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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal
Autoren: Carsten Ness
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Halsschlagader herauspulsierte.
    Doch bevor sich Erleichterung nur im Ansatz entwickeln konnte, sah er, wie Marie mit Mazzomaid kämpfte. Er wollte helfen, wollte seiner Frau beistehen, wollte verhindern, dass auch sie ein Opfer seiner Schande wurde.
    Mit aller Kraft stemmte er sich an dem Eisenträger empor. Er spürte nicht mehr, wie die rostigen Kanten seine Haut durchschnitten. Befahl den geprellten und gequetschten Muskeln, ihre Aufgabe zu erfüllen. Ignorierte die Wunden, aus denen das Blut sickerte. Empfand nicht einmal mehr den Schmerz der bis ins Innere gereizten Augen.
    Als er stand, konnte er seine Arme über den Pfosten heben, und es gelang ihm, zuerst mit dem rechten, dann mit dem linken Bein durch seine mit Handschellen auf dem Rücken gefesselten Arme zu steigen. Die Handschellen schnitten ihm dabei ins Handgelenk, und die überdehnten Schultern sendeten Schmerzsignale, die er nicht wahrnahm. Fast wäre er gestürzt, fast wäre alles aus gewesen. Aber er schaffte es.
    Er sah, wie Mazzomaid seine Frau in der Gewalt hatte. Er sah irgendwelche Männer, die vor den beiden standen. Er versuchte, lautlos zu sein, er musste lautlos sein, um an Mazzomaid heranzukommen. Er musste Marie retten. Sie durfte nicht sterben. Mazzomaid musste sterben. Mazzomaid musste sterben.
    In dem Augenblick, als Mazzomaid mit dem Messer für den Bruchteil einer Sekunde in die Richtung des Gebüschs zeigte, warf Thomas seine Arme über dessen Kopf, riss ihn mit den Handschellen am Hals mit voller Wucht zurück und zog mit aller Kraft seine beiden Hände hinter Mazzomaids Genick zusammen.
    Buhle hatten verfolgt, wie sich der gefolterte Thomas Steyn mühsam an dem Pfosten hochgearbeitet und befreit hatte, um Mazzomaid im richtigen Moment von hinten zu überwältigen. Er stürzte fast gleichzeitig zu Marie und konnte gerade noch verhindern, dass sie ungeschützt auf die Betonplatten fiel. Vorsichtig zog er die blutende und vor Schmerzen stöhnende Frau aus der Gefahrenzone und bettete sie, in seine Jacke gehüllt, unter den Dachüberstand der Baracke.
    Gerhardts und Steffen benötigten einen kurzen Moment, um zu begreifen, dass Thomas Steyn völlig außer Kontrolle geraten war. Wie im Wahn würgte er Mazzomaid mit der Kette der Handschellen.
    Die beiden Polizisten stürzten sich auf die Todfeinde und versuchten sie voneinander zu lösen. Es war ein Ringen um Zentimeter und dauerte mehr als zwei Minuten, bis sie es mit all ihrer Kraft geschafft hatten, Dennis Mazzomaid aus dem Würgegriff von Thomas Steyn zu befreien.
    *
    Christian Buhle hatte, noch während seine Kollegen mit Thomas Steyn kämpften, den Notruf abgesetzt.
    Er hockte mit dem Rücken an die Wand unter dem Dachüberstand gelehnt und legte Maries Kopf auf seinen Oberschenkel. Sie zitterte am ganzen Körper. Die Schnittwunde am Hals war nicht sehr tief. Er drückte sein Taschentuch leicht auf den blutroten Strich und hielt mit der anderen Hand ihren Kopf. Sie sah ihn aus immer noch verzweifelten Augen an, stöhnte aber nicht mehr vor Schmerzen. Die Fraktur am Unterarm hatte er sofort erkannt. Möglicherweise waren auch einzelne Rippen gebrochen.
    »Es ist vorbei, Marie. Mazzomaid ist überwältigt.«
    Marie lag so, dass sie die dramatische Szenerie um ihren Mann und Dennis Mazzomaid nicht sehen konnte. Als sie sich leicht wenden wollte, verhinderte das der Schmerz.
    »Ist …?«
    Christian Buhle legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. »Dein Mann lebt. Bleib jetzt ganz ruhig, der Arzt kommt gleich.«
    Sie schloss die Augen, doch er bemerkte, dass ihre Lider unruhig flatterten.
    Er sah zu, wie sich Paul Gerhardts bemühte, den bewusstlosen Mazzomaid zu reanimieren. Steffen hatte den geschundenen Thomas Steyn in die Jacken von Gerhardts und ihm gehüllt. Danach half er ihm bei der Wiederbelebung. Nachdem es gelungen war, Thomas Steyn von Mazzomaid zu lösen, war Steyn selbst zusammengebrochen und lag nun bewegungslos auf dem Boden.
    Es dauerte nach Buhles Notruf acht Minuten, bis der Rettungshubschrauber auf dem kleinen Platz landete. Wenig später hörte er die Sirenen eines ebenfalls mit einem Notarzt besetzten Rettungswagens. Während er die lebenserhaltenden Maßnahmen der Mediziner und ihrer Assistenten nur wie durch einen Schleier wahrnahm, erschienen die Bilder von Dennis Mazzomaid und Thomas Steyn vor seinem inneren Auge. Nie zuvor hatte er Menschen so hasserfüllt erlebt. Steyns Zustand ließ blanken Wahn erkennen, als er sich trotz der unendlichen Schmerzen, die
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