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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman
Autoren: Kathryn Smith
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erklären können, aber das hier nicht. »Ich muss los.«
    Die gruselige Vampir-Jägerin schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen Ort, an dem ich dich nicht finden könnte.«
    Irgendwo weit weg hörte ich ein vertrautes Klingeln, das mich ärgerlich und froh zugleich stimmte. Mein Wecker? »Da täuschst du dich«, erwiderte ich. »Ich kann aufwachen.«
    Und das tat ich.
    Ich drückte die Schlummertaste, um mir noch fünf Minuten zu gönnen, hatte aber nicht vor, noch einmal einzuschlafen. Ich lag einfach da, starrte an die weiße Decke über mir und dachte über den Traum nach, der bereits wieder verblasste. Doch die verschwimmenden Erinnerungsfetzen beruhigten mich nicht.
    Schlechte Träume kehrten stets zurück.
     
    Am nächsten Abend saß ich mit einem laut schnurrenden Fudge auf dem Sofa und sah fern, als Punkt 22:01 Uhr das Telefon klingelte. Ich brauchte nicht erst auf die Rufnummeranzeige zu sehen, ich wusste auch so, wer es war. Ivy. Ich hatte sie von der Arbeit aus angerufen, aber nur ihren Anrufbeantworter erreicht. Hätte ich doch bloß keine Nachricht hinterlassen.
    Ich hatte gute Lust, nicht dranzugehen. Doch sie war meine Schwester, und außerdem packte mich jedes Mal die Angst, dass sie vielleicht anrief, um mir zu erzählen, dass sich Moms Zustand geändert hatte – zum Besseren oder zum Schlechteren.
    Und so hob ich den Hörer von meinem Telefon im Lippen-Design ab und holte tief Luft.
    »Hi, Ivy.«
    »Dawnie, Gott sei Dank, du bist zu Hause.«
    Sie klang völlig aufgelöst, und sofort plagten mich Schuldgefühle. »Was ist passiert? Alles in Ordnung mit Mom?«
    »Es würde ihr bessergehen, wenn sie alle ihre Kinder um sich hätte.«
    Klar.
»Hat sie das gesagt?« Das war natürlich nur eine billige Retourkutsche, denn Mom hatte seit Ewigkeiten kein Wort zu niemandem mehr gesagt.
    Ivy seufzte in den Hörer, und zwar laut. Sicherlich hatten das gerade eine Million weiterer Märtyrer auf der ganzen Welt gehört, die nun voller Mitleid die Köpfe schüttelten.
    »Nein, hat sie nicht, und das weißt du genau.«
    »Woher willst du dann wissen, was sie glücklich machen würde? Vielleicht ist sie ja glücklich, so wie es ist.« Um ehrlich zu sein, wusste ich ziemlich genau, dass dem so war.
    »Oh, Dawn.«
    Okay, mit dem Seufzen konnte ich umgehen – das war melodramatisch und manipulativ. Doch die Enttäuschung in ihrer Stimme konnte ich nicht so leicht abschütteln. Sie war immerhin meine älteste Schwester, und ich habe mein halbes Leben damit zugebracht, ihrem Beispiel zu folgen. Einem Beispiel, dem ich ihrer Ansicht nach offensichtlich
nicht
genügte.
    »Sieh mal, Ivy, solange sich ihr Zustand nicht irgendwie ändert, wüsste ich nicht, was ich zu Hause soll.« Meine Mutter würde sowieso nicht mitbekommen, wenn ich da war – zumindest nicht in der realen Welt.
    »Sie würde wissen, dass sie die Familie um sich hat.«
    »Glaubst du, es würde Mom gefallen, wenn ich hier alles stehen und liegen lasse und mich an ihr Bett hocke?« Mit Sicherheit nicht. Meine Mutter hatte immer sehr großen Wert darauf gelegt – und das tat sie immer noch –, dass wir unsere persönlichen Ziele erreichten und unsere Träume verfolgten, und das meine ich nicht als Wortspiel. Es würde ihr ganz und gar nicht gefallen, wenn ich trübsinnig an ihrem Bett hockte, als wäre sie eine Leiche. Vor allem nicht, weil ich die Wahrheit kannte.
    »Es hat aber auch keinen Sinn, dass du dich ständig rechtfertigst, Dawnie.«
    »Ich weiß, und nenn mich nicht Dawnie.« Ich hasste es, wenn sie mit mir wie mit einem kleinen Kind sprach. Ich hasste es auch, wenn sie sich als Hobbypsychologin an mir versuchte. Ich war schließlich diejenige mit dem Doktortitel, verdammt.
    Ich konnte Bettnässern oder Alptraumgeplagten helfen, konnte sie beruhigen, wenn sie Angst vor dem Einschlafen hatten. Meine eigene Mutter aber konnte ich nicht zum Aufwachen bewegen. Nicht etwa, weil ich es nicht versucht hätte, sondern weil Mom nicht in diese Welt zurückkehren wollte. Der einzige Weg, über den ich sie möglicherweise erreichen könnte, bestand darin, ihr in die Traumwelt zu folgen. Doch lieber fraß ich Scherben, als das zu tun. Sie aufzuwecken, würde bedeuten, anzuerkennen, was sie getan hatte.
    »Ich kann nicht kommen«, sagte ich. »Ich habe nicht genug Urlaub.«
Mom kann von mir aus verrotten
!
    »Auch nicht übers Wochenende?«
    Wozu? Um Mom beim Schlafen zuzusehen? »Das wäre ein sehr teures Wochenende, Ivy.«
    »Das kannst du dir als
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