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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald
Autoren: Ritta Jacobsson
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mich langsam um und stützte mich dabei an die Wand.
    Ich wollte nicht verraten, dass ich erst vor ungefähr einer Minute begonnen hatte, die Wahrheit zu ahnen, und hielt daher den Mund.
    „Ich hab das nicht gewollt“, sagte er. „Es waren einfach unglückliche Umstände!“
    Er hob die geöffneten Hände hoch.
    „Der Hund ist aus heiterem Himmel vorm Auto aufgetaucht. Ich hab noch eine Vollbremsung reingehauen, aber im nächsten Moment hat es einen Schlag getan. Ich hab ehrlich geglaubt, er wär tot. Ich hatte ein paar Gläschen zu viel intus und hab der Versuchung nicht widerstehen können, ein bisschen durch die Gegend zu kutschieren. Hatte gerade einen bombigen Ferrari reinbekommen … Wollte das Mädel bloß nach Hause fahren. Und dann, als der Hund da lag … wurde sie … hysterisch …“
    Seine Stimme brach. Er stieß eine Art Grunzen aus, bevor er weiterreden konnte:
    „Überleg mal, wie stinkig die in Stormalm geworden wären. Ich hätte fast einen Karren ruiniert, der eine Million wert war… musste mich hinterher höllisch abschinden, um ihn wieder flottzukriegen. Die Kleine wollte die Bullen anrufen und das konnte ich nicht zulassen. Hab versucht, ihr das Handy wegzunehmen. Da ist sie gestolpert. Sie schlug mit dem Kopf auf und …“
    In diesem Moment gaben die Beine unter mir nach.
    Er fing mich auf, bevor ich fiel, legte mir den Arm um die Hüfte. Ich stemmte mich dagegen, hatte aber keine Kraft. Er schleppte mich in den Volvo, zwängte mich auf den Beifahrersitz, spannte den Sicherheitsgurt fest und warf mir meine Jacke auf den Schoß. Ich versuchte die Tür zu öffnen und hatte schon den Griff nach unten gedrückt, doch da saß er bereits neben mir und riss meine Hand weg.
    Was ist bloß mit mir los?
    Dieser süßliche Geschmack im Mund. Er musste irgendeine Droge in den Saft getan haben! Und ich Idiot hatte das Zeug brav geschluckt, obwohl es so scheußlich geschmeckt hatte!
    Es gelang mir nicht, die Augen offen zu halten. Ich nickte kurz ein und wachte mit einem Ruck auf, als das Auto auf einer schmalen Straße in die Dunkelheit hineinholperte. Kalle Svensson gab Gas und fuhr immer schneller. Die Bäume sausten in gefährlichem Tempo an uns vorbei und wuchsen zu einer schwarzen Mauer entlang der Straße.
    Ich schielte zum Türgriff hinüber, traute mich aber nicht, ihn bei dieser Geschwindigkeit nach unten zu drücken.
    Plötzlich ertönte aus der Jacke auf meinem Schoß eine Fanfare. Ich zog das Handy aus der Jackentasche und blinzelte auf das Display. Ich konnte gerade noch sehen, dass es Linus war, bevor Kalle mir das Handy aus der Hand riss. Er ließ das Fenster an seiner Seite herunter und warf das Telefon hinaus.
    „Was fällt Ihnen ein?!“
    Mein Herz klopfte wie wild. Meine Stimme klang schrill.
    Aber die Angst verlieh mir neue Kräfte. Ich ging mit den Fäusten auf ihn los, trommelte auf seine Arme ein, auf alles, was ich erreichen konnte.
    „Lass das!“
    Er versetzte mir einen heftigen Stoß. Ich wurde auf die Seite geschleudert und schlug mit dem Kopf an die Fensterscheibe.
    „Was zum Henker machst du da!“, brüllte er. „Willst du uns beide umbringen?“
    Er fuhr an den Straßenrand und bremste. Das Auto schlingerte durch den tiefen Schnee, bevor es stehen blieb.
    Ich peilte den Schlüssel im Zündschloss an, schnappte ihn mir und riss gleichzeitig die Tür auf. Kalles Finger packten meinen Pulli, als ich den Sicherheitsgurt aufdrückte, aber ich schaffte es, mich zu befreienund hinauszustolpern. Ich schlug die Tür zu, drückte auf die Fernbedienung und hörte die Türverriegelung klicken.
    Er hatte ein paar kostbare Sekunden verloren. Als er seine Tür aufriss, ging der Alarm los.
    Ich lief in die Dunkelheit, lief um mein Leben.
    Das Heulen des Alarms hörte überraschend schnell auf. Danach wurde es unheimlich still.
    Aber immerhin hatte ich einen Vorsprung gewonnen. Wäre alles normal gewesen, hätte ich ihn ohne Weiteres hinter mir gelassen. Doch das war es nicht. Ich bewegte mich zäh wie in einem Albtraum. Früher oder später würde er mich einholen. Ich hatte keine Chance.
    Es sei denn, ich könnte mich verstecken!
    Während ich vorantorkelte, blickte ich suchend zur Seite. Hohe Schneewälle flankierten die Straße. Dahinter lag nichts als Wald.
    Die Angst verlieh mir noch einmal Kraft. Ich holte tief Luft, sprang mit einem letzten Energieschub über den Wall an meiner Seite und landete im tiefen Schnee. Auf allen vieren kroch ich zu einer Gruppe Tannen hinüber
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