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Terra Anchronos (German Edition)

Terra Anchronos (German Edition)

Titel: Terra Anchronos (German Edition)
Autoren: Andree Leu
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Schuhe braucht das Kind auch.“
    Der Einfall des Vaters gefiel Arne ganz und gar nicht. Oma Theresa führte den einzigen Laden im Dorf. Es gab kaum etwas, das in dem Geschäft nicht verkauft wurde, wenn auch manche Auslage mächtig verstaubt wirkte und seit Jahren auf Käufer wartete.
    Das Problem war, dass Oma Theresa auch Kleider verkaufte. Eine Umkleidekabine wies das Geschäft jedoch nicht auf. Wenn Arne mit seiner Mutter dort einkaufen ging, hielt sie eine alte Wolldecke hoch, hinter der er sich dann umzog und Verschiedenes anprobieren konnte. Natürlich beobachtete ihn die Mutter dabei immer über den Rand der Decke hinweg. Gleichgültig also, wer für Martha die Decke halten würde, die gestohlene Polizeiakte konnte nicht länger verheimlicht werden. Arne saß ein schwerer Kloß im Hals. Er musste sich mit dem Ärmel den Angstschweiß von der Stirn wischen.
    Mit dem ersten Scheppern der alten Türglocke des Ladens kam Oma Theresa schon aus dem Lager. Ihr Gang hatte etwas Schaukelndes, als ob sie seit Jahren auf einem Schiff zu Hause gewesen sei. Trotz ihres hohen Alters blitzten glasklare Augen aus dem faltigen Gesicht.
    „Herr Kapitän“, rief sie erfreut, „schön, dass Sie mich aufsuchen. Und Arne ist auch dabei.“ Dann wandte sie sich Martha zu. „Du bist sicherlich das Mädchen, von dem schon alle erzählen. Wo hast du diese Tracht denn her? Ein solches Kleid habe ich auch noch im Schrank.“
    Bevor Oma Theresa beginnen konnte, von alten Zeiten zu erzählen, wie sie es immer tat und damit viel Zeit verbringen konnte, unterbrach der Kapitän sie.
    „Deswegen sind wir gekommen. Hast du noch ein Kleid für das Kind, Oma Theresa?“
    „Natürlich. Vom Verkaufen lebe ich.“ Mit diesen Worten eierte die alte Frau an einen Kleiderständer, prüfte verschiedene Größen, wischte von Zeit zu Zeit verstohlen mit dem Handrücken etwas Staub von den Stoffen und kam schließlich mit einem schlichten Kleidungsstück zurück. „Das müsste passen“, murmelte sie, gab dem Kapitän eine verschlissene Wolldecke und reichte Martha das Kleid.
    Hätte Arne nur eine Möglichkeit gesehen, spurlos von der Bildfläche zu verschwinden, keine Sekunde hätte er gezögert. So aber musste er mit ansehen, wie der Vater die Wolldecke ausbreitete und darauf wartete, dass Martha das Kleid anprobierte. Das Mädchen rührte sich jedoch nicht von der Stelle, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute derart abweisend, dass der Kapitän nach einer Weile die Arme sinken ließ.
    „Das hat wohl keinen Wert. Ich glaube, das Kind geniert sich. Besser ist es, meine Frau kommt mit dem Mädchen.“
    „Und die Schuhe?“ Oma Theresa sah ein Geschäft durch die Lappen gehen und ging eilfertig zum Schuhregal.
    „Lass gut sein, Oma“, sagte Arnes Vater schon im Gehen begriffen. „Du wirst mit Sicherheit noch etwas verkaufen können. Meine Frau kommt ganz bestimmt.“
    Prächtiger hätte Martha die heikle Situation nicht lösen können. Arne warf ihr einen anerkennenden Blick zu.
    Auf dem Heimweg grübelte der Junge heftig über die Frage nach, aus welchem Grund Martha die alte Akte gestohlen haben mochte. Er kam beim besten Willen nicht auf des Rätsels Lösung, so sehr er sich auch den Kopf darüber zerbrach. Er sollte es jedoch bald erfahren.

Ein heimtückisches  Verbrechen
    Arne und Martha konnten die Anspannung kaum aushalten. Während des gesamten restlichen Tages suchten sie nach einer Möglichkeit, allein und ungestört miteinander zu sprechen. Doch Arnes Mutter ließ Martha nicht aus den Augen. Zudem beauftragte sie ihren Sohn andauernd mit Besorgungen und Botengängen, die er nur widerwillig erledigte. Selbst die strengen und ermahnenden Worte des Vaters vermochten die Hilfsbereitschaft des Jungen nicht zu fördern.
    Martha hingegen weigerte sich weiterhin, konsequent, ihr Kleid abzulegen und auch nur das geringste Wort der Erklärung dafür abzugeben. Nur Arne wusste, warum das Mädchen so halsstarrig die Arme vor der Brust verschränkte.
    Dann endlich, als Arne schon fast jede Hoffnung begraben hatte, machte der Vater nach dem Abendbrot ein verständnisvolles Gesicht.
    „Ihr schleicht den ganzen Tag umeinander herum, als hättet ihr ein Geheimnis. Nun lauft schon und steckt die Köpfe zusammen.“
    Zu seiner Frau gewandt, meinte er: „Viel eicht spricht sie ja mit Arne. Wer weiß, was das Kind erlebt hat.“
    Mit einem kurzen Blick verständigten sich die Kinder und erhoben sich zunächst zögernd, presch ten dann
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