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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck
Autoren: Lena Avanzini
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Einweckgläsern und der drei Gläser mit der Aufschrift »Delikatessgurken«, die jeweils Briguglias Augäpfel, Sofronskys Penis und den Nabel von Mettes Mutter enthielten, hatte ein Übriges getan. Als ein junger Kollege von der Spusi dann den halb angeschimmelten, madenzerfressenen Torso von Mettes Tante im Schrank neben der Waschmaschine fand, nahm Heisenberg Reißaus. Mit Müh und Not erreichte er den Garten und übergab sich in einen Rhododendronbusch. Die Übelkeit und die scheußlichen Bilder in seinem Kopf war er den ganzen restlichen Tag nicht losgeworden.
    Das hat sein müssen, dass ich das in meiner Karriere noch erlebe. Dass jetzt junge Frauen zu Serienmörderinnen werden.
    Und noch dazu eine, die anscheinend eine glänzende Karriere als Pianistin vor sich gehabt hätte.
    Mit einem tiefen Seufzer beobachtete er eine Fliege, die immer wieder gegen sein Bürofenster stieß.
    Es klopfte.
    Wurz trat ein. Er war kreidebleich, blieb mitten im Raum stehen und starrte auf seine Schuhspitzen. Wo war sein Siegerlächeln geblieben, verdammt noch mal?
    »Ich wollte mich nur bedanken, Chef.«
    »Stecken Sie sich den Chef sonst wohin, Wurz. Morgen ist der 1. Juli. Mein Urlaub beginnt und geht nahtlos in die Pension über. Es hat sich ausgecheft. Sie sind doch bestimmt froh darüber, was?«
    »Tut mir leid, dass ich das einmal gesagt habe, wirklich.«
    »Ach was, ich weiß, dass ich ein Ekelpaket war. Ich hab es nicht anders verdient. Wofür bedanken Sie sich eigentlich?«
    »Sie haben mir das Leben gerettet. Wenn Sie nicht geschossen hätten …« Wurz’ Kehlkopf hüpfte auf und ab. »Ich … ich konnte einfach nicht abdrücken. Hab versagt. Hätte mich von der Verrückten abstechen lassen wie eine Sau.«
    »Schießhemmung. Das kann jedem passieren.« Heisenberg deutete auf einen Stuhl, während er sich die nächste Zigarette drehte.
    Zögernd kam Wurz näher und setzte sich. »Hätten Sie vielleicht auch eine für mich?«, fragte er mit Blick auf Heisenbergs Tschik.
    »Nein. Fangen S’ gar nicht erst an mit dem Rauchen. Und bittschön schauen S’ nicht so trübsinnig, das steht Ihnen nicht.«
    »Ich werde den Bericht fertig schreiben, und anschließend reiche ich die Kündigung ein.«
    Heisenbergs Unterkiefer klappte nach unten. »Sind Sie vollkommen wahnsinnig? Was fällt Ihnen ein?«
    Wurz riss die Augen auf. »Aber …«
    »Kein Aber. Sie sind der beste Kriminalbeamte, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Auch wenn ich das nie gesagt und vermutlich noch weniger gezeigt habe«, brummte er ärgerlich. »Sie haben einen Fehler gemacht. Na und?« Er klopfte im Rhythmus seiner Worte auf den Tisch: »Ich lasse Sie nicht gehen.«
    Noch dazu, wo es sich um einen absolut sympathischen Fehler handelte. In Zeiten, in denen schießwütige Kollegen jugendliche Kleinganoven von hinten erschossen und damit die ganze Polizei in Misskredit brachten, war es beruhigend, dass es jemanden gab, der zögerte, bevor er abdrückte. Heisenberg räusperte sich. »Jetzt kennen Sie Ihre Schwäche und können daran arbeiten.«
    »Aber …« Wurz’ Wangen hatten inzwischen die Farbe überreifer Tomaten angenommen.
    Heisenberg blies ihm einen Rauchkringel ins Gesicht. »Kein Aber, hab ich gesagt. Seit Jahren sind Sie auf meinen Posten scharf. Ihre Chancen stehen nicht besonders gut, aber ich werde mich für Sie einsetzen, Wurz. Und ich habe immer noch ein bisschen Einfluss.«
    »Aber …«
    »Wissen Sie warum? Weil Sie das Zeug dazu haben. Machen Sie sich trotzdem keine falschen Hoffnungen. Versprechen kann ich nichts.« Heisenberg hatte sich gefragt, ob es ihm gelingen würde, die Röte in Wurz’ Gesicht noch zu intensivieren. Und es gelang.
    »Und jetzt Schluss mit den Schmeicheleien. Reden wir über den Fall. Mit Mette Kindlers Geständnis ist er mehr oder weniger abgeschlossen. Natürlich müssen wir noch die Ergebnisse von Spusi und Gerichtsmedizin abwarten. Aber ich denke, dass die unsere bisherigen Erkenntnisse bestätigen werden.«
    »Einiges verstehe ich immer noch nicht, Chef. Warum hat sie das erste Opfer, ihre Tante, zerstückelt, aber den Torso im Keller versteckt und nur die Extremitäten in den Wald gebracht?«
    »Weil sie ihre ersten Kompositionsversuche auf dem Torso der Tante gemacht hat. Bis er halb verwest und nicht mehr zu gebrauchen war. Dann hat sie sich wohl zu sehr geekelt, um ihn noch weiter zu zerteilen und wegzubringen.«
    »Hat sie die Tante gehasst?«
    »Nein, das ist das Absurde an dem Fall. Ich glaube,
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