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Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)

Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)

Titel: Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
Autoren: Emma Goodwyn
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Einstellungsuntersuchung, dass der Stress Ihrer Tätigkeit der Auslöser dafür war und Sie deshalb entschieden, Ihren Posten aufzugeben.“ John nickte und lehnte sich im Sessel zurück.
    „In den letzten Jahren engte sich mein Aufgabengebiet immer mehr ein. Während ich früher Ansprechpartner bei allen möglichen Problemen der Armeeangehörigen war, von Mobbing über Schlafstörungen und Drogenmissbrauch bis zu Beziehungsproblemen, wurde ich in den letzten paar Jahren fast ausschließlich in der Arbeit mit traumatisierten Soldaten eingesetzt. Als die Anti-Terror-Einsätze unserer Streitkräfte zunahmen, gab es immer mehr Männer und Frauen, die bei den Einsätzen Unvorstellbares erlebten. Trotz aller Therapieverfahren, in denen wir ausgebildet wurden, trotz unseres Einsatzes rund um die Uhr, war alles, was wir tun konnten nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
    John holte tief Luft und atmete langsam wieder aus.
    „Ich spürte, wie die Schicksale der meist jungen Leute mich immer mehr belasteten; dazu kam die Hilflosigkeit, weil ich nicht mehr für sie tun konnte. Als ich schließlich zu zweifeln begann, ob unsere militärischen Einsätze wirklich immer sinnvoll sind, wusste ich, ich kann meine Arbeit so nicht weitermachen. Der Gehörsturz hat mir klargemacht, dass ich den Dienst schnellstmöglich quittieren muss, um einen Neuanfang zu machen.“
    Der Arzt öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber John winkte ab. „Ich hatte ja auch großes Glück. Diese Stelle zu bekommen, wieder in England sein zu können, meine Familie wieder öfter als zweimal im Jahr zu sehen… Mir ging es gut, die ersten Monate hier. Aber dieser Todesfall gestern Nacht –“
    „Mackenzie, hören Sie mir zu“, unterbrach der Arzt ihn sanft, aber nachdrücklich.
    „Ich habe Ihre Personalakte gesehen und weiß, dass Sie einen guten und wichtigen Job gemacht haben. Ihre Vorgesetzten hielten große Stücke auf Sie. Aber Sie sind nun mal ein Mensch – und wie bei jedem Menschen sind Ihre Möglichkeiten einfach begrenzt. Ich verstehe, dass das Leiden der anderen irgendwann einfach zu viel wurde. Und nun glaubten Sie, im Tower einen sicheren Hafen gefunden zu haben, wo es endlich nicht mehr um Leben und Tod geht. Da ist es doch nur menschlich, wenn dieser gewaltsame Tod in unserer Mitte Sie aus der Fassung bringt.“ John schüttelte den Kopf.
    „Das allein ist es nicht. Aber, so wie es aussieht, habe ich vielleicht Mitschuld am Tod der jungen Frau.“
     
    Bass erstaunt sah der Arzt ihn an. John schilderte ihm die Geschehnisse des Vorabends. Dabei fiel ihm ein, dass er dem Superintendenten gar nichts von der Gestalt erzählt hatte, die er durch die Water Lane davoneilen gesehen hatte. Schließlich langte er bei der Vermutung Whittingtons an, die Studentin wäre auf dem Weg zum Ausgang getötet worden.
    „Verstehen Sie, Doc, es muss kurz nach 22.00 Uhr passiert sein, als die Gruppe nach dem Zapfenstreich hinausging. Wäre ich schnurstracks zu meinem Posten gegangen, hätte ich den Tatort nur kurz nach ihnen passiert und hätte den Angriff vielleicht verhindern können.“
    „Warten Sie mal. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es so hätte ablaufen können.“, wandte der Arzt kopfschüttelnd ein.
    „Wieso nicht? Wenn das Mädchen sich am Ende der Gruppe befand, während alle dem Ausgang zustrebten, wäre dies doch für den Mörder der geeignete Moment gewesen, zuzuschlagen.“
    „Unsinn. Denken Sie doch nach: Der Wachhabende, der die Gruppe während der Schlüsselzeremonie begleitet, hat strengste Order, beim Verlassen des Towers stets am Ende der Gruppe zu gehen, damit keiner zurückbleibt.“ Aufgeregt sprang John aus dem Sessel.
    „Aber natürlich, Sie haben recht! Dass ich daran nicht gleich gedacht habe. Wenn Conners vorschriftsmäßig beim Hinausgehen die Nachhut gebildet hat, kann der Mord gar nicht zu diesem Zeitpunkt passiert sein! Ich muss sofort mit ihm reden. Tausend Dank, Doc.“ Schon wollte er zur Tür hinaus. Doch der Doktor rief ihn energisch zurück.
    „Stopp! Junger Mann, Sie wissen, dass wir etwas gegen den Tinnitus unternehmen müssen. Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass das Ohrklingeln Sie wieder über Monate begleitet. Also bekommen Sie jetzt erstmal eine Infusion und dann schreibe ich Sie für die nächsten Tage krank.“
    John wusste, dass der Arzt recht hatte und gab sich geschlagen.
     
    Eine Stunde später lauschte er ungeduldig, wie Michael Conners am Tower Green, dem Hinrichtungsplatz innerhalb der
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