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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende
Autoren: Iny Lorentz
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begleitete ihn. Als Jüngster von vier Brüdern hatte er nicht viel Erbe zu erwarten und war daher froh, in das Gefolge des Fürstbischofs aufgenommen zu werden. Nun grinste er übermütig und wies mit einer unbestimmten Geste nach Süden.
    »Das wird eine schöne Reise werden, Falko. Ich habe viel von Italien erzählen hören. Es heißt, es gäbe kein schöneres Land auf dieser Welt. Die Sonne scheint das ganze Jahr über warm, das Obst ist süß und saftig und der Wein traumhaft gut. Und dann erst die Mädchen! Sie sollen schön und feurig sein, nicht so schamhaft wie unsere Frauen.«
    »Nicht jede ist schamhaft«, spottete Falko und dachte dabei an die Ehefrau eines schon älteren Ritters, die ihm bei seinem letzten Aufenthalt auf der Feste Marienberg schöne Augen gemacht hatte. Nur mit Mühe war es ihm gelungen, ihren Avancen auszuweichen, ohne sie zu beleidigen. Allerdings reiste er seitdem seltener nach Würzburg, denn er wusste, dass die Schöne ihr Vorhaben zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben hatte. Er mochte ihren Ehemann jedoch zu sehr, um ihm Hörner aufzusetzen. Auch wenn er es für eine Dummheit hielt, sich mit fünfzig ein um über dreißig Jahre jüngeres Weib zu nehmen, wollte nicht er derjenige sein, der in diese Ehe einbrach.
    »Es ist wirklich gut, dass wir jetzt nach Rom reisen«, sagte er nachdenklich.
    »Es fällt dir wohl schwer, weiterhin den Ritter Tugendsam zu spielen?«, spottete Hilbrecht, der seine Gedanken gelesen zu haben schien.
    »Das musst du gerade sagen! Wenn du eine junge, hübsche Dame vor dir siehst, fängst du zu stottern an und bringst kein gerades Wort heraus.« Falko versetzte seinem Freund vom Sattel aus einen leichten Stoß und trabte an.
    Hilbrecht schloss gleich wieder zu ihm auf. »Es kann nicht jeder so ein geschmiertes Maul haben wie ein Pfaffe. Wenn ich da an Giso denke! Der kann den ganzen Tag predigen, ohne auch nur ein Mal Atem zu holen.«
    »So schlimm ist Giso auch wieder nicht«, verteidigte Falko den jungen Priester. »Auf jeden Fall ist es schön, dass er mit uns kommt. Mit ihm wird es gewiss lustig. Außerdem kann er neben seinem Latein auch ein wenig von diesem welschen Gebrabbel, das man in Italien spricht. Ich wäre da vollkommen verloren.«
    »Das glaubt dir doch kein Mensch! Ich wette mit dir, wenn du eine Frau in Italien nur anschaust, bringt die dir alles bei, was du dir nur wünschst …«
    Obwohl Falko sein bester Freund war, schwang Neid in Hilbrechts Stimme mit, und er wünschte sich, ebenso unbefangen auftreten zu können. Zu seinem Leidwesen aber hatte es ein hübscher Bursche mit himmelblauen Augen leichter, die Herzen anderer Menschen zu gewinnen. Er selbst war etwas kleiner als Falko, dafür um einiges wuchtiger gebaut und mit einem kantigen Gesicht geschlagen, das er in trüberen Augenblicken sogar derb nannte. Seine Augen waren so nichtssagend braun wie seine Haare, und seine Schüchternheit und sein Hang zum Stottern machten es ihm schwer, auf Leute zuzugehen und sie für sich zu gewinnen.
    Bevor er jedoch weiter mit sich und seiner Erscheinung hadern konnte, klang Falkos Stimme auf. »Reden wir von etwas anderem.«
    »Und wovon?«
    »Von der Dame, die wir nach Italien geleiten sollen. Schätze, sie wird über vierzig sein, eingetrocknet wie eine Weinbeere und bei jedem derben Wort zusammenzucken. Wir werden uns zusammennehmen müssen, mein Freund, damit sie uns nicht zu einem Ave-Maria nach dem andern verdonnert, um all die Sünden abzubüßen, die nur in ihrer Einbildung bestehen.«
    Falko brachte diese Zukunftsaussichten so drollig hervor, dass Hilbrecht hellauf lachen musste. »Dann halten wir uns eben an Giso. Der verträgt es, wenn man ehrliches Deutsch mit ihm spricht.«
    »Du sagst es! Trotzdem müssen wir auf die Äbtissin Rücksicht nehmen. Am besten ist es, du reitest neben ihrer Sänfte her. Da du sowieso kaum ein Wort zwischen den Zähnen hervorbringst, kannst du sie auch nicht erzürnen.«
    Diesmal versetzte Hilbrecht Falko einen Stoß und war weg, bevor dieser sich revanchieren konnte. Während ihres weiteren Rittes spotteten sie immer wieder über die Nichte des Fürstbischofs, und Falko begann schließlich, mit künstlich hoher Stimme so geziert zu reden, wie er es sich bei der Dame vorstellte. Hilbrecht bog sich vor Lachen, und als sie zu Mittag beim Wirt in Schnepfenbach einkehrten und sich ein Stück saftigen Braten schmecken ließen, hatten sie ihren Streit mit Bruno von Reckendorf und dessen Gefährten
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