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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz
Autoren: Margie Orford
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Fabrikarbeiter eilten nach der Schicht nach Hause. Junge Männer lungerten an den Straßenecken.
    An seinem Fahrtziel war das Land flach, und der Südostwind heulte um die geduckten Hütten, deren Areal sich bis zur Krümmung der False Bay ausgedehnt hatte. Von der Regierung fürs gemeine Volk aufgestellte Wohnschachteln.
    Für die Armen hatte sich nichts geändert.
    Er atmete den Geruch des Ortes ein, an dem er früher zu Hause gewesen war. Abgase, ein toter Hund, der scharfe Salzgeruch des Meeres in der Ferne.
    Draußen.
    Ein vergessener Traum, den er begraben hatte, als er das erste Mal ins Gefängnis gekommen und von den brutalen Gefängnisbruderschaften, »Nummern« genannt, zu einem der ihren gemacht worden war. Nur zu gern hatten die »27er« – so nannte sich diese Nummern-Gang – den Mann aufgenommen, der mit zehn Jahren einen Mann getötet hatte. Die Gang hatte ihm einen Rang und einen Sinn im Leben und ein Zusammengehörigkeitsgefühl gegeben, das stärker war als alles, was seine Mutter draußen je zuwege gebracht hatte.
    Â 
    An der Ecke lag die Nice Time Bar , ein Wellblechanbau neben einem Backsteinhaus. Weiße Plastiksessel, um rote Colakisten drapiert; fünf Männer saßen darauf und tranken.
    In der Bar flimmerte ein Fernseher.
    Er bestellte ein Bier bei der Bedienung und verfolgte gebannt, wie die Frau auf dem Bildschirm ihre Bluse aufknöpfte.
    Das Mädchen brachte ihm seine Flasche.
    Â»Pop Idols«, sagte sie und schaltete weiter. »Heute ist das Finale.«
    Â»Schalt wieder zurück«, befahl er.

    Â»Das ist mos eine Wiederholung von Missing, der Serie von dieser Doctor Hart, über ein paar Gang-Babes.« Die Bedienung verdrehte die Augen. »Die Tochter von irgendeinem Nummerngangster, die ihre Narben vorzeigt. Ein guter Vorwand, um im Fernsehen die Titten auszupacken. Bestimmt hofft sie, dass die Voice of the Cape für ihre Story zahlt.«
    Â»Schalt wieder zurück. Und mach lauter.«
    Sie war erfahren genug, um seinen Befehl zu befolgen.
    Â»Immer dasselbe, wenn sie rauskommen«, murmelte sie und zündete sich eine Zigarette an. »Ein Zentimeter nackte Haut, und schon schaltet das Hirn ab.«
    Er ignorierte sie und lauschte der rauen Frauenstimme.
    Pearl nannte sie sich.
    Idiotischer Name.
    Die Bedienung hatte ausgeraucht und ging einen anderen Gast bedienen.
    Die Sendung war zu Ende; der Mann leerte sein Bier und ging.
    Â 
    Er stand in der schmalen Durchfahrt hinter der Bar und ging in Gedanken noch einmal die Pläne durch, die er mit den anderen 27ern ausgearbeitet hatte, den Generälen, die mit ihm im Kreis gehockt hatten.
    Die Wächter über die ungeschriebenen Gesetze der Nummerngangs hatten darüber entschieden, wer wann sterben würde.
    Jeder kleine Verstoß, jede unerlaubte Titelanmaßung, jeder noch so kleine Geheimnisverrat galt als Betrug, der mit Blut geahndet werden musste.
    Das war das Gesetz der 27er.
    Er hatte nicht viel Zeit.
    Er wusste noch zu wenig.
    Aber er wusste immerhin, wo er anfangen musste.

    Er holte das selbstgefertigte Messer unter der Schuhsohle hervor und ließ es in die Hosentasche gleiten.
    Ein Experte im Lüften von Geheimnissen.



Zwei
    Grün.
    Clare Hart zwängte ihren Wagen durch den Freitagmorgenverkehr, zwischen den Taxis und den »Bakkies« genannten Pick-ups hindurch, die in die Stadt drängten.
    An der Ampel pickten drei Glanzkrähen an einem Hundekadaver herum, hüpften vor und zurück, die schwarzen Augen fest auf den Verkehr gerichtet und mit unfehlbarem Timing. Eine Horde von Jungen, die um Kronkorken würfelten, starrte Clare an. In den müllübersäten Höfen bellten angekettete Hunde. Sie war auf der Suche nach einer namenlosen Straße – das Straßenschild war schon längst heruntergerissen und als Altmetall verkauft worden.
    Clare sah an den pockennarbigen Gebäuden hoch; dreistöckige Wohnhäuser ohne Aufzug, in denen es im Sommer glühend heiß und im Winter eisig kalt war. Typisch für die Flats. Die Gebäude waren nach längst vergangenen Schlachten benannt, die Menschen am anderen Ende der Welt ausgefochten hatten. Waterloo, Hastings, Agincourt, Trafalgar, Tobruk.
    Die Menschen, die hier lebten, nannten das Viertel Bagdad.
    Coke bringt Leben rein.
    Ein handgemalter Werbespruch in Rot und Weiß an der Wand eines Eckcafés, dessen kleines Ausgabefenster mit
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