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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier
Autoren: Sue Grafton
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Ihnen bis morgen einen Vertrag zur Unterschrift zu.« Natürlich hätte ich auch gleich einen mitbringen können, aber ich war mir nicht sicher gewesen, ob wir zu einer Einigung kommen würden.
    Sie blinzelte und machte auf begriffsstutzig. »Tut mir Leid. Ich hatte mir nichts so Förmliches vorgestellt. Ist das in Ihrem Gewerbe so üblich?«
    »Ja, allerdings.« Mir fiel auf, dass sie es nicht »Beruf« nannte, was vermuten ließ, dass sie mich mit Ladenhilfen, Schnellkochen und Laufburschen in einen Topf warf.
    »Was, wenn Sie ihn nicht finden?«
    »Das ist ja genau der Punkt. Wenn ich nichts finde, kommen Sie vielleicht zu dem Schluss, dass ich den Stundenlohn nicht wert war. Wenn ich den Fall annehme, bleibe ich am Ball. Ich verfolge die Spuren bis zum bitteren Ende.«
    »Das will ich hoffen«, sagte sie. Sie überlegte kurz und ging dann zu einer Kommode mit Ebenholz-Intarsien hinüber. Sie nahm ihr Scheckheft heraus, kehrte zu ihrem Sessel zurück und setzte sich. »Und den Scheck soll ich ausstellen auf...?«
    »Millhone Investigations.«
    Ich sah zu, wie sie hastig einen Scheck ausfüllte und ihn herausriss, wobei sie ihre Gereiztheit kaum verbarg, als sie ihn mir reichte. Mir fiel auf, dass wir Bankgenossen waren und unser Konto bei derselben Filiale der Santa Teresa City Bank hatten. »Jetzt sind Sie verstimmt«, sagte ich.
    »Ich gehe nach Vertrauen. Sie offenbar nicht.«
    »Ich hab’s auf die harte Tour gelernt. Es ist nichts Persönliches.«
    »Aha.«
    Ich hielt ihr den Scheck hin. »Ich kann ihn auch gleich zurückgeben, wenn Ihnen das lieber ist.«
    »Finden Sie Dow. Und ich erwarte einen lückenlosen Bericht, sobald ich wieder zurück bin.«

2

    Bevor ich Fionas Haus verließ, gab sie mir Melanies Privatadresse in San Francisco sowie deren private und geschäftliche Telefonnummer. Allerdings konnte ich mir keinen Grund denken, weshalb ich Fiona dort oben anrufen sollte. Außerdem nannte sie mir Crystals Adresse und Telefonnummer in Horton Ravine. Detective Odessa, den Fiona beiläufig erwähnt hatte, hatte ich zwar nie kennen gelernt, aber ein Gespräch mit ihm stand ganz oben auf meiner Liste. Auf der Rückfahrt in die Stadt merkte ich, wie mein Magen vor Beklommenheit zu grollen begann. Ich versuchte meine Bedenken zu ergründen, indem ich sie nacheinander durchging, allerdings nicht unbedingt in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.

    1. Ich mochte Fiona weder besonders, noch traute ich ihr. Sie war zu den Cops nicht ganz aufrichtig gewesen, und ich glaubte auch nicht, dass sie es mir gegenüber war. Unter diesen Umständen hätte ich es vermutlich ablehnen sollen, den Auftrag anzunehmen. Schon jetzt bereute ich, dass ich so überstürzt eingewilligt hatte.
    2. Ich war mir nicht sicher, ob ich in diesem Fall Ergebnisse erzielen könnte. Zu Beginn von Ermittlungen bin ich häufig unsicher, vor allem bei derartigen Fällen. Neun Wochen waren vergangen, seit man Dr. Purcell zuletzt gesehen hatte. Egal, welche Umstände zum Verschwinden eines Menschen geführt haben mögen, das Verstreichen längerer Zeitspannen wirkt sich selten günstig aus. Zeugen schmücken ihre Aussagen aus. Sie erfinden Dinge. Die Erinnerung wird nebulös. Im Zuge der Wiederholung verblasst die Wahrheit mehr und mehr, und Einzelheiten verändern sich, um den verschiedensten persönlichen Interpretationen zu genügen. Die Leute wollen hilfreich sein, was bedeutet, dass sie im Lauf der Zeit ihre Geschichten verbrämen und Ereignisse ihren eigenen Vorlieben entsprechend einfärben. Wenn man so spät in einen Fall einsteigt, ist es nahezu ausgeschlossen, dass man noch eine entscheidende Entdeckung macht. Fiona hatte natürlich damit Recht, dass ein neuer Gesichtspunkt manchmal die Richtung von Ermittlungen völlig verändern kann. Trotzdem sagte mir meine Intuition, dass jeder Durchbruch in diesem Fall die Folge eines glücklichen Zufalls wäre, was nichts anderes hieß als reiner Dusel.
    3. Das blöde Getue um den Vorschuss passte mir nicht.

    Ich hielt an einem McDonald’s und kaufte mir Kaffee und zwei Egg McMuffins. Ich brauchte den Trost von Junk Food ebenso wie die Nährstoffe, wenn man sie denn so nennen will. Ich aß beim Fahren und mampfte dermaßen gierig, dass ich mir in den Zeigefinger biss.
    Vielleicht ist dies der geeignete Moment, um mich vorzustellen. Mein Name ist Kinsey Millhone. Ich bin amtlich zugelassene Privatdetektivin in Santa Teresa, Kalifornien, einem hundertfünfzig Kilometer nördlich von Los Angeles
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