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Tiere

Tiere

Titel: Tiere
Autoren: Simon Beckett
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meinte: «Und was ist mit einer Freundin?»
    «Was?», fragte ich.
    «Eine Freundin», meinte sie. «Hast du schon mal eine gehabt?»
    Ich wusste nicht, was ich sagen soll. Ich hatte Angst, dass sie mich so nennt, wie Pete mich genannt hat.
    «Komm schon», sagte sie. «Mir kannst du es erzählen.»
    Das wollte ich auch, ich wollte nur nicht, dass sie denkt, ich wäre komisch oder so. «Keine richtige», sagte ich.
    «Was meinst du damit, keine richtige?», fragte sie. Ich schaute sie an, um zu gucken, ob sie lacht. Machte sie aber nicht. Sie hatte sich zu mir gedreht und ein Bein aufs Sofa gelegt, das fast meins berührte. Ich spürte, wie heiß es in der Sonne geworden war, und da wurde mir selbst heiß. Ich fühlte mich total verschwitzt.
    «Eine Frau, die hier gearbeitet hat», sagte ich. «Was, eine Kellnerin?», fragte sie. Ich kam total durcheinander. «Nein», sagte ich. «Was dann?», fragte sie, und ich hatte wieder das Gefühl, völlig neben mir zu stehen und einem Fremden zuzuschauen und zuzuhören. «Eine Stripperin», sagte ich.
    «Ihr hattet Stripperinnen hier?», meinte Cheryl grinsend. «Dann hatte Pete also doch recht damit, dass es so eine Art Puff war?»
    «Nein!», sagte ich. «Das stimmt nicht, so war es nicht!», und sie hörte auf zu grinsen.
    «Schon gut, Nigel, tut mir leid», sagte sie. «Das wollte ich nicht.» Sie war weggerückt, als hätte sie Angst vor mir oder so, was blöd war, und ich fühlte mich echt schlecht. Ich sagte: «Tut mir leid, ich wollte nicht laut werden», und sie meinte: «Schon gut, ich hätte das nicht sagen sollen.» Dann lächelte sie und sagte: «Ich glaube, wir sollten noch einen Rapido trinken», und so machte ich uns welche und tat dieses Mal auch Tequila in meinen.
    «Dann bist du also mit einer Stripperin zusammen gewesen?», meinte Cheryl, nachdem wir ausgetrunken hatten. «Du bist echt ein stilles Wasser, oder?»
    «Ich bin eigentlich nicht mit ihr zusammen gewesen», sagte ich. Ich wünschte, es wäre so gewesen, denn sie sah beeindruckt aus und überhaupt nicht geschockt. Aber ich konnte sie nicht anlügen. «Eine von ihnen war echt nett, ganz anders als die anderen», sagte ich und erzählte, wie Maureen mich immer ihren Freund genannt hatte.
    Cheryl schaute mich an, als würde sie erwarten, dass ich noch mehr zu erzählen hatte oder so, und als ich nichts mehr sagte, meinte sie: «Und deswegen war sie deine Freundin?»
    Ich nickte. Nachdem ich es erzählt hatte, kam es mir auch ein bisschen blöd vor. Aber Cheryl lachte nicht.
    «Hast du sie mal geküsst?», fragte sie. Ich schüttelte den Kopf und spürte, wie ich rot wurde. «Hast du ihr gerne dabei zugeschaut, wenn sie sich ausgezogen hat?»
    «Ich habe ihr nie zugeschaut», sagte ich. Ich wollte nicht, dass sie einen falschen Eindruck bekommt. «Ich habe keiner von den Frauen zugeschaut.»
    «Was, nie?», fragte sie. «Warum nicht?»
    Fast hätte ich gesagt: «Weil meine Mama es nicht erlaubt hat», aber dann hätte ich ein bisschen blöd ausgesehen, deshalb sagte ich: «Es hätte meiner Mama nicht gefallen.» Aber das klang auch nicht viel besser.
    «Hat deiner Mutter das mit den Stripperinnen denn sonst gefallen?», fragte Cheryl. Sie sprach noch undeutlicher als vorher.
    «Nein», sagte ich.
    «Warum nicht?», meinte sie. «Es ist doch nichts Falsches daran, wenn man einer Frau dabei zusehen will, wie sie sich auszieht. Das ist etwas ganz Natürliches.» Sie hatte eine Hand auf meinen Arm gelegt. Es gefiel mir, es machte mich aber auch ein bisschen verlegen.
    «Das hat mein Papa auch gesagt», erzählte ich ihr. «Er meinte, es wäre nur ein bisschen Spaß, aber das wollte meine Mama nicht hören. Doch sie hatte keine andere Wahl, denn es kamen immer weniger Gäste.» Mir war klar, dass ich den Mund halten und über etwas anderes reden sollte, aber ich konnte nicht. Ich hatte diese Sachen noch nie jemandem erzählt. Ich hätte auch gar nicht gewusst, wem. Aber Cheryl hörte richtig zu, als wäre sie total interessiert. Ich wollte es ihr erzählen, selbst wenn es mich traurig machte.
    Also erzählte ich von den geschlossenen Veranstaltungen. Wie sie anfingen und so weiter. Cheryl sagte nichts, außer «Schlechte Manieren», als sie einmal rülpste. Ich erzählte ihr, wie meine Mama immer sauer wurde und wie mein Papa mit den Gästen immer mehr zu trinken begann. Und dann kam ich an die Stelle, wo mein Papa von der Polizei verwarnt wurde, und hörte auf. Über das, was danach kam, wollte ich
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