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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch
Autoren: Stephen King
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stimmte, war es eine schlechte Nachricht. Anfang Mai waren die Gewitter noch nicht sehr warm.
    Sie liefen weiter.
    McVries ging mit kräftigen Schritten, hielt den Kopf hoch und ließ die Arme locker an den Seiten baumeln. Er hatte es auf dem Seitenstreifen versucht, den Kampf mit dem lockeren Boden aber bald wieder aufgegeben. Er war noch nicht verwarnt worden, und wenn der Rucksack ihn drückte oder scheuerte, so ließ er sich nichts davon anmerken. Seine Augen suchten ständig den Horizont ab. Wenn sie an den kleinen Zuschauergruppen vorbeikamen, winkte er ihnen zu und verzog seine dünnen Lippen zu einem Lächern. Er zeigte noch keine Anzeichen von Müdigkeit.
    Baker schlenderte die Straße entlang. Er hatte eine Art Schlurfgang mit gebeugten Knien entwickelt und schien die Entfernungen mir nichts dir nichts zurückzulegen. Er schlenkerte seine Jacke durch die Luft, lächelte den Zuschauern zu und pfiff ab und zu eine leise, lustige Melodie vor sich hin. Garraty fand, er sah aus, als könne er in alle Ewigkeit gehen.
    Olson redete jetzt nicht mehr so viel und beugte alle paar Minuten rasch das eine Knie. Garraty konnte es jedesmal im Gelenk knacken hören. Olson wird allmählich steif, dachte er. Die sechs Meilen machen sich doch bemerkbar. Seine Feldflasche mußte fast leer sein. Olson würde wohl bald pinkeln müssen.
    Barkovitch hatte seinen sprunghaften Stil beibehalten; einmal lief er der Gruppe weit voraus, als ob er die Vorhut einholen wollte, dann befand er sich wieder ganz am Ende bei Stebbins. Er hatte eine seiner drei Verwarnungen verloren, sie aber fünf Minuten später zurückerhalten. Garraty nahm an, daß es ihm so nahe am Abgrund gefallen mußte.
    Stebbins marschierte immer noch ganz allein vor sich hin. Garraty hatte ihn noch mit niemandem sprechen gesehen. Er fragte sich, ob Stebbins sich einsam oder nur müde fühlte. Immer noch glaubte er, daß Stebbins sehr früh ,vielleicht sogar als erster, zusammenbrechen würde, ohne eigentlich zu wissen, warum er das dachte. Stebbins hatte seinen zerfransten, grünen Pullover ausgezogen und hielt jetzt sein letztes Marmeladenbrot in der Hand. Er sah niemanden an. Sein Gesicht war eine Maske.
    Sie gingen und gingen.
    Dann erreichten sie eine Kreuzung, die von der Polizei abgeriegelt wurde, damit die Geher sie ungestört überqueren konnte. Die Polizisten grüßten jeden einzelnen von ihnen, und. einige der Jungs zogen ihnen, geschützt durch ihre Immunität, eine lange Nase. Garraty fand das nicht gut. Er nickte den Beamten lächernd zu, um ihren Gruß zu erwidern, und fragte sich im stillen, ob sie sie wohl alle für Idioten hielten.
    Die Autos hupten, und dann hörten sie plötzlich eine Frau laut nach ihrem Sohn schreien. Sie hatte ihren Wagen neben der Straße geparkt und offenbar auf die Gehergruppe • gewartet, um zu sehen, ob ihr Junge noch mit dabei wäre.
    »Percy! Percy!«
    Percy war Nummer 31. Er wurde rot, winkte ihr verlegen zu und eilte mit leicht gesenktem Kopf weiter. Die Frau versuchte, auf die Straße zu rennen. Die Wachen auf dem Panzerfahrzeug richteten sich steif auf, aber einer der Polizisten hielt sie am Arm fest und zog sie freundlich zurück. Dann machte die Straße eine Biegung, und sie verloren die Kreuzung aus den Augen.
    Sie kamen über eine aus Holzplanken zusammengefügte Brücke, die über einen kleinen, gurgelnden Bach führte. Garraty ging nahe am Geländer entlang und blickte hinunter. Für einen Augenblick konnte er auf der Wasseroberfläche sein verzerrtes Gesicht sehen.
    Kurz darauf kamen sie an einem Hinweisschild vorbei: LIMESTONE 7 MEILEN, und dann gingen sie unter einem im Wind wogenden Transparent hindurch: LIMESTONE IST STOLZ DARAUF, DIE DIESJÄHRIGEN GEHER ZU BEGRÜSSEN. Garraty schätzte, daß sie jetzt weniger als eine Meile davon entfernt waren, den Rekord zu brechen.
    Dann erreichte sie eine neue Nachricht von vorn; sie befaßte sich diesmal mit einem Jungen namens Curley, Nummer 7. Curley hatte einen Wadenkrampf und schon seine erste Warnung erhalten. Garraty lief etwas schneller, um McVries und Olson einzuholen. »Wo ist er?«
    Olson deutete mit dem Daumen auf einen schlaksigen, mageren Jungen in Blue jeans. Curley hatte versucht, sich einen Backenbart stehenzulassen, aber es war ihm nicht gelungen. Sein hageres, ernstes Gesicht war jetzt in unwahrscheinlicher Konzentration angespannt, und er blickte starr auf sein rechtes Bein hinunter, das er etwas schonte. Er verlor den Boden unter den Füßen, und es
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