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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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wartete, überzeugt, daß sein Vater die Augen aufschlagen, ihm verschwörerisch zuzwinkern würde. Aber er rührte sich nicht, und es war kein Geräusch zu hören außer dem monotonen Piepsen der Geräte.
    »Ich will mit seinem Arzt sprechen.«
    »Doktor Garcia.« Ethan rieb sich mit beiden Händen das Gesicht und fuhr sich durch die sonnengebleichten Haare. »Der Hirnschnipsler, den Mom früher Mr. Magische Hände genannt hat. Die Schwester wird ihn für dich anpiepsen.«
    Cam richtete sich auf, und erst jetzt bemerkte er den Jungen, der zusammengerollt auf einem Stuhl in der Ecke schlief. »Wer ist der Kleine?«
    »Der letzte der verlorenen Jungen von Ray Quinn.« Ethan brachte ein leises Lächeln zustande. Unter normalen Umständen hätte es sein ernstes Gesicht weicher gemacht, die sanften blauen Augen erwärmt. »Er hat ihm von dir erzählt. Seth. Dad hat ihn vor etwa drei Monaten in seine Obhut genommen.« Er wollte noch mehr sagen, fing jedoch Phillips warnenden Blick auf und zuckte die Achseln. »Darüber reden wir später noch.«
    Phillip stand wippend am Fußende des Betts. »Und wie war Monte Carlo?« Auf Cams ausdruckslosen Blick hin hob er eine Schulter. Diese Geste benutzten sie alle drei anstelle von Worten. »Die Schwester sagte, wir sollten mit ihm sprechen, miteinander reden. Er könne es vielleicht … Sicher wissen sie es nicht.«
    »Es war toll.« Cam setzte sich, tat es Ethan nach und griff nach Rays Hand. Da sie schlaff und leblos war, hielt er sie vorsichtig fest und versuchte durch schiere Willenskraft zu erzwingen, daß sie die seine drückte. »Ich habe eine Stange Geld in den Kasinos gewonnen und hatte gerade ein heißes französisches Model bei mir in meiner Suite, als euer Fax kam.« Dann sprach er direkt zu Ray. »Du hättest sie sehen sollen. Sie war fantastisch. Beine bis zum Hals, herrliche, von menschlicher Hand geformte Brüste.«
    »Hatte sie auch ein Gesicht?« fragte Ethan trocken.
    »Eines, das hervorragend zu dem Körper paßte. Ich sag’ euch, sie war eine Wucht. Und als ich ihr erklärte, ich müsse gehen, wurde sie eine klitzekleine Spur gemein.« Er zeigte auf die Kratzer, die seine Wange entstellten. »Ich mußte sie aus dem Zimmer schmeißen, bevor sie mich vollends fertigmachen konnte. Aber ich hab’ noch daran gedacht, ihr das Kleid nachzuwerfen.«
    »Sie war nackt?« wollte Phillip wissen.
    »Wie ein Neugeborenes.«
    Phillip grinste, dann mußte er seit fast zwanzig Stunden zum erstenmal lachen. »Gott, das sieht dir wieder mal ähnlich.« Er legte die Hand auf Rays Fuß. »Er wird diese Geschichte lieben.«
     
    In der Ecke des Raums tat Seth so, als schliefe er. Er hatte Cam hereinkommen hören und wußte, wer er war. Ray hatte oft von Cameron gesprochen. Er besaß zwei dicke Fotoalben, die mit Zeitungsausschnitten, Artikeln und Fotos von Cams Rennen und Eroberungen gefüllt waren.
    Jetzt sah er nicht so abgebrüht und wichtig aus, dachte Seth. Der Typ wirkte krank, blaß und hohläugig. Er würde sich seine eigene Meinung über Cameron Quinn bilden, beschloß er.
    Ethan mochte er ganz gern, obgleich er sich für den Kerl die Finger wundarbeiten mußte, wenn er mit ihm zum Fischen oder Muschelsammeln rausfuhr. Aber Ethan
machte einem nicht immerzu Vorschriften, und er hatte ihm noch nie eine runtergehauen oder ihn angeschrien, selbst dann nicht, wenn Seth einen Fehler gemacht hatte. Und er entsprach ganz gut dem Bild, das Seth von Fischern hatte.
    Wettergegerbt, gebräunt, dichtes gelocktes Haar mit blonden Strähnen in dem Braun, straffe Muskeln, gepfefferte Sprache. Ja, Seth mochte ihn gern.
    Gegen Phillip hatte er auch nichts. Gewöhnlich gab er sich glatt und geschniegelt. Seth vermutete, daß er sechs Millionen verschiedene Schlipse besaß, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, warum ein Mann auch nur einen haben wollte. Aber Phillip hatte irgendeinen Klassejob in einer Klassefirma in Baltimore. Werbung. Ließ sich aalglatte Sprüche einfallen, um Dinge an Leute zu verkaufen, die sie vermutlich überhaupt nicht brauchen konnten. Seth fand, daß dies eine ziemlich coole Art war, einen Riesenschwindel durchzuziehen.
    Und jetzt Cam. Er war derjenige, der im Rampenlicht stehen wollte, der ein Leben auf Messers Schneide führte und gern Risiken einging. Nein, er sah nicht so abgebrüht aus, er sah nicht aus wie ein Draufgänger.
    Plötzlich drehte Cam den Kopf und fing Seths Blick auf, hielt ihn fest, ohne zu blinzeln, unverwandt, bis sich dem Jungen der Magen
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