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Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders

Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders

Titel: Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders
Autoren: Lara Wolf
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den Tag zurecht: Frühstück mit meiner Frau, Aktenarbeit im Dezernentenbüro, Ausschusssitzung, Parteitreffen. Elektra würde aufstehen, das Parkett säubern und sich einen Kaffee kochen.
     
    Mit einem Ruck blieb der Fahrstuhl stehen. Ich öffnete die Tür ... nein, das ging nicht, sie klemmte, war verriegelt. Ich schaute durchs Fahrstuhltürfenster – der Fahrstuhlkorb hatte zwischen zwei Etagen gestoppt. Also drückte ich noch mal den Erdgeschossknopf. Keine Reaktion. Der Knopf für die vierte Etage ... Ah, das klappte! Der Fahrstuhl bewegte sich aufwärts. Doch den Bruchteil einer Sekunde später gab es ein hässlich-knackendes Geräusch, und der Fahrstuhlkorb stoppte erneut. So ein Mist. Ich hämmerte auf den Knopf fürs Erdgeschoss, sprang in der Kabine. Der Korb wippte. Da! Ein Kreischen von Metall auf Metall – und es ging abwärts. Aber nur für Zentimeter. Dann steckte der Korb endgültig fest, und ich war darin gefangen, zwischen zwei Etagen.
     
    "Elektra."
     
    Ich flüsterte es. Das war sinnlos. Ich musste es rufen, sonst hörte sie mich nicht. Zu laut durfte ich nicht werden, um andere im Haus nicht zu wecken.
     
    "Elektra!"
     
    Ich wartete auf eine Reaktion. Zu lange wollte ich hier nicht feststecken, sonst kam mein Tagesplan durcheinander.
     
    Mit den Händen schaffte ich es, die Fahrstuhltür einen Spalt zu öffnen.
     
    "Elektra!!"
     
    Sie hörte mich nicht. Oder sie wollte mich nicht hören. Denn eigentlich hätte sie schon das Kreischen des Fahrstuhls alarmieren müssen. Schließlich stand die Tür zu ihrer Wohnung auf. Oder hatte sie die Tür schon geschlossen und saß gemütlich bei Kaffee und Radio hinten in der Küche?
     
    Und was wäre, wenn sie noch auf dem Parkett lag?
     
    In meiner Hose tat sich was. Ich stellte mir vor, wie Elektra da oben immer noch mit ihren toten Fischaugen lag, und die Wohnungstür geöffnet war, sodass jeder Elektra finden konnte. 
     
    Die Vorstellung war Fantasie, und bestimmt kochte sich Elektra gerade einen Kaffee oder feixte, da sie gehört hatte, wie der Fahrstuhl sich festfuhr, und ich hier unten in Nöten war. Aber Gefahr machte ihn an - auch fantasierte Gefahr. Er war hart und es prickelte mir wohlig in den Lenden. 
     
    Vom Alarmknopf, der mir entgegen leuchtete, ließ ich die Finger. Nicht nur, da die Finger gerade anderweitig beschäftigt waren. Die Dame in der Alarmzentrale, der anfahrende Lifttechniker, meine Frau, die es heraus bekäme: Sie könnten sich fragen, was ein stadtbekannter Politiker, ein glücklich verheirateter Ehemann, in der Nacht in einer zweitklassigen Mietskaserne zu suchen hat. Eine vernünftige Erklärung würde ich nicht bieten können.
     
    Der brettharte Willi brachte mich zum Stöhnen.
     
    Still! 
     
    Ich hörte ein Geräusch. 
     
    Reiß dich zusammen! 
     
    Ich nahm die Hand aus der Hose.
     
    Die Haustür unten fiel wieder ins Schloss. Dann ein leises Klacken: Jemand drückte im Erdgeschoss auf den Fahrstuhlknopf. Das Treppenhauslicht flammte auf, und Füße begannen, die knarrende Treppe nach oben zu steigen. Erst schnell, dann langsamer. Frauenschritte. Ich drückte mich in die Ecke. Niemand brauchte mich hier zu bemerken. Mein Freund zuckte. Die Situation war neu für ihn, sie gefiel ihm. Die Frau würde mich nicht sehen können, ich war im Dunkeln, kauerte in einer Ecke des Fahrstuhlkorbs, und sie würde vorbei marschieren auf dem Weg zu ihrer Wohnung nach oben.
     
    Aber von wegen; ich hatte mich getäuscht. Kaum war sie auf meiner Höhe, bückte sie sich, drückte routiniert die Fahrstuhltür einen Zentimeter weit auf und starrte durch den Spalt herein zu mir. Ergrauendes Haar, darunter zwei giftige Frauenaugen, die wie Suchscheinwerfer umherstreiften und mich entdeckten.
     
    "Er ist schon wieder stecken geblieben, mein Herr?"
     
    Nach was sonst sah es aus, meine Dame? Willi spielte verrückt, stand vor dieser alten Schachtel hochkantversteift in der Hose. Mit der Hand in der Tasche streichelte ich ihn. Sie war bestimmt Putzfrau, kam vom Job. Eine von diesen Frauen, die stolz auf ihre abgearbeiteten Hände waren, die Sozialbeiträge abführten, an die Rente glaubten und sich von ihrer Sparkasse einen Riester-Vertrag hatten aufschwatzen lassen. Hoffentlich kannte sie mich nicht aus der Zeitung. Ich drückte mich weiter in die Ecke.
     
    "Sie sind aber schlecht erzogen, mein Herr."
     
    Da ich nicht reagierte, nur dumm lächelte, setzte sie ihren Aufstieg fort. 
     
    "Bestimmt kommen sie von dem
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