Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf der Venus

Tod auf der Venus

Titel: Tod auf der Venus
Autoren: Donald A. Wollheim
Vom Netzwerk:
noch nicht. Okay?«
    Trotz ihrer Sehnsucht, aus der Wirklichkeit wieder in das Behagen des Schlafes zu versinken, kämpften sie sich zur Wachheit durch. Sobald sie sich wieder darüber ganz klar waren, daß sie sich auf dem Planeten Venus befanden und um ihr Leben zu klettern hatten, bekamen sie die Dinge wieder in den Griff.
    »Wo ist Carter?« fragte Chet.
    »Ich bin doch eben erst aufgewacht«, beklagte sich Quincy. »Wie soll ich das wissen?«
    Carter war nirgends zu sehen.
    Sein Harnisch lag neben dem Eingang. Von hier aus führte ein mit verschiedenen Ausrüstungsgegenständen markierter Pfad den Weg zurück, den sie am Vortag gekommen waren. Da und dort lag eine Lebensmitteltube, aber immer so, daß die nächste gesehen werden konnte. Sie folgten dieser Spur. Paste, Wasser, ein Handschuh und andere persönliche Besitztümer führten sie zu einer schmalen Felsleiste, die an der breitesten Stelle kaum einen Meter breit war, ihnen aber als Brücke gedient hatte. Links und rechts stürzte der Fels in staubige Tiefen ab. Die Brücke führte zu einem flachen Geländestück und zu einem Tunnel. Direkt in der Mitte der Brücke lagen ein paar von Carters Besitztümern zu einem Haufen aufgetürmt, ganz obenauf die Coveralls.
    Chet und Quincy riefen seinen Namen, so laut sie konnten. Sie stiegen über den kleinen Haufen weg, krochen durch den Tunnel und riefen an dessen Ausgang wiederholt nach ihm. Sie erhielten keine Antwort. Sie wußten beide, was geschehen war. Trotzdem suchten sie noch länger als eine Stunde nach ihm, ehe sie zugaben, daß Carter tot war.
    Langsam und bedrückt kehrten sie zurück. Jedes Stück hoben sie auf, das Carter weggeworfen hatte. Als sie zur Höhle zurückkamen, legten sie alles auf einen Haufen.
    »Dieser Narr, dieser Idiot, dieser elende Dickkopf!« Quincy stampfte wütend in der Höhle herum und schüttelte die Fäuste. Chet sah aber, daß ihm dicke Tränen über die mageren Wangen liefen. Endlich beruhigte er sich ein wenig und weinte nur noch leise vor sich hin.
    »Er dachte, das müßte er für uns tun«, sagte Chet zu ihm.
    »Ja, das weiß ich«, antwortete Quincy. »Deshalb ist es ja so unerträglich. Zugegeben, wir hatten immer unsere Differenzen, aber Himmel noch mal, ich dachte doch, wir würden es entweder alle schaffen – oder keiner.«
    »Mit dir hatte das gar nichts zu tun«, versicherte ihm Chet. »Carter war mit dieser Mission nie sehr glücklich. Da er von Anfang an dagegen war, mußte er irgendwann einmal damit beginnen, sich selbst die Schuld an unseren Schwierigkeiten zu geben.«
    »Es war aber nicht seine Schuld«, wandte Quincy ein.
    »Natürlich nicht. Aber wenn ein Mann erst einmal unter einer so außerordentlichen Belastung zusammenbricht, dann hat das mit Denken gar nichts zu tun. Ich meine, seine Logik sagte ihm, daß er hier nichts zu suchen habe, aber er war ja hier. Dann ließ er sich wohl immer mehr von der Logik wegtreiben, bis er beschloß, sich selbst aus der Geschichte zurückzuziehen.«
    »Mir wäre lieber, er hätte das nicht getan«, erwiderte Quincy nachdrücklich.
    »Das weiß ich«, sagte Chet.
    Mehr war darüber nicht zu sagen, denn kein Reden konnte Carter zurückbringen. Wenn Carters Opfer irgendwie Sinn haben sollte, dann mußten die beiden Überlebenden sofort handeln und sich der Vorräte bedienen, die er ihnen vermacht hatte.
    Sie nahmen also ihren Weg wieder auf.
    Chet fand, daß seine Führerlast leichter war, nachdem er nur noch für Quincy Verantwortung trug. Innerhalb vierundzwanzig Stunden hatte sich die Situation auf sehr subtile Art verändert. Erst war er der eindeutige und verantwortliche Führer gewesen für zwei »jüngere Brüder«; jetzt war Chet zwar noch immer der »ältere Bruder« und Führer, aber sie brauchten einander, und sie arbeiteten eng zusammen. Sie verlangten nun noch mehr von sich selbst als je vorher, aber Quincy drängte nun nicht mehr nach Rekorden. Beide wußten, daß ihr Ziel ein imaginärer Punkt war, der auch nicht besser mit Händen zu greifen war wie der Äquator auf der Erde. Oder der Nordpol. Solche Orte existierten, und wenn man wirklich die Geduld aufbrachte, sie zu suchen, dann konnte man sie finden und wußte es auch, sobald man sie gefunden hatte.
    Ohne daß einer von ihnen drängte, kamen sie sehr schnell vorwärts, kletterten über Grate, krochen durch Tunnels und durchquerten tiefe Rinnen. Je höher sie kletterten, desto reiner wurde die Luft, und sie mußten weniger husten. Noch immer war es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher