Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiere

Tiere

Titel: Tiere
Autoren: Simon Beckett
Vom Netzwerk:
Mal begannen wir wieder zu lachen.
    Ich fühlte mich total wohl und war glücklich. Da saß ich mit Cheryl im Wohnzimmer, und wir lachten beide wie die Leute in der Werbung. Es war großartig. Jetzt war ich froh, dass Karen und Pete verschwunden waren, und es war mir überhaupt nicht mehr peinlich, dass wir allein waren. Dann guckte Cheryl zum Fernseher und sagte: «Ich weiß nicht, wie die so etwas tun können.»
    Durch die Rapidos und so hatte ich das Video total vergessen. Als ich auf den Bildschirm schaute, erkannte ich kaum etwas, weil meine Augen nicht mehr scharf sehen konnten. Aber da klar war, dass die Leute immer noch unanständig waren, fragte ich: «Soll ich es ausmachen?»
    «Nein, schon in Ordnung», sagte sie. «Es macht mir nichts aus. Ich kann nur nicht verstehen, wie jemand so etwas vor der Kamera tun kann. Man würde doch meinen, dass denen die Lust vergeht, wenn ihnen jemand zuschaut, oder?»
    Ich sagte ja. Ich war ein bisschen überrascht, dass ich das Video nicht ausschalten soll, aber während ich noch versuchte, mir daraus einen Reim zu machen, hörte der Film auf. Das war mir eigentlich ganz recht, aber ohne ihn schien es plötzlich total still zu sein. Ich fragte sie, ob sie ein anderes Video sehen will, aber sie meinte: «Nein, muss nicht sein. Wenn man einen gesehen hat, kennt man alle, oder?» Zuerst fand ich ihre Meinung ein bisschen komisch, denn ein Western ist schließlich etwas ganz anderes als
Star Wars
oder so. Dann wurde mir klar, dass sie unanständige Filme gemeint haben muss, und fühlte mich schlecht, denn ich wollte nicht, dass sie denkt, ich hätte mehr als einen. Das wollte ich ihr erzählen, aber da lächelte sie mich nett, aber auch irgendwie komisch an und sagte: «Und, was machen wir jetzt?»
    Mir fiel nichts ein. «Lust auf einen Hotdog?», fragte ich, und sie kicherte und meinte: «O ja, die Masche kenne ich.» Sie guckte mich total seltsam an und sprach auch wieder so undeutlich wie vorhin, als ihr übel geworden war. Ich hoffte, dass sie sich nicht wieder übergeben muss. «Wel che Masche?», fragte ich, und sie sah mich ein bisschen enttäuscht an und meinte: «Egal.»
    Ich machte den Fernseher aus. Danach kam es mir so dunkel im Zimmer vor, dass ich die Vorhänge aufzog. Mir brummte der Schädel, und ich ging schnell zurück zum Sofa. «Das ist unfair», sagte sie, «da kriegst du allein die ganze Sonne ab.» Sie hatte recht, denn das Sofa stand genau vordem Fenster. «Willst du die Plätze tauschen?», fragte ich, aber sie meinte: «Schon gut, da ist Platz für uns beide», und dann kam sie rüber.
    Sie setzte sich so nah, dass sie mich fast berührte. «Das ist schön», sagte sie, legte den Kopf zurück und machte die Augen zu. Es war wirklich schön. Wir saßen da, als wäre es unsere Wohnung und wir wären verheiratet oder so. Dann machte sie die Augen wieder auf und sah, dass ich sie angucke, obwohl ich so schnell, wie ich konnte, wegschaute.
    «Was ist los?», meinte sie. Sie hatte wieder dieses komische Lächeln aufgesetzt.
    «Nichts», sagte ich.
    «Warum bist du so nervös?», fragte sie. Ich wusste nicht, was ich sagen soll, und meinte nur: «Bin ich nicht.»
    «Doch, bist du», sagte sie. «Musst du aber nicht.» Ich guckte auf meine Hände, wusste aber, dass sie mich anschaut. Ich konnte kaum noch still sitzen. «Wie lange wohnst du hier schon alleine?», fragte sie.
    Das war das zweite Mal in zwei Tagen, dass mir jemand diese Frage stellte. Es brachte mich total durcheinander. «Ungefähr drei Jahre», sagte ich. Ich konnte immer noch ihren Blick spüren.
    «Fühlst du dich nicht einsam?», fragte sie.
    «Nein», sagte ich.
    «Überhaupt nicht?», meinte sie, und ich schüttelte den Kopf. Ich wünschte, sie würde nicht weiter darüber reden. «Aber ist es nachts nicht ein bisschen unheimlich?», fragte sie, und ich sagte: «Nein.» Ich rede nicht gerne über solche Dinge, und ich muss ein bisschen genervt gewirkt haben, denn sie meinte: «Es ist ja ganz nett hier und so. Nur ein bisschen   … ruhig.»
    «Das macht mir nichts. Ich mag es ruhig», sagte ich, und sie meinte: «Ja, aber du triffst nie andere Leute.»
    «Doch, ich treffe eine Menge Leute», sagte ich. Das stimmt auch. Da gibt es Willy im Laden, die Leute im Imbiss und der Zeitungshändler, den ich nicht mag. Und die ganzen Leute bei der Arbeit. Man kann also echt nicht sagen, dass ich keine Leute treffe.
    Eine Weile sagte Cheryl nichts. Dann rückte sie ein Stückchen näher und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher