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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche
Autoren: Ross Thomas
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sind selbst die skurrilsten Figuren noch geradezu nachvollziehbar glaubwürdig; und das ist eine stramme Leistung, denn ohne ein Minimum an skurriler und abstruser Eigenartigkeit haben Figuren gar keine Chance, überhaupt in einen Ross-Thomas-Roman aufgenommen zu werden, was hätten sie uns denn zu sagen? Seine Figuren sprechen alle, selbst die Schweigsamen: Sie sprechen durch ihre abgebrühten Aktionen und instinktiven Reaktionen, durch ihre speziellen Kenntnisse von Macht und wie man sie mißbraucht, durch ihre von keiner Sentimentalität getrübten klaren Sicht auf den Stoff, der letzten Endes unsere Welt zusammenhält: Geld.
    Es geht immer um Geld, selbst wenn jemand sich vordergründig nach der Macht reckt und dabei tatsächlich glaubt, er wolle Gutes für sein Volk tun oder seine Stadt. Wenn er erst einmal die Hände in den bald an ihm vorbeiströmenden Geldfluß reingehalten hat, die Haut vom Dreck und dem Tempo der Münzen abgerissen, und dennoch sofort wieder hineingrabschen will, spätestens dann ist der Idealist von gerade eben selber korrumpiert.
    Ross Thomas ist ein Geschichtenjunkie, und seine Geschichten sind ultracool! Seine Helden sind Outlaws, die irgendwo im Einzugsbereich politischer Kriminalität leben wie der aus dem Knast entlassene Richter, der Anwalt, der seine Lizenz verloren hat, und ein paar Hippies, die vor zwanzig Jahren mit einem knallbunt angemalten Schulbus von San Francisco nach Durango kamen und in dem Nest die politische Führung übernahmen. Oder dieser Hollywoodstuntman, der sich mit der Mafia, dem FBI und einer Nymphomanin anlegt. Oder das Traumgespann McCorkle und Padillo, die erst in Bonn und dann in Washington D. C. das beste Steakhaus im Umkreis führen … Und das andere Dreamteam – die beiden Exwaisenkinder Quincy Durant und der dicke Artie Wu. Man kann viel lernen bei Ross Thomas, auch für den Alltag:
    »Ein guter Barmann ist der, der immer merkt, wenn der Frau, die du bei dir hast, das Glas leer wird, aber der den Mund hält, wenn du mit der Frau von nem andern reinkommst.«
    Und manchmal bestätigt er auch nur unsere schlimmsten Befürchtungen.
    Das Bestechende an seinen Plots ist der Umstand, daß nicht eine einmalige Besonderheit, ein singuläres Verbrechen die Personen auf den Plan ruft, sondern allenfalls jemand einen Deckel angehoben hat und das, was schon lange darunter verborgen waberte und gärte, ans Licht des hellen Tages oder der dunklen Nacht gelangt.
    Die funktionierende Balance von Macht und Intrige ist die Normalität in der Politwelt, die Ross Thomas beschreibt und von der man vermuten sollte, daß er sie kennengelernt hat in seiner aktiven Zeit als »Berater«, Wahlkampfleiter, Redenschreiber, Geldbeschaffer, wahrscheinlich auch Spindoktor, wie auch in den Jahren noch davor als kämpfender Soldat auf den Philippinen und anschließend als Reporter.
    Ross Thomas beschloß dann irgendwann, nicht mehr für Regierungen zu arbeiten. Statt dessen machte er sich also einen Spaß daraus, statt all diese unglaublichen, bisweilen surrealen Anekdoten aus der Welt der Mächtigen und Bösen seinen Gästen beim Getränk auf der Terrasse in Malibu nur zu erzählen, doch gleich ganz wunderbare Romane daraus zu basteln, die das ganze Spektrum zwischen ungläubigem Staunen und haßerfülltem Ekel, zwischen tiefem Bedauern und sich Halb totlachen im Leser auslösten. Und dann stellte sich meist sehr schnell Faszination ein von dieser Welt, die er zwar kurz und knapp, aber doch minutiös beschrieb, so daß man sich im Notfall in den beschriebenen abgelegenen Dörfern zurechtgefunden hätte. Als nächstes entdeckte der Leser vielleicht die Freude am Rätselraten, wenn Ross Thomas mit seinen ausgedrehten Plots einen wieder am ausgestreckten Arm verhungern ließ, statt mit neuen Informationen rauszurücken, und wenn doch, dann kamen sie meist überraschend wie das kalte Wasser unter der Dusche, wenn der Durchlauferhitzer durchknallt. Na ja, und spätestens dann setzte beim Leser diese Krankheit ein, die auch Morgan Citron wieder überfällt, obwohl er sie überwunden glaubte: Neugier. Neugier bis zur Sucht.
     
    Im Grunde sind Ross-Thomas-Bücher intellektuelle Horror-Operetten mit fachmännisch seziertem politischem Hintergrund. Sie sind Kommentare zur jeweiligen Zeit: spitzfindig, süffisant und hinterhältig. Sie sind diabolische Analysen der Politik, und das wahrhaft Unmoralische an diesen Büchern ist, daß sie bei all dem Elend auch noch mordsmäßig Spaß machen.
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