Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesmarsch

Titel: Todesmarsch
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Atem trottete er an seinen Platz zurück. Trotz des schönen Erlebnisses hatte er ein schlechtes Gewissen wegen Hinweis 13.
    Olson grinste ihn an. »Dafür hätte ich drei Verwarnungen in Kauf genommen.«
    Garraty antwortete nicht, sondern drehte sich um, lief ein Stück rückwärts und winkte dem Mädchen. Als es nicht mehr zu sehen war, drehte er sich wieder nach vorn und ging mit festem Schritt weiter. Eine ganze Stunde, bis er die Warnung abgelaufen haben würde. Er mußte darauf achten, sich, nicht noch eine weitere zu holen. Aber er fühlte sich wohl. Er fühlte sich fit. Er hätte den ganzen Weg bis nach Florida gehen können. Unbewußt beschleunigte er seinen Schritt.
    »Ray.« Mc Vries lächelte immer noch. »Wozu die Eile?«
    Ja, er hatte recht. Hinweis 6: Langsam und locker ist die Devise. »Danke.«
    McVries lachte ihn an. »Danke mir nicht zu sehr. Ich habe ebenfalls die Absicht zu gewinnen.«
    Garraty sah ihn beunruhigt an.
    »Ich meine, wir sollten hier nicht die drei Musketiere spielen. Ich mag dich, und es ist offensichtlich, daß du bei den hübschen Mädchen einen großen Stein im Brett hast, aber wenn du hinfallen solltest, werde ich dir nicht aufhelfen.«
    »Klar.« Er lächelte ebenfalls, aber es war ein lahmes Lächeln.
    »Aber andererseits«, sagte Baker schleppend, »sitzen wir alle im gleichen Boot, also können wir uns ebensogut gemeinsam die Zeit vertreiben.«
    McVries lächelte. »Warum nicht?«
    Sie kamen wieder an einen Anstieg und sparten die Luft zum Gehen. Auf halber Höhe zog Garraty seine Jacke aus und warf sie über die Schulter. Ein paar Minuten später fanden sie einen Pullover auf der Straße. Den wird jemand heute nacht schwer vermissen, dachte Garraty. Vorn kamen ein paar Läufer aus der Vorhut in Sicht, die an Boden verloren hatten.
    Garraty konzentrierte sich auf seine Füße. Hochheben, auf die Straße setzen, hochheben... Er fühlte sich immer noch wohl. Er fühlte sich stark.

    »Mein Name ist Harkness, Nummer 49. Du bist Garraty, Nummer 47, nicht wahr?«
    Garraty sah Harkness an, der eine Brille trug und einen Bürstenhaarschnitt hatte. Sein Gesicht war rot und ver schwitzt. »Ja, richtig.«
    Harkness hatte ein Notizbuch bei sich, in das er Garratys Namen und Nummer eintrug. Seine Schrift war eine Krakelei, weil der Stift beim Gehen auf- und abrutschte. Er stolperte in seinen Vormann, ein Junge namens Collie Parker, der ihn anfuhr, er solle aufpassen, wohin er ginge. Garraty unterdrückte ein Lachen.
    »Ich schreibe mir von jedem den Namen und die Nummer auf«, erklärte Harkness. Die Vormittagssonne funkelte auf seinen Brillengläsern, als er aufblickte, und Garraty mußte die Augen zusammenkneifen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Es war halb elf, sie befanden sich acht Meilen vor Limestone und mußten nur noch eindreiviertel Meilen hinter sich bringen, um den Rekord zu brechen, den eine vollständige Gehergruppe bisher geschafft hatte.
    »Ich nehme an, du fragst dich, warum ich mir den Namen und die Nummer jedes einzelnen Teilnehmers aufschreibe«, sagte Harkness.
    »Du gehörst zur Überwachungstruppe«, krächzte Olson über seine Schulter zurück.
    »Nein, ich werde ein Buch schreiben«, entgegnete Harkness nachsichtig. »Wenn das alles hier vorbei ist, werde ich ein Buch darüber schreiben.«
    Garraty lachte. »Du meinst, wenn du gewinnst, wirst du ein Buch darüber schreiben.«
    Harkness zuckte die Achseln. »Tja, vermutlich. Aber sieh es mal so: ein Buch über den Marsch aus der Sicht eines Teilnehmers wird mich zu einem reichen Mann machen.«
    McVries brach in lautes Lachen aus. »Wenn du gewinnst, wirst du wohl kaum ein Buch mehr brauchen, um reich zu werden - oder?«
    Harkness runzelte die Stirn. »Hm, vermutlich nicht. Aber ich glaube, es wird trotzdem ein verdammt interessantes Buch werden.«
    Sie gingen weiter, und Harkness fuhr fort, sich die Namen und Nummern aufzuschreiben. Die meisten gaben ihm die Informationen bereitwillig, und zogen ihn mit seinem großartigen Buch auf.
    Nun hatten sie sechs Meilen geschafft. Es ging das Gerücht, daß sie gute Aussichten hätten, den Rekord zu brechen. Garraty dachte einen Augenblick darüber nach, warum sie das überhaupt sollten. Je eher die Konkurrenz ausschied, desto besser standen die Aussichten für die Zurückbleibenden. Es war wohl eine Sache des Stolzes. Kurz darauf erreichte sie die Nachricht, daß für den Nachmittag ein Gewitter angekündigt sei - jemand müßte ein Transistorradio bei sich haben. Wenn das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher