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Teufels-Friedhof

Teufels-Friedhof

Titel: Teufels-Friedhof
Autoren: Jason Dark
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für die Dauer von einer oder zwei Nächten so blieb, besprayte sie das Haar mit dem entsprechenden Lack und machte es fest wie Draht. An der Tür hörte sie das Kratzen. Da veränderte sie ihre Blickrichtung etwas und spitzte die Lippen zu einem Pfiff. Kaum war das Geräusch aufgeklungen, als die Badezimmertür nach innen aufschwang. Dann huschte plötzlich ein fettes, graues Etwas in das Bad, das keine Katze war, wie man hätte annehmen können, sondern Gulp, die Ratte. Häßlich sah sie aus mit ihrem grauen Fell. Piepsend huschte sie an der Wanne entlang, stieß sich dann ab und sprang mit einem Satz auf den glatten Rand.
    Vivian hatte sich umgedreht, weil sie ihre kleine Ratte beobachten wollte. Sie mochte das Tier, es gehorchte ihr aufs Wort. Überhaupt mochte sie alles, was die übrige Gesellschaft ablehnte. Dinge, vor denen sich andere ekelten, waren für sie das Allerhöchste.
    In ihren dunklen Augen lag ein freudiger Glanz, als sie sich der Ratte näherte. »Na, kleiner Gulp, willst du mich besuchen?«
    Die Ratte hockte auf dem Rand der Wanne; sie gab ein schreiendes Geräusch ab, das Vivian als Laut der Freude ansah. Deshalb streckte sie ihre Hand aus und streichelte der Ratte über den Rücken.
    Wäre es eine Katze gewesen, hätte sie wohl angefangen zu schnurren, die Ratte aber preßte ihre spitze Schnauze in die Höhle der warmen Hand und genoß auch, vom Wannenrand hochgehoben zu werden. Wie ein Baby lag sie schließlich auf den angewinkelten Armen der jungen Frau und genoß es, wenn die schwarz lackierten Fingernägel ihren Bauch streichelten.
    Die Ratte liebte Vivian heiß und inig. Und das Mädchen erwiderte die Liebe.
    »Ja, wir sind ja noch da«, flüsterte sie. »Du brauchst keine Sorge zu haben, noch gehen wir nicht.«
    Zusammen mit der Ratte verließ Vivian das muffig und nach Kosmetik riechende Badezimmer. Von dort aus gelangte sie in den winzigen Flur, in dem eine Lampe brannte, vor die allerdings ein schwarzer Filter geschoben worden war, der das Licht stark dämpfte. Wer immer die Wohnung im vierten Stock des Sozialbaukastens betrat, er konnte die zahlreichen Plakate an den Wänden einfach nicht übersehen. Sie gehörten dazu, denn es waren Poster und Filmplakate mit den schrecklichsten Szenen, die sonst in den Schaukästen der Kinos hingen und die Horror-Fans anlocken sollten.
    Auch im Wohnraum klebten die Plakate an den Wänden, und Freddy Krueger, der Alptraumkiller im gestreiften Pullover, war eigentlich überall vorhanden.
    Vivian verließ die Diele und drückte die mit schwarzem Papier beklebte Wohnzimmertür nach innen, während sie die Ratte auf dem Arm hielt und streichelte. Vivian betrat wieder ihre Welt, die ein fremder Besucher wahrscheinlich fluchtartig verlassen hätte.
    Es war alles schwarz, zumindest grau oder violett. Daß die Fensterscheiben von innen nicht dunkel gestrichen worden waren, glich schon einem kleinen Wunder. Aber die Vorhänge bestanden aus schwarzem Stoff, ebenso wie die Kissen auf dem alten Sofa, dem Lieblingsplatz der Ratte. Sie wurde dort wieder hingesetzt und preßte ihr Fell gegen eines der Kissen. Dunkle Stühle, ein dunkler Schrank, ebenfalls schwarze Kerzen, die das Bett umrahmten, das eigentlich keines war und von einem ebenfalls gefilterten Lichtstrahl blaßgrau angeleuchtet wurde.
    Vivian schlief in einem Sarg!
    Er stand offen, das Oberteil lag daneben, und der Sarg war gefüllt mit einem Kopfkissen und einem normalen Oberbett. Beides mit grauer Bettwäsche überzogen.
    Wer so nächtigte, der konnte nicht richtig ticken, aber für Vivian und ihren Lebensgefährten Gruftie-Heino war es normal. Wenn sie sich liebten, drängten sie sich zu zweit in den Sarg. Eine Tatsache, die eigentlich nur Abscheu und Kopfschütteln mit sich ziehen konnte. Das Mädchen schaute auf seine Uhr mit dem schwarzen Zifferblatt und den weißen Zeigern.
    Draußen war es schon dunkel geworden und noch kälter. Die Straßen waren glatt.
    Sie wartete auf Heinz, der schon längst überfällig war. Gemeinsam wollten sie zum ›Satanstreff‹ ziehen, so hieß die Disco der Grufties. Dort bereiteten sie sich vor; da tanzten sie, da wurden dann die unheimlichen Totenfeiern abgehalten und die Dämonen der Finsternis gerufen.
    Vivian trat an das schmale Fenster des Zimmers und schaute nach draußen. Unten parkten die Wagen der Anwohner. Auf dem Blech glänzte eine helle Eisschicht, und die Fensterscheiben waren ebenfalls zugefroren. Die Siedlung bestand aus zahlreichen Hochhäusern
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