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The Walking Dead: Roman (German Edition)

The Walking Dead: Roman (German Edition)

Titel: The Walking Dead: Roman (German Edition)
Autoren: Jay Bonansinga , Robert Kirkman
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Außerdem sollen sie den Rest zusammentreiben, »der sich da draußen wie feige Kakerlaken verkriecht«, denn Gavin will, dass jeder, der noch Blut in den Adern hat, seine Worte hört. Die beiden Nationalgardisten rennen aus dem Gerichtssaal und lassen eine fassungslose, gelähmte Gruppe von fünfundzwanzig Einwohnern zurück, den Major und … Brian.
    Für Brian dreht sich alles, als Gavin seine Waffe wieder ins Halfter steckt und einen triumphierenden Blick auf den leblosen Körper des Schwarzen wirft, als ob es sich um eine Trophäe handeln würde. Dann dreht er sich um und schlendert nach vorne zum Rednerpult zurück. Jetzt hat er die Aufmerksamkeit, die er wollte, und er scheint jede Sekunde davon zu genießen. Brian merkt kaum, wie er droht, an jedem Weichei ein Exempel zu statuieren, das auch nur daran denkt, das Leben der Einwohner von Woodbury in Gefahr zu bringen, indem er sich auf eigene Faust auf und davon machen will. Solche verdammten Besserwisser gehörten ausgerottet. Diese Zeiten sind nach Gavin etwas ganz Besonderes. Sie wurden schon in der Bibel beschrieben und prophezeit. Tatsache sei, dass sie es vielleicht mit dem Weltuntergang zu tun hätten. Jeder Einwohner von Woodbury müsse es endlich in seinen dicken Schädel bekommen, dass dies womöglich die letzte Schlacht zwischen Satan und der Menschheit sei. Und Gavin höchstpersönlich sei von nun an der gottverdammte Messias.
    Die durchgedrehte Predigt dauert zwar kaum länger als eine Minute, doch in dieser kurzen Zeit durchläuft Brian Blake eine Metamorphose.
    Während er wie versteinert neben dem alten Verkaufsautomaten steht und das Blut des erschossenen Mannes unter seine Schuhsohlen läuft, wird Brian Blake klar, dass er keine Chance in dieser Welt hat, wenn er seinem bisherigen Verhaltensmuster folgt: nämlich jedem Streit aus dem Weg gehen, Gewalt vermeiden, sich Gefahren entziehen. Scham erfüllt ihn und nimmt von ihm Besitz. Er erinnert sich an seine erste Begegnung mit den wandelnden Toten. Es war in Deering bei seinen Eltern, Millionen von Lichtjahre entfernt. Sie stolperten hinter dem Geräteschuppen hervor, und Brian versuchte, mit ihnen zu reden, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Er warnte sie, sich von ihm fernzuhalten, und bewarf sie mit Steinen, ehe er zurück ins Haus flüchtete, die Fenster verbarrikadierte, sich in die Hose machte und generell wie ein Feigling aufführte, der er schon immer gewesen war und immer sein würde. Doch in diesem kurzen, fürchterlichen Augenblick, in dem Gavin seine gesammelten Weisheiten über die Einwohner von Woodbury ergießt, schießen ihm sämtliche Erinnerungen an seine Feigheit und Unentschlossenheit auf dem langen Weg ins westliche Georgia durch den Kopf. Hat er denn nichts gelernt? Zuerst versteckte er sich in der Abstellkammer im Haus in Wiltshire Estates, sein erster erlegter Zombie im Haus der Chalmers war eher so etwas wie Zufall, und ständig lag er seinem Bruder in den Ohren, nervte ihn mit seiner Schwäche und unnützen Ängstlichkeit. Plötzlich aber begreift Brian mit einem Schmerz, der sein Herz fast zerbersten lässt, dass er das alles nie und nimmer allein überleben wird. Jetzt, da Major Gavin die traumatisierten Menschen vom Rednerpult aus herumkommandiert, ihnen beinahe unmenschliche Pflichten aufbürdet und ihnen neue Regeln unterbreitet, spürt Brian, wie sich sein normales Verhalten gleich einem Schmetterling verabschiedet, der seinen Kokon verlässt. Zuerst wünscht er sich noch, dass Philip hier wäre, um ihn zu beschützen – wie er es seit Beginn der Plage getan hat. Wie würde Philip mit Gavin umgehen? Was würde er tun? Es dauert nicht lange, ehe sich diese Sehnsucht in einen akuten Schmerz um Philips Verlust verwandelt. Es quält ihn wie eine offene Wunde, und das scharfe Schwert der Trauer durchschneidet sein Innerstes. Er stützt sich an dem blutbesudelten Verkaufsautomaten ab und spürt, wie sich seine Seele von seinem Körper wie von einem urweltlichen Klumpen Erde löst, um den Mond zu formen. Ein Schwindelanfall droht, ihn zu Boden zu reißen, aber ehe Brian weiß, wie ihm geschieht, hat er seinen Körper verlassen. Sein Bewusstsein schwebt jetzt über seinem Leib. Er ist ein gespenstischer Zuschauer, der in diesem luftarmen, stinkenden, überfüllten Versammlungsraum im alten Gerichtsgebäude von Woodbury auf sich selbst hinabschaut und sich beobachtet.
    Und Brian wächst weiter über sich hinaus.
    Jetzt sieht er sein Ziel vorne am Rednerpult, circa
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