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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal
Autoren: Simon R. Green
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diesen Vorteil, um
Hazel rechtzeitig zu erreichen. Tut es für mich, Tobias. Ich
brauche es.«
»Wann soll ich aufbrechen?«
»Jetzt gleich wäre gut.«
Mond überlegte. Alle Arbeiten waren zum Erliegen gekommen, denn die Leprakranken warteten auf seine Antwort. Mond
zuckte schließlich die Achseln. Er bekam die Geste noch nicht
ganz richtig hin, aber sie war erkennbar. »Die Holzfällerarbeiten sind weitgehend abgeschlossen. Meine Leute werden mit
dem Rest allein fertig. Sehr gut; ich stelle eine kleine Gruppe
zusammen und hole Euch Euren Hyperraumantrieb, Owen.
Aber seid Euch bitte über eins im Klaren: Wenn Ihr von hier
fortgeht, tut Ihr das allein. Ich teile Eure Sorgen um Hazel, aber
ich kann die Menschen hier nicht im Stich lassen. Zur Zeit bin
ich noch ihre einzige Verbindung zum Roten Hirn. Ich trage
hier … Verantwortung.«
»Das ist in Ordnung«, sagte Owen. »Ich habe Verständnis
dafür. Ich habe schon immer gewusst, was Pflicht bedeutet.«
Sie lächelten einander an und wussten beide, dass sie in diesem Augenblick womöglich zum letzten Mal zusammen waren.
Die Leprakranken nahmen ihre Arbeit wieder auf, dieses eine
Mal nicht durch Schwester Marions Zunge angetrieben. Owen
blickte sich nach der Nonne um und entdeckte sie schließlich;
sie saß auf einem Baumstumpf und starrte müde zu Boden, die
Hände ordentlich im Schoß gefaltet. Sie ließ die Schultern hängen, als trüge sie darauf eine schwere Last, und ihr Kopf hing
nach vorn, als wäre er zu schwer für die Halsmuskeln. Sogar
die Bänder an ihrem Hut hingen schlaff herunter.
»Sie sieht nicht allzu gut aus«, fand Owen.
»Sie stirbt«, stellte Mond fest. »Sie befindet sich in den letzten Stadien der Krankheit und verliert Tag für Tag mehr
Kraft.«
»Das wusste ich nicht!«, sagte Owen ehrlich erschrocken.
Man konnte sich nur schwer vorstellen, dass die unbesiegbare
Kriegernonne von etwas anderem geschlagen wurde als einem
Schwertstoß oder Disruptorschuss. Er wusste, dass sie Lepra
hatte, war aber stets vage davon ausgegangen, dass sie zu stur
war, um sich der Krankheit zu beugen. »Wie lange geht es ihr
schon so?«
»Schon einige Zeit. Fühlt Euch nicht übertrieben schuldig,
weil Ihr es nicht bemerkt habt. Ihr hattet Eure eigenen Probleme. Ihr hättet ohnehin nichts tun können. Der Zeitpunkt ist für
sie einfach gekommen. Lepra ist eine zu hundert Prozent tödliche Krankheit. Niemand übersteht sie lebend. Schwester Marion besteht darauf, hier draußen zu helfen, um das meiste aus
der ihr verbliebenen Zeit zu machen, ehe sie die letzten Tage
auf der Krankenstation verbringen muss. Das wird ihr nicht
gefallen – einfach nur dazuliegen und sich in niemandes Belange einmischen zu können. Ich fragte sie, ob sie ihren Frieden mit Gott gemacht hätte, aber sie lachte nur und sagte: Wir
hatten nie Streit. Ich denke, ich nehme sie mit zur Sonnenschreiter II. Ein letztes Abenteuer für sie.«
»Aber Tobias«, sagte Owen. »Ich denke wirklich, dass Ihr
sentimental werdet.«
»Ich arbeite daran«, sagte der Hadenmann.
Der Marsch durch den Dschungel zum abgestürzten Sternenschiff erwies sich als viel einfacher, als der umgekehrte Weg
gewesen war. Diesmal zog sich die dunkelrote Vegetation
schlängelnd zurück und gab einen breiten Weg frei für Mond
und Schwester Marion und das halbe Dutzend Leprakranker,
die sie mitgenommen hatten, um bei Bedarf Dinge zu holen
und zu tragen. Der Regen prasselte schnurgerade und heftig
hernieder, durchnässte die grauen Gewänder der Kranken und
klatschte Schwester Marions Purpurbänder flach an den Hut.
Mond machte der ständige lauwarme Regen überhaupt nichts
aus, aber er war inzwischen vernünftig genug, um solche Feststellungen für sich zu behalten. Er stellte eine kurze Verbindung zum Roten Hirn her, und breite Purpurblätter fächerten
über dem Weg aus und hielten einen Teil des Regens ab. Die
Schuhe quatschten auf dem Boden, und das hineinlaufende
Regenwasser gab in den Schuhen die gleichen Laute von sich.
Niemand hatte viel zu reden. Hätte nicht der Todtsteltzer selbst
um diese Expedition gebeten, dann hätte nicht mal die Anwesenheit Monds und Schwester Marions verhindern können,
dass die Leprakranken rebellierten und umkehrten; für Owen
taten sie jedoch alles.
Owen selbst war in der Missionsstation geblieben. Er wollte
sofort am Landeplatz sein, wenn das Kurierschiff aufsetzte.
Schwester Marion taumelte plötzlich, als der schlammige
Boden unter ihr
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