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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken
Autoren: Agatha Christie
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stellen sie die Polizei als Narren hin, die alles verkehrt anpacken. Wenn ich zu meinen Vorgesetzten das sagte, was diese Inspektoren der Kriminalromane zu den ihrigen sagen, so würde ich morgen aus Scotland Yard hinausfliegen. Eine ganz unwissende Bande, diese Tintenkleckser! Aber diesen blöden Mord könnte sehr wohl einer von ihnen ausgeführt haben, der sich nun obendrein noch einbildet, er würde uns entwischen…»

 
4
     
    Die Voruntersuchung wegen des jähen Ablebens von Marie Morisot fand vier Tage später statt, und der Verhandlungssaal war infolge der ungewöhnlichen Begleitumstände, die die Öffentlichkeit aufhorchen ließen, überfüllt. Als erster Zeuge wurde ein großer, betagter Franzose vernommen: Maître Alexandre Thibault, der das Englische zwar etwas schwerfällig, aber grammatikalisch korrekt sprach.
    Nach den einleitenden Fragen forschte der Vorsitzende: «Sie haben den Leichnam der Verstorbenen in Augenschein genommen. Erkennen Sie die Person?»
    «Gewiss. Es ist meine Klientin Marie Angélique Morisot.»
    «Dieser Name steht auch im Pass. War sie noch unter einem anderen Namen bekannt?»
    «Ja. Als Madame Giselle.»
    Ein Raunen lief durch die Reihen des Publikums, und sensationslüsterne Reporter zückten ihre Schreibstifte.
    «Wollen Sie uns bitte genau darlegen, wer diese Madame Morisot oder Madame Giselle war?», fragte der Vorsitzende.
    «Madame Giselle – ich gebrauche den Namen, unter dem sie ihre Geschäfte tätigte, war eine der bekanntesten Geldverleiherinnen von Paris.»
    «Wo übte sie ihre – Tätigkeit aus?»
    «Rue Joliette 3. Ihre Wohnung befand sich im gleichen Haus.»
    «Die Verstorbene soll häufig Reisen nach England unternommen haben. Geschäftlich?»
    «Ja. Viele ihrer Klienten waren Engländer. Sie gehörten meist der Gesellschaft an, und es handelte sich um Fälle, die äußerste Diskretion erforderten.»
    «Madame Giselle stand also im Ruf strengster Verschwiegenheit?»
    «Ja.»
    «Darf ich fragen, ob Sie in ihre verschiedenen geschäftlichen Transaktionen eingeweiht waren?»
    «Nein. Ich erledigte nur ihre juristischen Angelegenheiten. Die Geschäfte führte Madame Giselle ganz allein – übrigens eine ungemein kluge Frau und im öffentlichen Leben eine sehr bekannte Erscheinung.»
    «War sie Ihrer Ansicht nach zum Zeitpunkt ihres Todes reich?»
    «Sehr reich.»
    «Hatte sie Feinde?»
    «Mir sind keine bekannt.»
    Maître Thibault machte nun Henry Mitchell Platz.
    «Ihr Name ist Henry Charles Mitchell, und Sie wohnen Shoeblack Lane 11, in Wandsworth, ja?», fragte ihn der Vorsitzende.
    «Ja, Sir.»
    «Sie sind Obersteward auf dem Flugzeug ‹Prometheus›, das zu den Universal Airlines gehört und das die Verstorbene am letzten Dienstag benutzte. Waren Sie der Dame bereits früher schon mal begegnet?»
    «Ja, Sir. Vor sechs Monaten auf dem Flug 8 Uhr 45 ab Paris. Sie ist ein- oder zweimal mit dieser Morgenmaschine geflogen.»
    «Haben Sie jemals den Namen Madame Giselle nennen hören?»
    «Nein, Sir.»
    «Bitte schildern Sie die Vorfälle am Dienstag.»
    «Ich hatte das Mittagessen serviert, Sir, und kam mit den Rechnungen. Da ich irrtümlicherweise glaubte, die Dame sei eingeschlafen, störte ich sie nicht, sondern geduldete mich bis fünf Minuten vor der Landung. Dann erst entdeckte ich, dass sie tot oder schwer erkrankt war, und sah mich daher nach einem Arzt um. Dieser sagte…»
    «Halt! Darüber werden wir Dr. Bryant selbst hören. Schauen Sie sich jetzt dies an.» Der Vorsitzende reichte Mitchell das Blasrohr, das dieser nur zimperlich anfasste. «Haben Sie es vorher schon mal gesehen?»
    «Nein, Sir.»
    «Sie sahen es bestimmt nicht in der Hand irgendeines Passagiers?»
    «Bestimmt nicht, Sir.»
    «Albert Davis!», rief der Vorsitzende.
    Der jüngere Steward trat vor.
    «Albert Davis, wohnhaft Barcome Street 23, Croydon, bei den Universal Airlines angestellt, nicht wahr?»
    «Jawohl.»
    «Wann erfuhren Sie zuerst von der Tragödie, die sich am Dienstag auf der ‹Prometheus› zutrug?»
    «Mitchell sagte mir, er fürchte, dass einer der Damen etwas zugestoßen wäre.»
    Jetzt wanderte das Blasrohr zu Davis hinüber, der ebenfalls versicherte, es nie zuvor erblickt zu haben.
    «Gut. Dann können Sie abtreten. Dr. Roger Bryant, bitte.»
    Nachdem der Arzt wie die früheren Zeugen Namen und Adresse genannt hatte, wurde er aufgefordert, zu berichten, was sich an dem betreffenden Dienstag zugetragen hatte.
    «Kurz vor Croydon kam der Obersteward zu mir mit der
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