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The Cocka Hola Company: Roman

The Cocka Hola Company: Roman

Titel: The Cocka Hola Company: Roman
Autoren: Matias Faldbakken
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ihrer Heimkehr über sich ergehen lassen mussten. Das klang dann beispielsweise so:

    – Warum zum Teufel fahrt ihr bloß immer wieder runter in das verfickte Scheißeuropa? Hä? Warum? Why? Ist mir total schleierhaft. Um Kultur zu erleben? Atmosphäre zu tanken? Kontakte zu knüpfen? Häh? Erspart mir das! Hört ihr? Bleibt mir bloß mit solchen Scheißausreden vom Hals. Ihr fahrt da runter, weil ihr diese Scheißstädte so scheißhübsch findet, darum. Aber das könnt ihr vergessen. Ihr müsst müsst müsst so langsam mal schnallen, dass Städte mit dem ganzen historischen Schrott und Denkmälern und Prachtbauten und Lebendigkeit und diesen kulturell-urbanen Menschen, dass die total zum Kotzen sind, hört ihr? Zum Kotzen ! Ihr dürft diese scheißeuropäische Vielfalt nicht so toll finden, wie ihr erzählt. Schlagt euch die fucking europäischen Großstädte aus dem Kopf. Hört ihr? Schluss damit! Und fangt bloß nicht an, stattdessen für kleine Städte zu schwärmen! Scheiße! Lasst das bleiben! Tut mir das nicht an!

    Etcetera. PapaHans soll bei DESIREVOLUTION zwar sozusagen den Leitwolf spielen, und Simpel hat sich vor ihm gewaltig auf den Rücken geworfen die paar Male, wo PapaHans sich zu einem Infomeeting oder so bequemt hat, aber es lässt sich einfach nicht leugnen, dass PapaHans aufmerksam zuhört, wenn Simpel wieder mal irgendeine Hypothese vom Stapel lässt.
    Simpel ist so einer, der keinen Schimmer hat, ob die Leute auf seine Tiraden hören oder nicht. Darum weiß er nicht, dass PapaHans sich seine Kritik zu Herzen genommen und vor etlichen Jahren aufgehört hat, hinter Sonja her ins Kunsthistorische Museum zu schleichen, um sich das Bildnis eines Jünglings vor weißem Vorhang anzuschauen. Vor diesem Gemälde steht Sonja immer und sinnt darüber nach, auf welche Abwege ihr Familienleben geraten ist (stehen muss sie, weil die Museumsleitung aus irgendeinem Grund beschlossen hat, Lorenzo Lottos Bild zu irgendwelchem anderem italienischen Mist draußen in einen Flur an eine Trennwand zu verbannen, während der bescheuerte Tizian zum Beispiel, ja, der hängt an einem Ehrenplatz mitten im Palast, mit Bänken davor usw.) Sonja steht also da und betrachtet das Bildnis eines Jünglings vor weißem Vorhang , während PapaHans irgendwo auf der anderen Seite der Stadt bei irgendeinem Meeting sitzt, zum Beispiel mit seinem österreichischen Kollegen Jürgen »Hartherz« Grausmann und mit ihm Vierfarbdrucke aus aller Welt evaluiert, auf denen Weibsbildern Penisse in bis zu fünf von sieben möglichen Körperöffnungen zugleich gesteckt werden; offen gesagt, hat er auch schon Abbildungen von Frauen mit Penissen in sieben von sieben möglichen Körperöffnungen zugleich gesehen, aber das ganze Gewurschtel mit Nasenlöchern und Ohren und so ist eher uninteressant – unter fachlichen Gesichtspunkten –, und sie haken so was als witziges Kuriosum ab. Danach gehen Sonja und PapaHans ins Restaurant. Wenn Simpel wüsste, dass sich Sonja und PapaHans auf ihren Reisen jedes Mal mit erlesenen Kostproben der Weltcuisine den Bauch voll schlagen, dann hätte er noch sehr viel mehr Stoff, um sich auszukotzen, und PapaHans hätte viel mehr Stoff zum Nachdenken, doch bislang hat sich Simpel nur über die Übelkeit erregende Widerwärtigkeit von guter alter europäischer Stadtplanung, Architektur, Atmosphäre /Stimmung, Lebensart, Allgemeinbildung, Kunst und anderer Hochkultur ausgelassen. Die Tischkultur hat er bei all dem vergessen, wer weiß warum.
    Der Pornodarsteller Casco Foster stammt also aus einem eher bürgerlichen Zuhause, das ursprünglich repräsentative Interessen verfolgte. Das hat angehalten, bis PapaHans Simpel über den Weg gelaufen ist. Sonja gibt sich nach wie vor alle erdenkliche Mühe, diese Interessen zu pflegen, es beirrt sie nicht, dass bei PapaHans die Begeisterung fürs Geschäftliche überwiegt, schon in Ordnung, findet sie, aber nach wie vor ist das Bildnis eines Jünglings vor weißem Vorhang in ihren Augen ein wertvolles Stück Kulturerleben, und das liegt offen gesagt daran, dass ihr lauwarmes Kulturinteresse auf einem Kunstverständnis beruht, mit dem man sich den Hintern abwischen könnte. Sie hat nicht genug auf Simpel gehört, könnte man wohl sagen, und das spricht nicht gerade für sie.

FREITAG, 11. DEZEMBER
(Der Tag des Infomeetings. Aus Eisenmanns Perspektive)
    Ich renne. Supertrainiert bin ich zwar nicht, aber ich renne, so schnell ich kann. Weder habe ich Übergewicht noch bin ich
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