Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Titel: Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus
Autoren: Stephan Peters
Vom Netzwerk:
können. Und hinterher jammern sie, dass die Männer nicht mehr die alten sind!
    »Ich habe einen Anruf für dich entgegengenommen«, sagte sie fast zärtlich.
    »Welchen Anruf? (Hat Nancy abgesagt!!??)« Ihm wurde wieder schwindelig.
    »Dr. Nell hat angerufen«, sagte Charlotte.
    »Aha. (Uff. Noch fünfzehn Minuten, und wir ziehen nach Bali und züchten Kakadus.)
    »Und übrigens«, fügte Charlotte  hinzu. »Ich lass mich scheiden!“ Jürgen verschluckte sich, weil er gleichzeitig rauchte und Kaffee trank. (In zehn Minuten ziehen wir reich nach Bali und züchten Kakadus!) Er konnte es nicht fassen: Seit Jahrzehnten hing sein Leben unter einem grauen Leichentuch, und heute sollte es endlich weggezogen werden! Er war frei für Nancy und frei von Charlotte. Unglaublich. Und das auch noch mit viel Geld, denn die Trennung kam ja von seiner Frau. Sein Anwalt hatte einen entsprechenden Ehevertrag aufgesetzt.
    »Na, endlich! « antwortete Jürgen überglücklich.  Eine schlimme, über Jahre angestaute Wut kam in ihm hoch »Charlotte, hast du endlich auch das Langeweilerleben satt, hä?! Ein Leben mit deinem Low-budget-Sex, wenn überhaupt!
    Soll  ich dir was sagen, Charlotte, Darlin'? Seit drei Jahren vögele ich mit einem Mädchen rum, das übrigens deine Tochter sein könnte, das mehr drauf hat als nur zwei Stellungen. «
    Charlotte wurde aschfahl. Sie griff sich an den Hals und schnappte nach Luft.
    »Und weißt du noch etwas? Es gibt noch andere Orte, um Liebe zu machen, als das Bett! Verflucht! Wir haben es überall getrieben, nur nicht im Bett! Hä, hä. Was sagst du nun? Nancy hat einen Körper aus Amber, Honig, Marmor und Kristall!“
    Und Charlotte sagte: „Handelt es sich um eine Frau, oder um einen Eisbecher?“ Das machte ihn noch wütender.
    »Jürgen, du bist völlig wahnsinnig! « Charlotte ruderte wild mit den Armen in der Luft herum. »Was hab ich dir eigentlich getan?! « Tränen kullerten über ihre eingefallenen Wangen.
    »Wenn du nur was getan hättest! Aber du hast all die Jahre überhaupt nichts getan. Das ist der Punkt, und …«.
    Da schellte es. (Nancy, die Schöne, die Gute ist gekommen, und pünktlich ist sie auch noch).
    Weißt du was, Charlottchen, ihr Name ist Nancy, ja, genau, die Nancy, und wir zieh'n bald nach Bali und züchten Kakadus! Und werden uns wie wild am Strand lieben, und unsere Körper werden von Schlick verschmiert sein, ha, ha.  Elvis Presley wird im Radio singen: Are you lonesome tonight?”  Charlotte sagte entsetzt:
    »Du weißt doch noch nicht mal, wo Bali überhaupt liegt, o mein Gott! «
    »Ist mir scheißegal, wo Bali liegt! Ich habe schon ein Foto im Apothekenkalender gesehen,  was sagst du nun? «
    Charlotte sagte:
    »Mach' die Tür auf, o Gott, du bist total übergeschnappt. Weißt du eigentlich, wie sehr du mich verletzt? «
    Er hastete zur Tür und antwortete:
    »Und weißt du eigentlich, wie sehr du mich in unserer Ehe verletzt hast? Es steht fifty, fifty! «
    Er riss strahlend die Tür auf, und ein kalter Wind kam herein. Da stand Nancy, abholbereit und chic, wie immer, und Jürgen starrte auf ihr zu enges weißes Top, unter dem sich ihre Brustwarzen abzeichneten.
    »Guten Tag, da bin ich. «
     »Guten Tag, mein Schatz! Und wo sind deine Koffer? «
    »Welche Koffer? «
     »Na, für Bali, aber egal. Dorthin können wir auch noch nächste Woche fliegen. Aber das Beste kommt noch: meine Frau will sich scheiden lassen, sie weiß alles. Ich gehöre nicht zu den Waschlappen, die über Jahre heimlich ein Verhältnis haben. «
    »O Nancy«, sagte Charlotte und weinte. »Das Sie mich so verletzen können? Und überall haben Sie es mit dem da getrieben? Wo denn überall?«
     Wer sagt das denn? Das ist doch alles gelogen!
     Jürgen zuckte zusammen. Dann wurde seine Frau wieder ernst, ihr Lächeln war verschwunden.
    »Charlotte, halt`die Klappe! «
    „Hier ist sie!“ schnurrte Nancy, wie eine böse Katze.
    »Hier ist was? « Sie hielt ihm ein Kuvert unter die graue Nase.
     »Na, meine Kündigung. Das hab ich Ihnen ja gestern Abend gesagt, nachdem Sie mir diesen Quatsch mit Bali erzählt haben. Ein alter Mann wie Sie, ha, dass ich nicht lache! Haben Sie überhaupt mal in den Spiegel gesehen? Sie sehen doch aus wie ein Kartoffelkopf. «
     Jürgens Nase und Lippen zuckten wie unter Starkstrom. Da packte er sie bei den Schultern und stieß sie gegen die Wand.  Nancys rechte Wange wurde von einem Elchkopf  angeritzt. Etwas Blut floss aus der Wunde. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher