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Terra Anchronos (German Edition)

Terra Anchronos (German Edition)

Titel: Terra Anchronos (German Edition)
Autoren: Andree Leu
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interessiert eine Akte auf und begann zu lesen. Dann hielt er die beiliegende Fotografie neben Marthas Gesicht und begann zu vergleichen. Er musste lachen, als bei der dritten Akte ein rothaariger Junge zu sehen war, dem irgendjemand schwarze Teufelshörner gemalt hatte. Fündig wurde Arne nicht. Es war auch nicht anders zu erwarten gewesen. Die Akte aus dem Jahre 1824 warf er achtlos zurück auf den Tisch. Sie war in altdeutscher Schrift geschrieben, die er beim besten Willen nicht entziffern konnte. Ohne sich um Martha zu kümmern, ging er in die Stube und setzte sich zu seinem Vater, der ein belangloses Gespräch über den Polizeidienst mit Paul Brodersen begonnen hatte.
    „Wo ist denn das Mädchen?“ fragte der Kapitän.
    „Die habe ich ja ganz vergessen.“ Arne erhob sich eifrig und ging in den Flur zurück, um nach Martha zu sehen. Hoffentlich hat sie nicht die Gelegenheit zur Flucht genutzt, dachte er. Zu seiner Beruhigung konnte er jedoch feststellen, dass sie noch immer vor dem Schreibtisch stand. Martha hatte ihm den Rücken zugekehrt und las eifrig in der vergilbten alten Akte.
    Arne blieb einen Augenblick stehen und bewunderte Marthas Haar, das im einfallenden Licht der Mittagssonne wunderbar glänzte. Was er allerdings sonst noch beobachtete, verschlug ihm fast den Atem. Das war doch verboten. In Windeseile knöpfte Martha das Kleid vor ihrer Brust auf und schob das Papier, das sie eben noch so eifrig gelesen hatte, unter den Stoff. Mit einem deutlich erleichterten Aufatmen schloss sie die Knöpfe wieder und drehte sich langsam um. Ihr Erschrecken war groß, als sie den Jungen bemerkte, der nur wenige Schritte vor ihr stand.
    Rasch hob Martha einen Finger an den Mund. Die Augen waren vor Entsetzen geweitet und schauten derart flehend, dass Arne in Zweifel geriet, was nun richtig war.
    Sol te er den Diebstahl verschweigen oder ordnungsgemäß dem Polizisten melden?
    „Bitte!“, flüsterte Martha und faltete die Hände vor der Brust.
    Aus dem Wohnzimmer drangen die gedämpften Laute der Männer in den Flur. Tassen schepperten leise auf den Untertellern, Stühle wurden über die knarrenden Dielen geschoben.
    „Dann sind wir uns einig“, hörte Arne die Stimme des Polizisten.
    „Ja, das Kind kann bei uns wohnen bleiben, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind.“
    „Sehr mysteriös, die Angelegenheit. Äußerst seltsam. Aber es wäre eine Schande, wenn das Kind in ein Heim gebracht werden müsste. Da ist es bei dir erheblich besser aufgehoben. Zumindest bis die Eltern gefunden sind.“
    „Dann bring mich mal zur Tür. Es wird Zeit, nach Hause zu gehen. Den Papierkram mit den Behörden erledigst du?“
    „Klar! Ich komme dann mit meinem Dienstfahrzeug, wenn ich noch eine Unterschrift brauche.“
    Das verhaltene Lachen der Männer kam näher.
    Jetzt oder nie, dachte Arne. Schnell eilte er unter den ängstlichen Blicken Marthas an den Schreibtisch.
    Mit hastigen Bewegungen raffte er die verbliebenen Akten zusammen und schob sie in den großen Umschlag, in dem Paul Brodersen die Papiere aus der Stadt mitgebracht hatte.
    Gerade noch rechtzeitig hatte er den Umschlag verschlossen und legte ihn zurück auf den Tisch.
    Mit klopfendem Herzen erwartete er die Männer.
    Paul Brodersens geübter Blick des erfahrenen Polizisten bemerkte die Veränderung auf seinem Schreibtisch sofort. Arne rutschte das Herz in die Hose. Wenn der Polizist die Tasche öffnen würde, käme der Diebstahl sofort ans Licht. Im gleichen Augenblick konnte Arne jedoch aufatmen.
    „Du bist ein guter Junge.“ Paul Brodersen klopfte Arne leicht und anerkennend auf die Schulter. „Die Mühe brauche ich mir nicht mehr machen. Ich werde den wertlosen Kram am besten noch heute zurück in die Stadt bringen.“
    Der dankbare Blick, den Martha Arne zuwarf, war Entlohnung genug für das schlechte Gewissen des Jungen. Gemeinsam mit dem Vater verließen die Kinder die Polizeistation und traten zu Fuß den Heimweg an.
    Arne, der direkt neben Martha ging, bemerkte ihren steifen und vorsichtigen Gang, der eindeutig auf das Papier unter dem Kleid zurückzuführen war. Hoffentlich würde der Vater das nicht bemerken und Verdacht schöpfen. Der ging aber forschen Schrittes voran und drehte sich kaum einmal zu den Kindern um. Mit einem Mal jedoch blieb er stehen.
    „Wir gehen noch bei Oma Theresa vorbei. Vielleicht hat sie noch ein brauchbares Kleid im Laden.
    Schließlich kann unser Besuch nicht Tag und Nacht dasselbe Zeug am Leibe tragen. Und
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