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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch
Autoren: Stephen King
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fragte Baker ihn.
    »Ja, direkt aus der Mitte.« Er blickte nach vorn. Ein paar Jungen hatten sich von der Hauptgruppe abgesetzt. Sie machten ungefähr sechs Meilen pro Stunde. Zwei von ihnen trugert die gleichen Lederjacken mit einem Adler auf dem Rücken. Es war eine große Versuchung, den Schritt zu be-schleunigen,- aber Garraty ließ sich nicht hetzen. »Kraft sparen, wann immer es möglich ist« - Hinweis 13.
    »Führt die Straße irgendwann an deiner Heimatstadt vorbei?« wollte McVries wissen.
    »Etwa sieben Meilen. Ich denke, daß meine Muter und meine Freundin hinkommen werden, um mich zu sehen.« Er schwieg einen Augenblick und fügte dann vorsichtig hinzu: »Natürlich nur, wenn ich dann noch dabei bin.«
    »Ach was, wenn wir dorthin kommen, werden noch keine fünfundzwanzig von uns ausgeschieden sein«, sägte Olson.
    Sie schwiegen betroffen. Garraty wußte, daß das nicht stimmte, und er nahm an, daß Olson es ebenso wußte.
    Zwei weitere Jungen erhielten eine Verwarnung, und trotz Olsons Erklärung hüpfte Garratys Herz jedesmal erschrok-ken in die Höhe. Er drehte sich um und sah nach Stebbins. Er lief immer noch am Ende und aß jetzt sein zweites Marmeladenbrot. Ein drittes steckte in der Tasche seines ausgefransten, grünen Pullovers. Garraty fragte sich; ob seine Mutter ihm die Brote gemacht hätte, und dachte an die Plätzchen, die seine Mutter ihm gegeben - auf gezwungen - hatte, so als würden sie ihn vor bösen Geistern beschützen können.
    »Warum lassen sie die Leute eigentlich nicht beim Start zusehen?« fragte er unvermittelt.
    »Das würde die Konzentration der Geher stören«, antwortete ihm eine scharfe Stimme.
    Garraty drehte den Kopf. Er sah einen kleinen, dunkelhaarigen Jungen mit intensivem Blick, der die Nummer 5 an seinem Hemdkragen hängen hatte. Er konnte sich an seinen Namen nicht erinnern. »Konzentration?« fragte er zurück.
    »Ja« Der Junge kam an seine Seite. »Der Major hat gesagt, es sei sehr wichtig, sich am Anfang des Marsches voll zu konzentrieren.« Er drückte nachdenklich seinen Daumen an die Nase, die auffallend spitz war. Er hatte dort einen hellroten Pickel. »Ich stimme ihm zu. Die Aufregung, die Menge, das Fernsehen, das kann alles später kommen. Was wir im Augenblick brauchen, ist völlige Konzentration.« Er starrte Garraty unter den schweren Lidern seiner dunklen, braunen Augen und wiederholte es noch einmal: »Konzentration.«
    »Das einzige, worauf ich mich konzentriere, ist, sie aufzuheben und wieder auf die Straße zu setzen«, spottete Olson.
    Nummer 5 sah ihn beleidigt an. »Du mußt deinen Rhythmus finden. Du mußt dich auf dich selbst konzentrieren. Du mußt einen Plan haben. Übrigens, ich heiße Gary Bar-kovitch. Ich komme aus Washington, D. C.«
    »Ich bin John Carter«, sagte Olson. »Ich komme aus Bar-soom, Mars.«
    Barkovitch verzog verächtlich die Lippen und ließ sich wieder zurückfallen.
    »Verrückte trifft man wohl überall«, stöhnte Olson.
    Doch Garraty fand, daß Barkovitch ziemlich klar dachte -jedenfalls solange, bis einer der Soldaten »Warnung! Warnung für Nummer 5!« rief. Das war ungefähr fünf Minuten später.
    »Ich habe einen Stein im Schuh!« keifte Barkovitch giftig.
    Der Soldat antwortete ihm nicht. Er stieg vom Panzerfahrzeug und stellte sich Barkovitch gegenüber auf den Seitenstreifen. In der Hand hielt er die gleiche Taschenuhr aus rostfreiem Stahl, wie sie vorhin der Major gehabt hatte. Barkovitch blieb stehen, zog sich den Schuh aus und schüttelte den winzigen Stein heraus. Sein düsteres, olivfarbe-nes Gesicht glänzte vor Schweiß, aber er betrachtete den Soldaten gar nicht, als dieser »Zweite Warnung für Nummer 5!« rief. Statt dessen zog er sich sorgfältig den Strumpf über dem Fußrist glatt.
    »Oh, oh«, sagte Olson nervös. Sie hatten sich alle umgedreht und liefen jetzt rückwärts.
    Stebbins, immer noch der letzte, ging an Barkovitch vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Der saß nun ganz allein ein kleines Stückchen rechts vom weißen Mittelstreifen auf der Straße und band sich seinen Schuh wieder zu.
    »Dritte Warnung für Nummer 5! Die letzte Warnung!«
    Etwas lag wie ein schwerer Klumpen in Garratys Magen. Er wollte nicht hinsehen, aber er konnte auch nicht wegblicken. Er sparte wirklich keine Kraft, wann immer es möglich war, indem er rückwärts ging, aber auch daran konnte er nichts ändern. Er konnte beinahe fühlen, wie Bar-kovitchs Sekunden zu einem Nichts
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