Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
nachgab, Mond streckte die Hand nach ihr aus,
um zu helfen, zog sie aber rasch wieder zurück, als die Schwester ihn nur böse anblickte und sich das Gesicht zum hundertsten Male mit einem zerlumpten Taschentuch abwischte, das
sie aus einem zerrissenen Ärmel zog.
»Ich hasse den Dschungel! Baumstämme, so schwarz wie
Kohle, und Pflanzen in den Farben des Blutes und der Organe.
Und er stinkt auch noch.«
»Vegetation, die am Boden verfault, bildet den Mulch, aus
dem neues Leben entsteht«, erklärte Mond.
Schwester Marion schnaubte. »Na klar. Selbst die hübscheste
Rose wurzelt in Mist. Das wusste ich schon immer. Regen und
Gestank und ein Dschungel, der wie ein lebendes Schlachthaus
aussieht! Kein Wunder, dass man uns hierher geschickt hat;
niemand sonst wäre scharf auf diesen Planeten.«
»Wir haben die Absturzstelle fast erreicht«, sagte Mond. »Es
ist nicht mehr weit.«
»Habe ich danach gefragt?«., raunzte Schwester Marion.
»Ich dachte, es könnte Euch interessieren. Es ist die Lichtung
direkt voraus.«
»Ich hasse den Regen«, knurrte die Nonne und blickte zu
Boden. »Ich habe Regen noch nie gemocht.«
Als sie schließlich auf die Lichtung hinaustraten, blieben alle
gleich hinter der Umrandung stehen. Nachdem sie sich eine
Zeit lang verwirrt umgesehen hatten, bedachten die Leprakranken Mond mit harten Blicken. Die Lichtung unterschied sich
nicht von allen anderen, über die sie sich schon geschleppt hatten, war überwuchert von purpur- und scharlachroter Vegetation und ohne die Spur von einem abgestürzten Raumschiff.
Schwester Marion drehte sich mit drohender Miene langsam zu
Mond um.
»Falls Ihr bekannt geben möchtet, dass Ihr Euch verirrt habt,
finde ich es vielleicht nötig, Euch den aufgerüsteten Hintern bis
zwischen die Ohren hinauf zu treten, dass alles in Euch klappert – nur zum Wohle Eurer Seele.«
»Nicht nötig, dass Ihr Euch ärgert«, versetzte Mond. »Wir
sind hier richtig. Wir können das Schiff nur nicht sehen, weil
der Dschungel es verschlungen hat.«
»Dann hoffen wir lieber, dass er es nicht auch verdaut hat.«
Schwester Marion brach plötzlich ab. Sie wollte die Hand an
den Kopf heben, brach die Bewegung aber bewusst ab. Die
Hand zitterte unübersehbar, aber niemand äußerte sich dazu.
»Es wird einige Zeit dauern, das Schiff freizulegen«, sagte
Mond vorsichtig. »Warum sucht Ihr Euch nicht einen Platz, der
relativ trocken ist, und setzt Euch für eine Weile, Schwester?
Ihr seid müde.«
»Ich sterbe, Hadenmann. Ich bin immer müde.« Sie schüttelte langsam den Kopf und setzte sich vorsichtig auf einen halb
verfaulten Baumstamm. Mond gab den anderen Leprakranken
mit einem Wink zu verstehen, sie sollten sich ein Stück entfernen, damit er und die Schwester unter sich sein konnten. Die
Nonne seufzte leise. »Was wird nur aus der Welt, wenn die
einzige Person, mit der ich reden kann, ein verdammter Hadenmann ist? Mutter Beatrice ist zu beschäftigt, der Todtsteltzer hat seine eigenen Probleme, und die übrigen Kranken …
fürchten sich zu sehr vor mir. Damit bleibt nur Ihr.«
»Ihr könnt immer mit mir reden«, sagte Mond. »Alle Informationen, mit denen ich programmiert wurde, stehen zu Eurer
Verfügung.«
Schwester Marion starrte lange auf die Lichtung hinaus; der
Regen prasselte weiter lautstark auf sie und die Umgebung
herunter. »Mir ist klar, dass ich nicht verbittert sein sollte«,
sagte sie schließlich. »Aber ich kann nicht anders. So viel
bleibt hier zu tun, und ich werde nicht mehr da sein und darauf
achten können, dass alles richtig gemacht wird. Wer sieht nach
Bea, wenn ich nicht mehr da bin, und hindert sie daran, sich zu
Tode zu schuften?«
»Ich bin noch da«, gab Mond zu bedenken. »Ich gebe auf sie
Acht. Aber Ihr dürft nicht klein beigeben, Schwester. Ihr seid
eine Kämpferin. Eine Ruhmreiche Schwester .«
»Ich habe Lepra. Und ich wusste schon immer, dass das ein
Todesurteil ist. Ich dachte nur … Ich hätte gern mehr Zeit. Wir
alle hier sterben, Mond. Ihr dürft Euch nicht schuldig fühlen,
nur weil Ihr uns nicht retten könnt, wie Ihr die Missionsstation
gerettet habt.«
»Ich fühle mich nicht schuldig«, entgegnete Mond. »Das ist
Owens Aufgabe.«
Sie beide brachten darüber ein leises Lächeln zustande.
»Es erscheint mir unfair«, sagte Mond. »Wir haben Armeen
von Hadenmännern und Grendels abgewehrt, aber wir können
Euch nicht vor einer dummen Krankheit retten.«
»Ja, nun, so ist nun mal das Leben.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher