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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi
Autoren: emons Verlag
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Martina. Du, ich habe nur noch vier Tage zu leben und würde
vorher gern noch mal … na, du weißt schon. Und mit dir hatte ich immer
besonders guten Sex.«
    Würde eine alte
Freundin sich über einen derartigen Anruf freuen? Tief in meinem Inneren ahnte
ich, dass Frauen anders tickten und das Kompliment in dieser Anfrage nicht
erkennen würden.
    Nachdem ich noch
einen Saunabesuch auf die Liste gesetzt hatte sowie die Vernichtung einiger
sehr persönlicher Briefe und Dokumente – es gab Dinge, die waren auch über den
Tod hinaus peinlich –, wählte ich tatsächlich Martinas Nummer. Mit ihr verband
mich ein beinahe freundschaftliches Verhältnis, wenn ich mal von einer
leidenschaftlichen Affäre absah, die uns eineinhalb Jahre wie zwischen Scylla
und Charybdis gefangen gehalten hatte. Wir konnten einfach nicht nett
zueinander sein und verfingen uns immer wieder in den gleichen Fallen von
Vorwürfen und Verletzungen. Ich denke, Martina ging unsere Konflikte zu
pädagogisch an, sie wollte mich ständig verändern und zum perfekten Partner
modellieren. Aber wer will schon einen Hanswurst? Frauen stellen sich andauernd
selbst Fallen, in die sie dann mit so viel Elan reinrasen, dass jeder normal
veranlagte Mann nur noch zu seinen Fußballkameraden will. Unsere Körper aber
harmonierten perfekt.
    Schließlich hatte
Martina sich getrennt, weil sie meinte, sie sei zu alt für meine Spielchen. Ha!
Ich spielte nicht, ich lebte! Doch da sie etwa acht Jahre jünger war als ich,
traf mich diese Äußerung besonders hart. Es gibt Konstellationen, die passen
einfach nicht. Es hätte niemals geklappt, selbst wenn ich mich wie ein
harmoniebedürftiger, bindungsfähiger Westfale verhalten hätte.
    Doch Martina war
spontan genug, um sich einfach mal mit mir zu treffen. Sie war alleinerziehende
Mutter eines fünfjährigen Jungen, berufstätig und würde sich über eine
Einladung zum Essen sicherlich freuen.
    Es klingelte
dreimal, dann meldete sich eine tiefe Stimme: »Bröker.«
    Kurz brachte mich
die männliche Tonlage aus dem Konzept, doch ich sprach forsch drauflos: »Hallo,
hier ist Michael. Kann ich bei Ihnen eine Martina sprechen oder bin ich falsch
verbunden?«
    »Moment«, und
dann, etwas entfernter: »Schatz, kommst du mal, für dich.«
    Die Sache konnte
ich eigentlich vergessen. Ich wusste nicht, was mich noch am anderen Ende des
Hörers hielt. »Hallo?«
    »Hallo, Martina,
ich bin es, Michael. Du, ich bin heute in Münster und dachte, ich lade dich mal
zum Essen ein. Wir könnten über alte Zeiten plaudern und …«
    »Du wohnst in
Münster. Was soll das heißen, du bist heute mal in der Stadt?«
    »Stimmt. Deswegen
kam mir meine Wohnung so bekannt vor. Ich war halt viel unterwegs in letzter
Zeit.«
    »Was ist los mit
dir? Trinkst du?«
    »Nein.«
    »Nimmst du
Drogen?«
    »Weil ich mit dir
essen gehen will?«
    Ich hörte ihr
gereiztes Stöhnen. »Michael, heute ist Sonntag, und bald ist die Frankfurter
Buchmesse, da hast du doch nie Zeit. Es ist über zwei Jahre her, dass wir
zusammen waren, und du willst einfach so mit mir essen gehen? Ich weiß nicht,
in welcher Krise du steckst, aber meine Antwort lautet Nein. Wenn du mich sehen
willst, dann komm in zwei Wochen zu meiner Hochzeit.«
    »Du heiratest? Das
ist toll. Herzlichen Glückwunsch, Martina.« Meine Stirn zog sich in tiefe
Falten.
    Am anderen Ende
hörte ich ein herzliches Lachen. »Das wirft deine Pläne ganz schön über den
Haufen, oder? Seit wann bist du auf ehemalige Freundinnen angewiesen, Michael?«
    Seit ich unter
Zeitdruck stehe. Das dachte ich natürlich nur. Laut wiederholte ich mein
harmloses Angebot. »Ich wollt wirklich nur mit dir essen gehen. Doch ich nehme
an, dein Ehemann in spe wird das kaum gutheißen.« Souverän bereitete ich das
Ende des Telefonats vor, als ihre Stimmung plötzlich umsprang.
    »Ach, warum
eigentlich nicht? Thomas ist heute Abend mit seinem Bruder verabredet. Holst du
mich so gegen halb sieben ab?«
    Ich legte auf,
hatte die gewünschte Verabredung und fühlte mich miserabel.
    Natürlich würde
ich keine Frau verführen, die in zwei Wochen in den heiligen Bund der Ehe trat,
egal, wie gut und wie lange ich ihren Körper schon kannte. Also hatte ich an
einem der letzten Abende meines Lebens ein Date, das eine völlig sinnlose
Zeitverschwendung war. Gedankenverloren nahm ich meinen leeren Teller und
leckte die Reste des Ahornsirups von der runden Fläche. Bei diesem Akt
unbeschwerter Zügellosigkeit dachte ich wieder an meine
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