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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Hotelzimmer nur unbefriedigend zustande gebracht hatten. Die Opernerektion machte sich im unpassendsten Augenblick bemerkbar, aber Erektionen melden sich, wann sie wollen. Na gut, ich war angetörnt, ging in der Pause auf das WC und holte mir anschließend ein Glas Orangensaft an der Bar. Das elegante Foyer war voller Stimmen und Leute. Ich nahm die Frauen in Augenschein, von denen einige recht attraktiv und gut gekleidet waren, und dachte, dass ich zum ersten Mal  – wenn auch nur für die Dauer der Erektion  – meinen inneren Nörgler vergessen hatte. Mit diesem guten Gefühl schlenderte ich auf die Terrasse hinaus, sah zu, wie die Dämmerung die Stadt in malvenfarbiges Licht hüllte, als ich hinter mir ein verdächtiges Rieseln hörte. Mein linker Schenkel wurde sofort klatschnass. Ich zuckte zusammen, wandte mich um und sah eine schlanke Asiatin, die
mich mit großen, entsetzten Kulleraugen anstarrte. Die junge Frau hielt zugleich eine Clutch, ein Weinglas und einen iPod in der Hand, und beim Jonglieren mit diesen drei Gegenständen war der Inhalt ihres Glases über mein Hosenbein geschwappt.
    Â»Oh!«, sagte ich.
    Â»Oh!«, antwortete die junge Frau in entsetztem Tonfall. »Oh, oh, oh!« Sie stieß diese Ausrufe hervor, wobei sie sich gleichzeitig umsah, einen kleinen Tisch fand, auf den sie ihr Glas stellen und den iPod legen konnte, bevor sie fahrig in ihrer Clutch wühlte und ein blütenweißes Taschentuch zum Vorschein brachte. »Oh, oh, oh!«, stammelte sie unentwegt, packte meinen Jackensaum, zerrte ihn hoch und begann mit dem Taschentuch mein Hosenbein abzutupfen. Ich drehte mich zwei- oder dreimal um die eigene Achse, um ihrem Griff zu entkommen, der unerwartet fest war, sodass ich sie einfach hinter mir herzog.
    Â»Ach, lassen Sie das nur … es macht doch nichts …«
    Â» I am sorry «, keuchte sie. »Es ist mir ja so peinlich«, setzte sie auf Deutsch hinzu, wobei sie sich weiterhin mit meinem Hosenbein befasste.
    Die Sache war unerwartet pikant. Ich begann mich zu amüsieren.
    Â»Wirklich, machen Sie sich keine Sorgen«, sagte ich.
    Sie blickte erschrocken zu mir empor.
    Â»Ist es Ihnen nicht … unangenehm?«
    Â»Es klebt ein bisschen.«
    Sie schlug die Hand vor den Mund.
    Â»Wie entsetzlich!«
    Ich blinzelte ihr zu.
    Â»Es könnte schlimmer sein.«
    Sie wedelte hektisch mit dem Taschentuch, das inzwischen unschöne rote Flecken aufwies.

    Â»Bitte, entschuldigen Sie … Ich … ich könnte im Erdboden versinken!«
    Â»Dazu besteht kein Anlass«, erwiderte ich. »Zum Glück ist der Anzug ja schwarz.«
    Â»Anthrazit«, murmelte sie.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Die Farbe, meine ich.«
    Â»Da haben Sie aber gute Augen. Bei dieser Beleuchtung!«
    Â»Oh!«
    Sie wich einen Schritt zurück. Wir starrten einander an, bevor wir, von der Komik der Situation gepackt, in unwiderstehliches Gelächter ausbrachen.
    Â»Ich sollte eigentlich nicht lachen«, sagte die junge Frau, als sie wieder zu Atem kam. »Ich bin so ungeschickt, ich war es schon immer …«
    Ich tröstete sie.
    Â»Sie sehen aber gar nicht so aus.«
    Â»Oh, doch!«, seufzte sie.
    Das Klingelzeichen ertönte. Schon zum zweiten Mal, fiel mir plötzlich auf. Die Leute verließen das Foyer, um ihre Plätze wieder einzunehmen. Unwillkürlich folgten wir dem Strom. Seit einigen Augenblicken beschäftigte mich die Frage, ob die junge Asiatin wohl in Begleitung war. Unvermeidlich hatten hübsche Frauen ein männliches Wesen im Schlepptau, das ungeduldig auf sie wartete. (Wo warst du denn die ganze Zeit?) Doch nein  – offenbar war sie allein. Ich nahm meine Chance aber erst wahr, als ich merkte, dass sie nach rechts ging und ich nach links. Dabei warf sie mir einen zerknirschten Blick zu, zog eine komische kleine Grimasse, als ob sie sich ein Lächeln verbiss. Buchstäblich in letzter Sekunde brachte ich es fertig, sie zu fragen, ob ich sie nach der Vorstellung zu einem Drink würde einladen dürfen. Worauf sie ruckartig stehen blieb.

    Â»Oh! Ich wusste einfach nicht, wie ich es Ihnen sagen könnte… Ich möchte selbstverständlich für den Schaden aufkommen.«
    Â»Für welchen Schaden?«
    Â»Für die Hose, meine ich. Ich möchte gerne die Reinigung bezahlen. Ist es immer noch sehr unangenehm?«
    Â»Noch etwas nass«,
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