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Teuflische Freunde: Roman (German Edition)

Teuflische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
Autoren: Faye Kellerman
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paar Minuten später fühlte er sich beobachtet und blickte auf.
    Ein junges Mädchen in der Uniform der jüdischen Schule. Keine große Überraschung, da sich die Schule nur zwei Minuten zu Fuß von hier befand. Sie musste Schalldämpfer an den Füßen haben, denn er hatte nichts gehört, bis sie sich quasi über ihn gebeugt hatte, ihren Rucksack wie eine Panzerung fest im Arm.
    Ihr Lächeln wirkte scheu. »Hi.«
    »Hi«, antwortete er. Auf den zweiten Blick erkannte er, dass sie vermutlich älter war, als er zuerst gedacht hatte. Sie hatte einen mokkafarbenen Teint, ein schmales, spitzes Kinn, volle Lippen und große schwarze Kulleraugen, abgerundet durch sorgsam geschwungene und in Form gebrachte schwarze Augenbrauen. Ihr Haar war ebenso dunkel, sehr lang und zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Genau genommen war sie richtig hübsch, obwohl ihr Körper nicht viel hergab – zwei Kugeln Eis als Brüste und auch sonst keine Kurven in Sicht. »Brauchst du was?«
    »Stört’s dich, wenn ich mich hier hinsetze?«
    Er war der einzige Gast weit und breit, aber er zuckte nur mit den Achseln. »Nein, tu dir keinen Zwang an.«
    Doch sie setzte sich nicht hin. »Ich hab dich letztes Jahr bei der Abschlussfeier spielen hören«, sagte sie. »Meine ältere Schwester war in Hannahs Klasse. Du warst …« Sie drückte ihren Rucksack noch fester gegen ihre Brust. »Einfach … fantastisch!«
    »Vielen Dank«, sagte Gabe.
    »Ehrlich, es war wie …«
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Daraufhin: Schweigen. Das Ganze war seltsam.
    »Danke, echt, vielen Dank.« Gabe griff nach seinem Kaffeebecher, nahm einen Schluck und widmete sich wieder seiner Zeitung.
    »Magst du Oper?«, platzte es aus ihr heraus.
    Gabe legte die Zeitung nieder. »Ja, doch, ich mag Oper, ja.«
    »Wirklich?« Sie riss die Augen weit auf. »Das ist super. Dann werden die hier wenigstens nicht verfallen.« Sie stellte ihren Rucksack ab und begann darin herumzukramen, bis sie das Gesuchte gefunden hatte – einen Umschlag. Sie streckte ihn ihm entgegen. »Hier, für dich.«
    Er sah sie eine Weile an, dann nahm er den Umschlag und öffnete ihn. Eintrittskarten für La Traviata an diesem Sonntag im Music Center. Erste Reihe, Loge. »Das sind gute Plätze.«
    »Ich weiß. Sie haben mich viel Geld gekostet. Alyssa Danielli singt die Violetta. Sie ist wunderbar, also bin ich mir sicher, es wird wundervoll werden.«
    »Und warum gehst du dann nicht hin?«
    »Ich wollte mit meiner Schwester gehen, aber sie hat mich abserviert. Gegen eine Pool-Party bei diesem Michael Shoomer konnte ich nicht gewinnen.«
    »Und warum nimmst du nicht jemand anderes mit?«
    »Keiner in meinem Alter verbringt freiwillig einen Sonntagnachmittag in der Oper.«
    »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Sie hat zu tun, und außerdem interessiert sie sich nicht dafür. Meine Schwester wollte überhaupt nur deshalb mitkommen, weil ich ihr versprochen hab, ihr Zimmer aufzuräumen. Schätzungsweise muss ich das wohl jetzt nicht mehr machen.« Sie wirkte gekränkt. »Dann nimmst besser du die Karten. Zusammen mit deiner Freundin.«
    »Ich hab keine Freundin.«
    »Dann frag eben einen Freund.«
    »Ich hab keine Freunde. Aber … ich nehm bestimmt eine Karte, wenn du sie sonst wegwirfst. Bist du ganz sicher?«
    »Hundert Prozent.«
    »Dann vielen, vielen Dank.« Er reichte ihr den Umschlag mit der einzelnen Karte.
    »Gern geschehen.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus.
    Gabe versuchte, sich ein Lächeln zu verkneifen. »Würdest du gerne mit mir hingehen?«
    Das Mädchen wurde ganz aufgeregt. »Hast du ein Auto?«
    »Nein, ich bin erst fünfzehn. Aber wir können den Bus nehmen.«
    Sie sah ihn entsetzt an. »Einen Bus?«
    »Ja, einen Bus. Damit bewegen sich Leute fort, die kein Auto zur Verfügung haben.« Sie wurde rot, und Gabe zeigte auf einen Stuhl. »Warum setzt du dich nicht erst mal? Ich krieg noch Nackenschmerzen, wenn ich immer zu dir raufschauen muss … auch wenn’s nicht sehr hoch ist.«
    »Schon klar, ich bin ein Zwerg, weiß ich.« Sie setzte sich, sah sich um und sprach leise, als planten sie eine Verschwörung. »Weißt du denn, wie man mit dem Bus zum Music Center kommt?«
    »Weiß ich.«
    »Wo findet man einen Bus?«
    »An der Bushaltestelle.«
    Sie kaute auf ihrer Lippe herum. »Du hältst mich sicher für bescheuert.«
    »Nein, aber vermutlich bist du ein Schoßhündchen, das sein Leben lang durch die Gegend kutschiert wurde.«
    Anstatt beleidigt zu sein, nickte sie. »Überall
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