arcade-Sandwich-Imbiss lag. Das Selbstbedienungsfenster war geöffnet, aber sie schienen fast keine Kundschaft zu haben. Die Picknicktische und — bänke waren viel zu nass, um benutzt zu werden. Als ich an dem Fenster vorüberging, sah ich Odessa drinnen mutterseelenallein an einem der kleinen Marmortischchen sitzen. Abgesehen von ihm war das Lokal leer, obwohl das schmuddelige Café auf der anderen Straßenseite vor Menschen überquoll. Ich winkte, ging hinein und setzte mich auf den Drahtgitterstuhl ihm gegenüber.
    »Wie geht’s?«, fragte er.
    »Ich hab schon Schlimmeres mitgemacht. Ich dachte, Sie würden sich heute nur etwas holen und an Ihrem Schreibtisch essen.«
    »Zu deprimierend. Ich brauche Licht. Leuchtstoffröhren treiben mich noch in den Selbstmord.« Er kämpfte sich auch heute durch einen papierverpackten Hamburger, der umgeben von Pommes auf einem roten Plastiktablett lag.
    »Wenigstens essen Sie gut.«
    Odessa lächelte. Die feuchte Luft hatte seinen ohnehin schon widerspenstigen dunklen Haaren zu einem gekräuselten Heiligenschein verholfen. Jede Frau stünde an seiner Stelle am Rande der Verzweiflung und hätte bereits unzählige Haarsprays, Gels, Schaumfestiger und Anti-Kräusel-Produkte ausprobiert. Paglia hatte die Lösung gefunden: Er hatte sich den Schädel kahl rasiert. Odessa wies auf die Pommes und erwartete allen Ernstes, dass ich mir einen nahm.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich habe gerade in öffentlichen Unterlagen herumgeschnüffelt. Anscheinend haben Dr. Purcells Arbeitgeber Medicare systematisch beschwindelt und versucht, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben.«
    »Sie meinen Glazer?«
    »Und Harvey Broadus. Purcell war ihnen auf die Schliche gekommen und hatte einen Termin mit dem FBI vereinbart. Wer weiß, wie weit die beiden zu gehen bereit waren, um ihn am Auspacken zu hindern. Was sagt denn der Leichenbeschauer?«
    »Er hat Schmauchspuren an seiner rechten Schläfe gefunden. Viele Anhaltspunkte hatte er ja nicht, aber er meint, es sieht eher nach einem Einschuss mit nahem Kontakt aus als nach einer richtigen Kontaktwunde. Das heißt, die Pistole wurde ihm aus nächster Nähe an den Kopf gehalten, aber nicht direkt auf die Haut aufgesetzt. Purcell hätte es auch selbst getan haben können, wenn sein Abzugsarm zwanzig Zentimeter länger wäre. Sie sind noch einmal hinausgefahren, um die Gegend um den Stausee abzusuchen, aber bis jetzt haben sie die Kugel nicht gefunden. Ich glaube, sie werden die Suche noch
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