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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau
Autoren: Susanne Goga
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ich meine, wir
     verstanden uns nicht mehr richtig.«
    »Warum? War eine andere
     Frau im Spiel? Oder ein anderer Mann?«
    Sie wurde ein bisschen rot
     und schüttelte den Kopf. »Nein.
    Aber Carl fing plötzlich
     an, solche eigenartigen Bücher und Zeitungen zu lesen, irgendwelches
     unsinnige Zeug über Germanen und Herrenmenschen und so weiter. Er
     hielt sich plötzlich für was Besseres. Ich habe das nicht
     richtig verstanden.« Sie dachte nach. »Einmal sind wir
     spazieren gegangen, da kam uns eine Familie mit einem schwachsinnigen Kind
     entgegen. Und Carl hat gesagt… wie war das noch … so was gehört
     ausgemerzt und was von schlechtem Blut. Er schien sich richtig zu ekeln.«
    »Und darum haben Sie
     sich von ihm getrennt?«
    »Ja, auch. Er hat nämlich
     nur noch dagesessen und gelesen, ist nicht mehr mit mir ausgegangen, hat
     mir nicht zugehört, keine Blumen mehr mitgebracht.« Sie wirkte
     aufrichtig enttäuscht. »Ich bin ja noch jung. Dafür war
     ich mir zu schade.« Sie besaß eine schlichte Würde, die
     Leo ziemlich überzeugend erschien.
    »Wissen Sie, ob er zu
     einer Vereinigung oder Partei gehörte, zu Versammlungen ging? Kannten
     Sie seine Freunde? Bislang spricht nichts für einen Selbstmord, daher
     richten wir unsere Ermittlungen auf mögliche Feinde.«
    Sie hob die Schultern.
     »Er hat nie etwas darüber erzählt. Wir kannten uns noch
     nicht so lange, ein halbes Jahr. Ach ja, da war so ein Kerl namens Egon,
     den hat er in letzter Zeit öfter erwähnt. Sie sind zusammen
     trinken gegangen und haben politisch geredet.«
    »Wissen Sie seinen
     Familiennamen?«, fragte Leo und holte sein Notizbuch hervor.
    Sie schüttelte den Kopf.
     »Nein, aber er wohnt bei Carl nebenan. Wenn Sie die Nachbarn fragen,
     finden Sie ihn sicher.«
    Leo bedankte sich. Die junge
     Frau blickte besorgt zu der Kassiererin, die unverhohlen herüberstarrte.
    »Fräulein Hagen,
     falls es Missverständnisse geben sollte, rufen Sie mich an.« Er
     legte seine Visitenkarte auf die Theke. »Ich verbürge mich für
     Sie.«
    Sie steckte die Karte ein und
     machte sich daran, in Goldfolie verpackte Schokoladentafeln zu
     symmetrischen Stapeln aufzuschichten.
    *
    Die elegante cremeweiße
     Villa in Dahlem war von hohen alten Bäumen umgeben, deren Laub sich
     rotgolden gefärbt hatte.
    Der würdevolle Diener,
     der Leo und Walther an der Tür empfing, war wie aus dem Ei gepellt.
     Frack, schwarz-gelb gestreifte Weste, blütenweißes Hemd. Er
     meldete sie an, und kurz danach trat Oberstleutnant Ulrich von Mühl
     durch eine hohe Flügeltür ins Empfangszimmer. Seine kerzengerade
     Haltung verriet den ehemaligen Offizier, sein Gesichtsausdruck, dass ihm
     Kriminalbeamte alles andere als willkommen waren. »Ja, bitte?«,
     fragte er kühl.
    »Ich bin Kommissar
     Wechsler, das ist Kriminalsekretär Walther. Wir ermitteln im
     Todesfall Carl Bremer.«
    »Der Name sagt mir
     nichts. Sollte ich den Herrn etwa kennen?« Von Mühl lehnte lässig
     im Türrahmen.
    Leo ließ sich nicht so
     schnell aus der Ruhe bringen. »Wir fanden in seinen Unterlagen ein
     Schreiben von Herrn Eduard von Bauditz, in dem er den Verstorbenen an Sie
     verweist. Und zwar in Ihrer Eigenschaft als sein Stellvertreter bei der
     ›Asgard-Gesellschaft‹.«
    »Es ist korrekt, dass
     ich in seiner Abwesenheit diese Vereinigung leite, aber der Herr, von dem
     Sie sprechen, ist mir gänzlich unbekannt«, erwiderte von Mühl
     und betrachtete gelangweilt seine rechte Hand, an der er einen goldenen
     Siegelring trug.
    »Dürfte ich
     fragen, um was für eine Gesellschaft es sich handelt?«, fragte
     Leo weiter. Er war an den herablassenden Tonfall von Menschen, die sich
     aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung überlegen fühlten,
     gewöhnt und tat sein Bestes, ihm gelassen zu begegnen.
    »Wir beschäftigen
     uns mit der Erforschung des germanischen Erbes in heutiger Zeit. Es
     handelt sich um streng wissenschaftliche Studien.«
    »Wie kommt es dann,
     dass sich ein Ladenangestellter wie Herr Bremer für Ihre Vereinigung
     interessiert und sogar um Aufnahme ersucht hat?«
    Von Mühl zuckte verächtlich
     mit den Schultern. »Vielleicht hat er die Volksausgabe des
     Nibelungenliedes gelesen. Oder die Nordland-Sagen, so etwas gefällt
     einfachen Gemütern.«
    »Ich weiß nicht,
     wie einfach sein Gemüt war«, warf Walther ein, »aber wir
     wissen, dass er mit einer Kopfwunde tot aus dem Landwehrkanal gezogen
     wurde. Wir müssen allen Spuren
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