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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT
Autoren: Brian Lumley
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Shaithis zu. Doch er erreichte den neben Karen knienden Vampirfürsten nicht. Ein paar Leutnante verstellten ihm den Weg; einer von ihnen schleuderte einen Speer und brachte ihn zu Fall. Er geiferte und knurrte, und obwohl der Speer ihm die Brust durchbohrte und blutig an seinem Rücken wieder austrat, versuchten seine schlanken menschlichen Hände krampfhaft, Lord Shaithis zu packen – bis silbern die Klinge eines Schwertes aufblitzte und ihm den Kopf vom Rumpf trennte.
    Die Flammen hatten Harry noch nicht erreicht. Durch dichte Rauchschwaden hindurch sah er von seinem Kreuz aus alles mit an. »Nein!«, schrie er auf, und in Gedanken wiederholte er immer wieder: Nein ... nein ... nein! Und etwas von seinen Seelenqualen gelangte durch das sich auflösende Möbiustor, das noch im selben Moment in die Sphäre gesogen wurde.
    Ein vereinzelter leuchtender Blitz erhellte die Bergspitzen, gefolgt von einem lang anhaltenden, dumpfen, nichts Gutes verheißenden Donnergrollen. Danach herrschte Stille. Nur das Knistern und Zischen erneut fallender Regentropfen, die in den Flammen vergingen, war zu hören.
    Schließlich meldete Shaitan sich ein drittes Mal zu Wort. »Du spürst es immer noch nicht, was?« Er musterte seinen Nachkommen von oben bis unten, blickte ihm einen Moment lang wütend in die Augen und hob dann den Kopf, um wie ein Tier Witterung aufzunehmen. »Der Necroscope hat eine Nachricht an seine geheimen Orte gesandt. Aber außer deiner eigenen Geilheit bekommst du ja nichts mehr mit. Du verschwendest doch nicht den geringsten Gedanken an die Zukunft, Hauptsache, dir geht es heute gut. Deshalb warne ich dich ein letztes Mal: Sieh dich vor, Sohn meiner Söhne, damit du uns nicht um eine ganze Welt bringst!«
    Shaithis’ Gesicht war vor Wut verzerrt. In allererster Linie war er ein Wamphyri, und nun überließ er sich voll und ganz dem Willen seines Vampirs. Er wurde zur Bestie, seine Hände verwandelten sich in Klauen. Blut spritzte aus den gewaltigen Kiefern, während seine Zähne zu Hauern anwuchsen und ihm das Zahnfleisch zerrissen. Die Faust in Karens einst prachtvolles, jetzt jedoch glanzloses Haar gekrallt, blickte er zu Shaitan empor und an ihm vorbei auf den Mann am Kreuz. Seine Augen erglühten in einem blutigen Rot, als er erwiderte: »Ich soll also etwas spüren? Etwas Mystisches, Unheimliches? Das Einzige, was ich spüren will, sind die Qualen des Necroscopen, und wie sein Geist ihn und seinen Vampir verlässt, während er stirbt. Wenn ich ihm allerdings vorher noch etwas Schmerz zufügen kann, dann sei es so!«
    »Narr!« Shaitan hieb ihm eine schwere, grau gefleckte Pranke – halb Hand, halb Klaue – auf die Schulter. Shaithis schüttelte sie ab und sprang mit erstaunlicher Leichtigkeit auf.
    »Mein Ahnherr«, knirschte er zwischen zusammengepressten Zähnen. »Treibt mich nicht zu weit. Etwas spüre ich – nämlich dass ich niemals Ruhe davor haben werde, dass Ihr Euch ständig in meine Angelegenheiten mengt. Darüber werden wir noch ein Wörtchen reden müssen, und zwar bald. Doch bis dahin ...« Mit einem Gedanken rief er seinen Krieger aus den Schatten herbei und postierte die Kreatur zwischen sich und Shaitan den Gefallenen.
    Shaitan wich einen Schritt zurück und bedachte den Krieger – Shaithis’ jüngstes Werk, das dieser noch, kurz bevor sie aus den Eislanden aufgebrochen waren, geschaffen hatte – mit einem düsteren Blick. »Willst du mir drohen?«, verlangte er von seinem Nachkommen zu wissen.
    Shaithis war klar, dass bald Sonnauf war und er keine Zeit verlieren durfte. Er würde sich seinem Ahnherrn zum Kampf stellen, aber später, aller Voraussicht nach, nachdem sie die Festung, die jenseits des Tores lag, eingenommen hatten. Deshalb entgegnete er: »Euch drohen? Natürlich nicht! Wir sind doch Verbündete, die Letzten der Wamphyri! Aber abgesehen davon ist jeder von uns auch eine eigenständige Persönlichkeit mit ihren ureigenen Wünschen und Bedürfnissen.«
    Dafür ließ Shaitan Shaithis am Leben. Vorerst jedenfalls.
    Während der Rauch dichter wurde und die Flammen höher schlugen, obwohl es erneut zu regnen begonnen hatte, und Harry Keogh den ersten Gluthauch spürte, als die Flammen sich seinen Beinen näherten, wandte Shaithis seine Aufmerksamkeit wieder Lady Karen zu.
    Unterdessen ...
    ... herrschte in einer anderen Welt, im Ural, Mitternacht.
    Tief unter der Schlucht von Perchorsk gelang es Viktor Luchov in seinem winzigen Zimmer, aus einem fürchterlichen Albtraum zu
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