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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Autoren: Roman Rausch
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rufen.
    »Wir brauchen Sergej nicht«, setzte sie an, »weil Sergej …« Schüsse vom Oberdeck schnitten ihr den Satz ab. Der Hüne rannte zur Treppe, um zu sehen, was draußen los war. Galina wurde unruhig und drängte auf einen schnellen Abschluss.
    »Also, was ist jetzt? Wollen Sie kaufen?«
    Kilian überlegte. Wieso brauchen wir Sergej nicht? Ohne ihn war bisher kein Deal über die Bühne gegangen. Oder hatte Pendini ihm veraltete Informationen gegeben?
    »Kaufen oder nicht?«, drängte Galina.
    Langsam ging ihm ein Licht auf. Sergej, Krim, Potsdam, Ingenieur, Raketen, Kuba, Galina.
    »Klar. Wir brauchen Sergej nicht zu rufen«, kombinierte er und ging auf sie zu, »weil Sergej schon da ist.«
    Er zeigte mit dem Finger auf sie und schüttelte verwundert den Kopf.
    »Dass ich das nicht schon früher geschnallt habe …«
    Galina starrte in seine Augen. Die Legende Sergej war tot. Alle würden sie jetzt jagen. Und Kilian wusste das.
    Der Hüne fiel rücklings die Treppe herunter. Schüsse folgten ihm und fanden ihren tausendfachen Hall in den kahlen Wänden aus verrostetem Stahl. Aus seiner Brust rann Blut. Dennoch besaß er so viel Kraft, um Galina etwas auf Russisch zuzurufen.
    Galina legte ihre Arme um Kilian und flüsterte ihm ins Ohr:
    »Es hätte schön werden können mit uns beiden.«
    Kilian erhoffte sich einen letzten Kuss, bevor der anrückende Pendini sie trennen würde. Er bekam ihn auch. Und ein zweites Abschiedsgeschenk noch dazu. Ein Tritt zwischen die Beine schickte ihn zu Boden.
    »Du mieses Stück Scheiße!«, schrie sie ihn an. »Ich werde dich zermalmen wie eine dreckige Laus. Verlass dich drauf. Du bist tot.«
    Sie unterschrieb das Versprechen mit einem weiteren Fußtritt und noch einem, bis er zusammengekrümmt keine Angriffsfläche mehr bot.
    Galina schwang sich auf das Boot, zündete die Motoren und eine vorbereitete Ladung am Ende der Rampe, auf der das Boot stand. Zeitgleich rissen mehrere Explosionen ein Loch in die Außenwand des Containerraumes. Der Motor heulte auf, und das Boot wurde auf die gesprengte Öffnung geschleudert und verschwand dahinter.
    Kilian rappelte sich hoch. Er hörte das Aufklatschen des Bootes im Wasser und sah, wie Galina es am Pier vorbei aufs offene Meer zusteuerte. Pendini und zwei Carabinieri kamen hinzu.
    »Kiliano? Cos’ è succeso?«, fragte ihn Pendini aufgeregt. Kilian antwortete nicht. Er stand an der Öffnung in der Außenwand und verfolgte mit seinem Blick, wie Galina, am Steuer stehend, auf die Hafeneinmündung zuhielt. Vielleicht noch fünfzig Meter, dann wäre sie in Sicherheit. Er entriss dem Carabiniere das Gewehr und suchte in der Zieleinrichtung.
    Wellen, Boote, Mondlicht. Da hatte er sie. Galina. Genau im Fadenkreuz. Noch wenige Meter, dann wäre sie weg, hinter der Hafenabgrenzung verschwunden.
    Sein Finger suchte den Widerstand am Abzugshebel. Er drückte leicht durch, bis er ihn fühlte. Jetzt Ruhe bewahren und leicht durchziehen. Er hatte Galinas Rücken, ihre braunen Schulterblätter genau im Fadenkreuz. Sie war bereits an der Hafenmauer, schlug das Steuer ein und drehte ab.
    »Los, drück ab!«, schrie ihn Pendini an.
    Sein Finger ruhte noch immer am Widerstand des Abzughebels. Jetzt war es so weit.
    Unerwartet drehte sich Galina um. Sie schien ihm direkt ins Auge zu schauen und lächelte.
    »Drück endlich ab!«, hörte er Pendini von weit entfernt rufen.
    *
    Schröder und Pendini stritten laut miteinander. Stühle fielen zu Boden, Fäuste krachten auf den Tisch, Türen schlugen. Bis in die Dusche konnte Kilian es hören. Alles, was Pendini für seinen Freund vorbringen konnte, Schröder tat es ab. Irgendwann gingen Pendini die mühseligen Erklärungen aus, und es wurde still.
    Kilian trat aus der Dusche und rubbelte sich trocken. Entlang seiner Seite, an Hüfte und Brust hatten sich Blutergüsse gebildet. Sein linker Oberarm war angeschwollen. Er hob ihn vorsichtig an, um zu prüfen, ob er sich etwas gerissen hatte. Bis auf Höhe der Schulter gelang es ihm, dann wurde der Schmerz zu groß, und er senkte ihn wieder. Nettes Abschiedsgeschenk, dachte Kilian. Erstaunlich, welche Kraft eine so zierliche Person entwickeln kann, wenn sie sich hintergangen fühlt. Was für eine Kraft würde Galina erst entwickeln, wenn sie Gelegenheit hatte, ihr Versprechen einzulösen? Kilian wollte lieber nicht daran denken. Er nahm den ölverschmierten Armani und steckte ihn in den Abfall.
    Aus dem Raum am Ende des langen Ganges eines ehemaligen
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