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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald
Autoren: Ritta Jacobsson
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Glöckchen miteinander spielen.
    Der Plan, Linus auf dem Schulweg radelnd kennenzulernen, hat zurzeit nur einen Haken – jemand hat mein Fahrrad gestohlen! Ich glaube kaum, dass ein normaler Fahrraddieb zugeschlagen hat. Mein Fahrrad ist nämlich blau-weiß gestreift – ja, schon wieder meine Mutter!
    Seit ich die Idee hatte, für den Schulweg das Fahrrad zu benutzen, kriselt es zwischen mir und Mikaela. Sie lehnt Radfahren entschieden ab, weil die Haare unterm Helm verschwitzt und platt gedrückt werden. Ich glaube, sie hat mein Fahrrad geklaut, um nicht mehr darüber reden zu müssen.
    Meine Gedanken flogen hin und her, weit weg von dem ollen Klassiker, den ich lesen sollte. Ich sah auf die Uhr. Halb elf. Da konnte ich genauso gut aufgeben.
    Viele Zeilen hatte ich ja nicht gerade geschafft. Egal, das mach ich irgendwann mal. Bloß nicht morgen, morgen kommt nämlich Papa nach Hause.
    Papa arbeitet als Vertreter in Jönköping, oder eigentlich in ganz Südschweden, und kommt nur an den Wochenenden nach Hause.
    Als ich an ihn dachte, fiel mir ein, dass er gar nicht Bescheid gesagt hatte, wann genau er kommen würde. Komisch. Wenn er vorhatte, mich nach der Schule abzuholen, musste ich meine Badesachen gleich morgens mit einpacken, das wusste er doch.
    Ich rief auf seinem Handy an, landete aber nur bei der Mailbox.
    Ich wartete eine Weile darauf, dass er zurückrief.
    Nach ein paar Minuten gab ich auf und löschte das Licht. Bestimmt erwartete mich morgen früh eine Antwort.

KAPITEL 2
    Ich kann es überhaupt nicht leiden, von einem klingelnden Handy geweckt zu werden. Das bedeutet meistens, dass irgendwas Trauriges passiert ist. Wie damals, als Jo mich morgens um sieben anrief und so herzzerreißend schluchzte, dass ich annahm, ihre Mutter wäre gestorben. Aber das war sie nicht, sie war nur aus Versehen auf Jos zahme Ratte getreten und die war dann gestorben.
    Heute Morgen passierte es wieder. Ein munterer Trompetenstoß drang rücksichtslos in meinen Traum.
    Ich muss mir einen anderen Klingelton runterladen, einen, der mich nicht wecken kann, war mein erster Gedanke. Der nächste Gedanke war: Bestimmt ist das Papa, der Frühaufsteher, der mir Bescheid geben will, wann er heute nach Hause kommt.
    „Du hast mich geweckt“, knurrte ich.
    „Entschuldigung … ich bin’s, Bettan.“
    Typisch, dachte ich. Falsche Nummer!
    Ich bin meistens höflich, nur so früh morgens nicht. Also nahm ich das Handy vom Ohr, um das Gespräch abzubrechen. Aber die Stimme redete weiter, in der Annahme, ich würde zuhören.
    Da wurde ich neugierig und hielt das Handy wieder ans Ohr.
    „… Mikaelas Mutter. Weißt du, wo sie ist?“
    „Mikaelas Mutter?“
    „Ja.“
    „Woher soll ich denn wissen, wo Mikaelas Mutter ist?“
    „Nein, Mikaela.“
    „Was?“
    „Mikaela.“
    Die Stimme klang inzwischen ungeduldig.
    „Weißt du, wo sie ist?“
    Ich bin nicht nur höflich, ich besitze auch eine messerscharfe Intelligenz. Nur nicht, wenn ich frühmorgens um – ich schaute nach – um Viertel nach sechs geweckt werde. Immerhin begriff ich, dass jemand Mikaela suchte.
    „Ist sie denn nicht zu Hause?“
    „Dann hätte ich doch nicht angerufen!“
    Jetzt erst kapierte ich. Die Stimme gehörte Mikaelas Mutter. Hieß die denn Bettan?
    „Ich hab nicht gewusst, dass Sie …“, begann ich.
    Sie unterbrach mich.
    „Sie hätte bei Hannamaria übernachten sollen, aber dort ist sie nicht. Darum habe ich dich angerufen.“
    „Ich hab echt keine Ahnung, wo sie sein könnte“, behauptete ich. Denn natürlich ahnte ich, wo Mikaela sein konnte. Bei Oscar aus der 8B, in den sie total verknallt ist. Jeden Morgen hatte sie mich damit vollgelabert und letzten Montag meinte sie, sie hätte vor, diese Woche mal bei ihm zu übernachten.
    Aber das konnte ich ihrer Mutter ja schlecht sagen.
    „Weißt du, wer es sonst noch wissen könnte?“, setzte Mikaelas Mutter ihre Befragung fort.
    „Ebba“, schlug ich vor. „Oder Faduma.“
    Sie sagte weder „danke“ noch „tschüs“, sondern legte einfach auf.
    Jetzt kann Mikaela aber was erleben, dachte ich schadenfroh. Und ausgelacht wird sie auch werden. Ihre Mutter wird garantiert alle aus der Klasse wecken.
    Plötzlich fiel mir etwas ein. Meine Verwünschung war in Erfüllung gegangen! Jetzt hatte ich meine Chance bei Linus.
    Genauso schnell kam ich auch wieder runter. Ich hatte ja gar kein Fahrrad. Außerdem würde Mikaela bestimmt noch rechtzeitig auftauchen, bevor es Zeit war, in die Schule zu
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