Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
oder Frau oder Tier oder Gott, verfügten über genügend Technologie, um sein Schiff festzuhalten. Suzdal erkannte seinen Fehler sofort. Natürlich dachte er daran, sich und das Schiff zu zerstören, aber er hatte Angst, wenn er sich zerstörte und das Schiff dabei nicht ganz zerstörte, daß vielleicht die Gefahr bestand, daß sein Kreuzer, ein ganz neues Modell mit den neuesten Waffen, in die Hände derer fiel, die jetzt auf der Außenkuppel seines Kreuzers herumgingen. Er konnte das Risiko bloßen persönlichen Selbstmords nicht eingehen. Er mußte einen drastischeren Schritt tun. Jetzt war nicht die Zeit, den Regeln der Erde zu gehorchen.
    Sein Sicherheitsoffizier – ein Würfelgeist, der zu menschlicher Gestalt erwacht war – flüsterte ihm in schnellen Worten die ganze Geschichte zu:
    »Es sind Menschen, Sir. Mehr Mensch, als ich das bin.
    Ich bin ein Gespenst, ein Echo, das aus einem toten Gehirn widerhallt.
    Dies sind wirkliche Menschen, Commander Suzdal, aber es sind die schlimmsten Menschen, die man je zwischen den Sternen losgelassen hat. Sie müssen sie vernichten, Sir!«
    »Ich kann nicht!« sagte Suzdal, der immer noch versuchte, ganz wach zu werden. »Es sind Menschen.«
    »Dann müssen Sie sie abwehren! Mit allen Mitteln, Sir! Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln! Retten Sie die Erde! Halten Sie sie auf! Warnen Sie die Erde!«
    »Und ich?« fragte Suzdal und bedauerte es sofort, daß er die selbstsüchtige, persönliche Frage gestellt hatte.
    »Sie werden sterben, oder man wird Sie bestrafen«, sagte der Sicherheitsoffizier mitfühlend. »Und ich weiß nicht, welches von beiden schlimmer sein wird.«
    »Jetzt?«
    »Jetzt gleich? Es bleibt Ihnen keine Zeit mehr. Überhaupt keine Zeit.«
    »Aber die Regeln…?«
    »Sie sind bereits weit über die Regeln hinausgegangen.«
    Es gab Regeln, aber Suzdal ließ sie weit hinter sich.
    Regeln, Regeln für gewöhnliche Zeiten, für gewöhnliche Orte, für verständliche Gefahren.
    Dies war ein Alptraum, den das Fleisch des Menschen erzeugt hatte, den das Gehirn des Menschen inszeniert hatte. Schon verkündeten ihm seine Monitore, wer diese Menschen waren, diese scheinbaren Irren, diese Männer, die nie Frauen gekannt hatten, diese Knaben, die mit Kampf und Streit herangewachsen waren, die eine Familienstruktur besaßen, die das normale menschliche Gehirn nicht akzeptieren, nicht glauben, nicht ertragen konnte. Diese Geschöpfe draußen waren Menschen und waren es doch nicht. Diese Geschöpfe draußen besaßen das menschliche Gehirn, die menschliche Fantasie und die menschliche Fähigkeit zur Rache. Und doch empfand Suzdal, ein tapferer Offizier, solche Furcht vor ihnen, vor dem, was sie waren, daß er nicht auf ihre Versuche einging, mit ihnen Verbindung aufzunehmen.
    Er spürte, wie die Schildkrötenfrauen seiner Mannschaft vor Angst zitterten, als sie begriffen, wer an ihr Schiff pochte, und wer es war, der vermittels lauter Maschinen sang, daß sie herein, herein, herein wollten.
    Suzdal beging ein Verbrechen. Es ist der Stolz der Instrumentalität, daß sie es ihren Offizieren gestattet, Verbrechen zu begehen oder Fehler oder Selbstmord. Die Instrumentalität tut Dinge für die Menschheit, zu denen ein Computer nicht imstande ist. Die Instrumentalität läßt das menschliche Gehirn, die menschliche Wahlfreiheit bestehen.
    Die Instrumentalität vermittelt finsteres Wissen an ihre Angehörigen, Dinge, die man auf der bewohnten Welt gewöhnlich nicht begreift, Dinge, die gewöhnlichen Männern und Frauen verboten sind, und sie tut das, weil die Beamten der Instrumentalität, die Kapitäne und die Chefs und Subchefs ihre Aufgabe kennen müssen. Wenn sie das nicht tun, könnte die ganze Menschheit zugrunde gehen.
    Suzdal griff in sein Arsenal. Er wußte, was er tat. Der größere Mond von Arachosia war bewohnbar. Er stellte fest, daß es auf ihm bereits Erdpflanzen gab und Erdinsekten. Seine Monitore zeigten ihm, daß die arachosianischen Männer-Frauen sich nicht die Mühe gemacht hatten, den Himmelskörper zu besiedeln. Er schleuderte seinen Computern eine vom Schmerz gepeinigte Frage zu und schrie hinaus:
    »Lies mir sein Alter vor!«
    Und die Maschine tönte zurück: »Mehr als dreißig Millionen. Jahre.«
    Suzdal verfügte über Ressourcen besonderer Art. Er hatte Zwillinge oder Vierlinge von fast jedem Lebewesen der Erde. Diese Lebewesen wurden in winzigen Kapseln befördert, die nicht größer als eine Medizinkapsel waren. Und sie bestanden aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher