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Todesküste

Todesküste

Titel: Todesküste
Autoren: H Nygaard
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aber hinterm Steuer
nahmen sie es mit jedem Römer auf. Zudem gehörte es in Hannover offenbar zur
essenziellen Führerscheinausbildung, zu wissen, wo sich die Hupe des Fahrzeugs
befand. Die Einheimischen machten jedenfalls vom Horn regen Gebrauch.
    Über die Raschplatzhochstraße auf der Rückseite des
Bahnhofs war es nur ein kurzes Stück bis zur Kreuzung Marienstraße.
    »Dort ist das Henriettenstift, ein Krankenhaus der
Allgemeinversorgung, das im Ursprung von Königin Marie von Hannover aus einer
Erbschaft ihrer Großmutter Henriette gestiftet wurde.« Madsack streckte beim
Passieren der Kreuzung seinen rechten Arm aus und kam Frauke dabei nahe.
    »Verzeihung. Hier rechts die Marienstraße runter liegt
die Unfallklinik. Ich sage es, weil Sie dort sicher irgendwann einmal zu tun
haben werden. Hinter der Marienstraße beginnt die Südstadt.«
    Frauke warf Madsack einen Seitenblick zu. »Höre ich
aus Ihren Worten den Stolz eines Einheimischen über seine Stadt?«
    Über Madsacks rundes Gesicht zog ein Strahlen. »Wenn
es Sie nicht stört, erzähle ich Ihnen zwischendurch etwas über unsere schöne
Stadt.«
    An der nächsten Querstraße hatten sie ihr Ziel
erreicht.
    Der Tatort wäre auch ohne Adressangabe zu finden
gewesen. Neben zwei Streifenwagen und drei Zivilfahrzeugen des
Kriminaldauerdienstes hatte sich trotz des Regens bereits eine Ansammlung von
Schaulustigen eingefunden.
    Von Wedell hatte Mühe, das Fahrzeug auf dem
gegenüberliegenden Bürgersteig vor dem Penny-Markt zu parken. Nur widerwillig
traten die Passanten beiseite.
    Frauke ließ die Fassade des Gebäudes auf sich wirken.
Der Architekt hatte dem Haus durch eine gut proportionierte Gliederung
Lebendigkeit verliehen. Der rote Klinker und die weiß abgesetzten Flächen, die
Rundbogenfenster und die durch zwei Erkerreihen eingefassten Balkone waren
Ausdruck des Lebensgefühls aus der Zeit des Hausbaus. Trotzdem stand das
Eckgeschäft leer, während der Kiosk auf der rechten Hausseite von Schaulustigen
fast verdeckt wurde.
    Am Hauseingang hielt ein uniformierter Polizist Wache.
Er nickte den Beamten des Kommissariats zu. »Erster Stock«, erklärte er.
    Auf dem Treppenabsatz und im engen Hausflur herrschte
geschäftiges Treiben. Drei Mitarbeiter der Spurensicherung wuselten durch die
Räume, der Fotograf schimpfte, weil ihm der Rechtsmediziner im Weg stand, die
beiden Beamten des Kriminaldauerdienstes versuchten, das Chaos zu organisieren,
und nun erschien auch noch Richters Truppe.
    »Wollen Sie nicht lieber einen Kaffee trinken gehen?«,
wandte sich Putensenf an Frauke. »Ich habe gehört, da liegt eine Leiche.«
    »Von denen ich wahrscheinlich schon mehr gesehen habe
als Sie, selbst wenn Sie alle Fernsehkrimis mitzählen, aus denen Sie Ihren
Erfahrungsschatz schöpfen.«
    »Ruhig, Leute«, mischte sich Madsack ein. Er war vor
der Tür stehen geblieben und schnaufte hörbar vom Treppensteigen.
    Frauke drängte sich ungeachtet des Protests der
Spurensicherung hinter Richter in die als Büro genutzte Wohnung.
    »Vorsicht. Hier waren wir noch nicht«, sagte ein
Kriminaltechniker und fluchte.
    »Dann dürfte auch sonst keiner hier sein«, antwortete
sie ungerührt. »Jetzt ist sowieso alles versaut, nachdem hier ganze Horden
durchgetrampelt sind.«
    Der Spurensicherer wollte antworten, aber Putensenf
kam ihm zuvor. »Lass. Die ist neu. Da, wo die herkommt, kennt man keine
Tatortaufnahme.«
    Frauke unterließ es, zu antworten, und dachte an den
ständig niesenden Klaus Jürgensen, der in Flensburg Leiter der Spurensicherung
war und seiner Arbeit mit einem fortwährenden Klagelied über die unsauberen
Leichen aber doch besonnen nachging. Hier, in Hannover, schien dagegen alles
wie ein Hühnerhaufen wild durcheinander zu agieren. Außerdem war sie es
gewohnt, an einem Tatort den Ton anzugeben. Es fiel ihr schwer, sich
zurückzuhalten und anderen das Kommando zu überlassen.
    Im Türrahmen stieß sie mit Bernd Richter zusammen. Der
Hauptkommissar warf einen Blick in den Raum. Schräg vor dem Fenster stand ein
schwerer Schreibtisch aus dunklem Holz, dahinter ein schwarzer Ledersessel mit
hoher Rückenlehne. Eine Schrankwand mit Ordnern und Büchern, unterbrochen durch
ein beleuchtetes Barfach, eine Sitzgruppe und ein Sideboard vervollständigten
die Einrichtung. Das große Hydrogewächs in der Ecke war ein Blickfang in der
sonst nüchternen Büroatmosphäre, wenn man vom Plasmafernseher und der
Stereoanlage absah. Neben dem Schreibtisch stand ein schwarzer
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