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Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
Autoren: Jessica Spotswood
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drei.«
    Was die Bruderschaft tut, ist abscheulich und falsch; ich hätte kein großes Problem damit, Gedankenmagie bei ihnen anzuwenden. Aber Alice’ Selbstvertrauen ist größer als meines. Ich habe noch nie bei mehr als einer Person auf einmal Gedankenmagie praktiziert, und bei einem Kind schon gar nicht. Was ist, wenn es nicht klappt oder irgendetwas schiefgeht und wir Henry dauerhaften Schaden zufügen?
    Ich reiße meine Hand los. »Nein. Es ist zu gefährlich.«
    Der Moment ist vorbei. Helmsley bindet Lavinia bereits mit grobem Seil die Hände zusammen.
    »Unsere Arbeit ist nie getan, Schwestern. Es tut mir leid, dass Sie dieser Szene beiwohnen mussten«, bemerkt O’Shea, doch es ist offensichtlich, dass er sich über sein Publikum gefreut hat. Er zeigt auf das frische Brot und das Gemüse auf dem Küchentisch. »Sie sollten das vielleicht einer anderen bedürftigen Familie bringen. Es muss ja nicht vergeudet werden.«
    »Ja, Sir.« Alice hebt ihren Korb vom Boden auf und beginnt, das Essen wieder einzusammeln.
    Mei macht einen Schritt auf O’Shea zu. »Sir? Was ist mit den Kindern?«
    O’Shea zuckt mit den Schultern. Seine Gleichgültigkeit lässt mich innerlich zusammenzucken. »Wir werden sie ins Waisenhaus bringen, wenn es niemanden gibt, der sich um sie kümmert.«
    »Es gibt eine Nachbarin«, werfe ich ein. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.
    Ich hoffe nur, dass die Nachbarin die Kinder nimmt. Zwei hungrige Mäuler mehr sind eine ziemliche Belastung. Falls Lavinia zu harter Arbeit auf dem Gefängnisschiff verurteilt wird, könnte sie in ein paar Jahren wieder zurück sein – vorausgesetzt, sie überlebt die Knochenarbeit und die dort grassierenden Krankheiten. Sollte sie jedoch nach Harwood in die Irrenanstalt gebracht werden, bedeutet das lebenslänglich. Dann wird sie ihre Kinder nie wiedersehen.
    »Mrs Papadopoulos, zwei Türen weiter«, sagt Lavinia schnell. »Henry, Schwester Catherine bringt dich zu ihr. Mach dir keine Sorgen, ich bin bald wieder da.« Sie streicht Henry, so gut es mit ihren gefesselten Händen geht, über das weiche braune Haar und lächelt ihn an, aber ihre Stimme verrät sie. »Ich liebe dich.«
    »Schluss mit der Verzögerungstaktik.« Helmsley reißt Lavinia von ihrem Sohn fort und stößt sie zur Tür hinaus. Als ich höre, wie sie die Treppe hinunterstolpert, halte ich die Luft an. Hätte ich es verhindern können? Oder bin ich inzwischen schon genauso grausam und gemein wie die Brüder?
    »Komm her, Henry.« Mei streckt die Hände nach ihm aus, aber er schießt an ihr vorbei.
    »Mama! Komm zurück!« Wie ein kleines, schluchzendes Katzenjunges läuft er aus der Tür. Mei flitzt hinterher, und ich folge ihnen die steile Treppe hinunter, wobei ich meine Absatzschuhe verfluche.
    Draußen angekommen, rennt Henry zu seiner Mutter und vergräbt das Gesicht in ihren Röcken. Inzwischen hat sich eine Gruppe Schaulustiger versammelt: Es sind die spanischen und chinesischen Jungen, die vorhin noch auf dem leeren Grundstück gegenüber mit Besenstielen Schlagball gespielt haben. In den Fenstern über uns bewegen sich die Vorhänge. Wer von diesen neugierigen Nachbarn hat Lavinia wohl verpfiffen?
    »Ich will zu meiner Mama!«, weint Henry.
    »Sehen Sie denn nicht, wie verängstigt er ist? Erlauben Sie mir doch wenigstens, mich richtig von ihm zu verabschieden«, fleht Lavinia, während sie vergeblich versucht, Henry mit ihren gefesselten Händen zu trösten.
    Doch O’Sheas schmales Gesicht bleibt unbewegt. »Ohne eine Mutter wie Sie ist er ohnehin besser dran.«
    Helmsley stößt Lavinia zum Wagen. Sie stolpert, fällt und bleibt als ein Haufen von schwarzen Röcken und blondem Haar auf dem Gehsteig liegen.
    »Bringen Sie den Jungen rein«, weist O’Shea uns mit eisigem Blick an.
    »Mama!«, schreit Henry. Er schlägt und tritt wild um sich, als Mei versucht, ihn zu fassen zu bekommen.
    Die chinesischen und spanischen Jungen sind inzwischen ziemlich unruhig geworden, und das Gemurre wird immer lauter. Mich schaudert, als ich an die Verhaftung von Brenna Elliott vor ein paar Wochen denke. Die Schaulustigen hatten sie als Hexe beschimpft und mit Steinen beworfen.
    Ein großer Junge reißt den Arm zurück und holt aus, um zu werfen. Ich gebe beinah dem Impuls nach, Lavinia eine Warnung zuzurufen, als der Stein auch schon durch die Luft fliegt.
    Doch er trifft O’Shea, direkt zwischen die Schulterblätter. O’Shea dreht sich um und starrt die Gruppe Einwandererkinder an. Ich
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