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The Cutting

The Cutting

Titel: The Cutting
Autoren: James Hayman
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goldener Ohrring mit einem Anhänger in Herzform. Er wandte sich dem linken Ohr zu. Das Ohrläppchen war eingerissen, und das Gegenstück zu dem Ohrring – vorausgesetzt, es gab ein Gegenstück – fehlte. Versehentlich irgendwo hängen geblieben? Vielleicht. Mit roher Gewalt abgerissen? Gut möglich. Als Trophäe behalten? Wahrscheinlich. In ihrem Nabel steckte ein Piercing, ein halbkreisförmig gebogenes Metallstück mit je einer winzigen Kugel an beiden Enden. Die Haut oberhalb ihres linken Hüftknochens wurde von einer blauen Tätowierung geziert, einem chinesischen oder vielleicht auch japanischen Schriftzeichen. Ein Teenager des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
    Jetzt trafen die Kriminaltechniker ein und begannen mit ihren Aufzeichnungen und Fotos. McCabe machte sie auf den einen Ohrring aufmerksam und bat den Leiter der Abteilung, Bill Jacobi, ihn auf jeden Fall auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren zu untersuchen. Jacobi antwortete mit einem »Hältst-du-mich-eigentlich-für-dämlich?«-Blick.
    »Sieht ja fast so aus, als hätte da jemand ohne mich mit der Obduktion begonnen«, sagte eine weibliche Stimme, und McCabe drehte sich um. Hinter ihm stand die stellvertretende staatliche Pathologin Terri Mirabito und betrachtete den Leichnam. »Ich glaube nicht, dass ich das gutheißen kann«, fügte sie hinzu, »weder von ihrem Standpunkt aus, noch von meinem eigenen.«
    »Schön, dich zu sehen, Terri. Es ist gut, dass du da bist.« McCabe hatte im Lauf der letzten drei Jahre in einem halben Dutzend Fällen mit ihr zusammengearbeitet und wusste ihre Fähigkeiten sehr zu schätzen.
    Nachdem sie den Leichnam aus unterschiedlichen Winkeln fotografiert hatte, kniete Mirabito sich hin, um ihn etwas genauer anzusehen. »Was meinst du, wie lange ist sie schon tot?«, erkundigte sich McCabe.
    »Schon eine Weile. Die Leichenstarre hat bereits nachgelassen. Nur wenige Totenflecken.« Vorsichtig klappte sie mit ihren behandschuhten Händen das Gewebe auf der linken Brustseite beiseite. In der Wunde konnte McCabe etwas erkennen, das wie Reiskörner aussah. Nur, dass der Reis sich bewegte. Maden.
    »Hiernach zu urteilen, würde ich sagen, dass sie vor achtundvierzig bis zweiundsiebzig Stunden umgebracht wurde. Könnte auch ein bisschen länger her sein, je nachdem, wo die Leiche aufbewahrt wurde.« Terri klappte die Haut noch ein Stückchen weiter auf.
    »Ach du Scheiße, jetzt sieh dir das mal an.«
    »Was? Was denn?«
    Terri hob mit grimmiger Miene den Kopf. »Das Herz fehlt.«
    »Wie meinst du das, es fehlt?«
    »Genau so, wie ich’s gesagt habe, McCabe. Es ist weg. Es ist nicht mehr da.« Terri richtete den Strahl ihrer kleinen, aber sehr hellen Stiftlampe auf den geöffneten Brustkorb des Mädchens. »Irgendein Wahnsinniger hat sie aufgeschnitten, ihr mit einer Säge das Brustbein durchtrennt und ihr dann das Herz herausgenommen. Ich hätte das auch nicht sauberer hingekriegt.«
    Einen Augenblick lang sagte niemand ein Wort. »Ein Ritualmord?«, fragte McCabe schließlich.
    »Ich habe keinen Schimmer. Aber wer immer das gemacht hat, er hat ganz genau gewusst, was er tut.«
    »Dann gehst du also davon aus, dass es ein Mann war?«, hakte Maggie nach.
    »Ja.« Terri ließ ihren Latex-Zeigefinger sanft über den durchtrennten Knochen gleiten. »Nachdem er das Brustbein durchgesägt hat, hat er, wie jeder gute Chirurg, höchstwahrscheinlich einen Wundspreizer benutzt, um die Rippen auseinanderzudrücken und an ihr Herz zu gelangen. Vielleicht erfahren wir ja durch die Obduktion noch etwas mehr. Wenn wir sie bis morgen früh identifiziert haben, dann kann ich sie am Nachmittag obduzieren. Sonst liegt gerade nichts an.« In Terris normalerweise fröhlicher Stimme lag eine gewisse Unruhe. »Wollt ihr dabei sein, du und Maggie?«
    »Sag uns einfach Bescheid, wann wir da sein sollen.«
    Terri wandte sich wieder dem Leichnam zu und setzte ihre vorläufigen Untersuchungen fort. McCabe warf einen Blick hinüber zu dem schwarz-weißen Crown Victoria mit den blinkenden Lichtern und dem Motto des Portland Police Department – WIR SCHÜTZEN EINE WUNDERBARE STADT – in goldenen Buchstaben auf dem hinteren linken Kotflügel. An manchen Tagen kriegen wir das besser hin als an anderen, dachte er. Ein ziemlich verdreckt aussehender Mann unbestimmten Alters lehnte an der hinteren Tür. Ein uniformierter Beamter stand in der Nähe. Da er nicht glaubte, dass er noch irgendetwas Brauchbares finden würde, ging McCabe zu den beiden hinüber. Maggie
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