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Titan 18

Titan 18

Titel: Titan 18
Autoren: Brain W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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Zivilisten.
    »Nun, Mr. Berkeley, jetzt haben wir den Globus geviertelt. Wir haben keine Anzeichen von Zivilisation ausmachen können.«
    »Und von den Kanälen halten Sie nichts, Captain?« fragte Berkeley mehr wie aus Neugierde, als um dem anderen zu widersprechen.
    »Ich kann nichts von ihnen halten«, antwortete der Kapitän entschieden. »Wir haben auf dem ganzen Planeten keine Gebäude, ja nicht einmal Ruinen gesehen, überhaupt keine Hinweise, daß hier Intelligenz existiert.«
    »Ich sehe gerade Linien, die über die halbe Länge einer Welt verlaufen, schon das ist ein Hinweis auf etwas, Sir.« Das war eine Feststellung ohne jede Emphase.
    Argumente! Einwände! Kleine Männer, die sich aufblasen müssen, um Bedeutung zu gewinnen – und damit die historische Bedeutung des Augenblicks zerstören. Aber ganz ruhig jetzt. Es durfte keine Erinnerung an kleinliche Konflikte geben.
    »Wo sind ihre Bauten, Mr. Berkeley?« fragte er mit geduldiger Toleranz. »Wo ihre Fabriken? Der Rauch ihrer Fabriken? Die Straßen? Die Transporteinrichtungen? Wo sind die Flugzeuge? Selbst diese dünne Luft würde eine schnelle Düsenmaschine tragen. Ich verlange nicht, daß sie Raumschiffe haben, Mr. Berkeley, nur um ihnen Intelligenz zuzubilligen. Ich verlange nicht, daß sie dem Menschen gleich sind. Ich habe auch eine wissenschaftliche Ausbildung erfahren. Und meine Ausbildung sagt mir, daß ich nicht die Existenz von etwas anerkennen kann, auf das es keinerlei Hinweise gibt.«
    »Die Kanäle«, antwortete Berkeley. Auch seine Stimme war kontrolliert, weil auch er um die historische Bedeutung des Augenblicks wußte. Aber seine Sorge galt nicht seinem Namen in den Geschichtsbüchern. Er wußte nur zu gut, was die Leute, die die Geschichtsbücher schrieben, um der Zweckmäßigkeit willen mit Individuen anstellten. Seine Sorge war, daß dieser Augenblick nie ein Augenblick tiefster Scham für den Menschen sein durfte. »Vielleicht haben sie keine Bauten und keinen Fabrikrauch, weil sie sie nicht brauchen. Vielleicht haben sie keine Straßen, weil sie nirgendwohin gehen wollen. Vielleicht ist ihr Begriff vom Leben völlig anders als der unsere.«
    Griswold zuckte die Achseln. »Wir sprechen eine völlig unterschiedliche Sprache, Mr. Berkeley.«
    »Ich fürchte, da haben Sie recht, Captain«, seufzte Berkeley. »Und das könnte sehr tragisch sein. Erinnern Sie sich bitte, daß der europäische Mensch eine völlig andere Sprache als die amerikanischen Indianer, die Majas, die Polynesier, die Afrikaner und die Indonesier sprach …« Er hielt inne, als wäre die Liste endlos. »Ich bitte nur darum, daß wir nicht in unserer Hast wieder dieselben Fehler machen.«
    »Wir können nicht ewig über dem Planeten schweben«, sagte Griswold gereizt. »Wir haben den Planeten zweimal umkreist. Die anderen Experten drängen zur Landung, damit sie ihre Arbeit beginnen können. Wir haben nach Ihrer Zivilisation gesucht und sie nicht gefunden.«
    »Ich ziehe alle Einwände gegen die Landung zurück, Captain. Sie haben völlig recht. Wir müssen landen.«
    Das Interkom an der Wand erwachte krächzend zum Leben.
    »Beobachtung an Kontrolle. Beobachtung an Kontrolle. Kanalnetz bildet vor uns Kreuzung.«
    »Vorbereiten zur Landung, Lieutenant Atkinson«, befahl Griswold scharf. »An der Kreuzung.« Er drehte sich um und blickte auf den Bildschirm. »Dort, Mr. Berkeley, genau vor uns, ein Dutzend – wenigstens ein Dutzend Ihrer Kanäle, die sich an einem Punkt treffen. Wenn es überhaupt eine Zivilisation gäbe, würden Sie die ganz sicher an einem solchen Punkt finden.« Langsam und sorgfältig konstruierte er die Seiten der Geschichte. »Ich wünsche nicht, daß man je auch nur andeutungsweise glaubt, der Kommandant dieses Schiffes oder irgendein Angehöriger seiner Mannschaft hätte es je versäumt, mit der wissenschaftlichen Autorität an Bord zu kooperieren.«
    »Das weiß ich, Captain«, antwortete Berkeley. »Und ich stimme Ihnen zu. Die Kreuzung also.«
    Servomechanismen seufzten, unerträglich heiße, blaue Flammen zuckten, und das Schiff stand bewegungslos über der Kreuzung der Kanäle. Behäbig langsam sank es herunter; getragen von den Flammensäulen aus seinem Heck, direkt über der Kreuzung, zerschmolz den Sand in den Kanälen zu Glas und ließ ihre Wände unter der Gewalt des sich ausdehnenden Dampfes explodieren. In ihren warmen und geschützten Bauten neben den Kanälen schlossen sich die Nasenschlitze, zogen sich die Augen zusammen,
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