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Tenebra 3 - Dunkle Burg

Tenebra 3 - Dunkle Burg

Titel: Tenebra 3 - Dunkle Burg
Autoren: Dave Luckett
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einem Ort zu verstecken, wo es nur einen Weg hinein oder hinaus gibt. Es lag nicht daran, dass ich mich etwa vor Gebeinen oder Gespenstern gefürchtet hätte. Tote sind einfach das, was sie sind: tot. Sie können einem nichts tun.
    Allerdings ist es wahr, dass etwas an ihnen ist. Manchmal treiben Leichen den Fluss hinunter, und es geht etwas wie ein Gefühl von ihnen aus. Als ob das Talent sie wiederbeleben und zu seinen Gehilfen machen könnte. Unheimlich.
    Als ich dort trocken und im Windschutz saß und allmählich wärmer wurde, etwas von meinem Brot und den Äpfeln aß, dachte ich über das Talent nach. Vorher schon hatte ich von der Wurst gegessen und war nicht hungrig. Das Talent lief darauf hinaus, dass Tiere und Dinge dem Willen gehorchten und taten, was er von ihnen wollte. Aber die meisten Dinge erforderten Zeit, und ich hatte keine. Und wenn man auch das Empfinden eines Tieres beeinflussen oder verändern konnte, so gelang es doch niemals bei einem Menschen. Das menschliche Bewusstsein ist wie die Marmorkugeln auf Torpfosten. Hart, glänzend, schwer. Man kommt nicht hinein.
    Aber wie stand es mit den Toten? Ich saß und lauschte dem Wind, und es schien mir, als hörte ich ihre Stimmen darin, die von allen Seiten kamen. Und doch fürchtete ich mich nicht. Es war nur… irgendwie falsch. Wie Mutter Lessings Angebot. Ich schlug mich lieber als Diebin durch, obwohl das einfach albern war, weil Mutter Lessing eine ziemlich anständige Frau war, die dafür sorgte, dass ihre Mädchen Unterkunft und Verpflegung bekamen und schöne Kleider hatten, wenn sie welche trugen. Während ich hier auf der Schwelle eines Totenhauses saß, um mich vor dem Regen zu schützen, und von Fürst Nathans Garde gesucht wurde. Trotzdem, Diebstahl schien… ehrlicher.
    Ich schüttelte den Kopf. Was bedeutete mir Ehrlichkeit? Ich war eine Diebin.
    Es wäre eine gute Idee, auszuruhen und Kräfte zu sammeln, so gut ich konnte, denn ich hatte eine lange und anstrengende Nacht vor mir. Doch die Erregung, die von den Ereignissen und der Verfolgungsjagd noch in mir steckte, ließ erst allmählich nach. Inzwischen war ich trocken, leidlich warm und satt, und schließlich schlief ich ein. Ich hatte schon unter viel unangenehmeren Bedingungen geschlafen.
    Der Regen hörte allmählich auf, und am Nachmittag erwärmte es sich ein wenig. Bald würde es Frühling sein, und das war gut. Bald würde es für alle Arbeit geben, die bereit waren, für Unterkunft und Verpflegung auf den Feldern zu arbeiten. Aber noch immer wurde es früh dunkel. Am Spätnachmittag reckte ich die steifen Arme und Beine, sah mich um und wartete, bis die Dämmerung tiefer wurde.
    Als ich erkennen konnte, dass in den Häusern die Lichter angezündet wurden, zog ich los. Es war noch nicht ganz dunkel, würde es aber sein, bis ich zur Stadtmauer käme. Ich wollte so frühzeitig wie möglich über die Mauer und draußen sein, um in den Nachtstunden möglichst weit zu marschieren. Es gab dort draußen genug Gehöfte und Dörfer, und ich hatte genug Silbergeld im Beutel, um einen Monat oder länger zu essen. Es war nicht anzunehmen, dass Fürst Nathan das ganze Land nach einer kleinen Diebin durchkämmen würde, obwohl allgemein bekannt war, dass er ein Kleinigkeitskrämer sein konnte. Um mich draußen auf dem Land zu suchen und einzufangen, würde er eine Armee brauchen, und wie es schien, brauchte er sie bald für andere Zwecke.
    Unterwegs überlegte ich, warum er Krieg führen wollte. Die Verhältnisse hatten sich allgemein gebessert. Sogar Sart konnte von den paar Stunden Arbeit leben, die er als Schauermann am Hafen ableistete, wenn er nicht sturzbetrunken war oder zu Hause auf dem Strohsack seinen Rausch ausschlafen musste. Überall in der Stadt ging es geschäftig zu. Gewiss, die Preise waren hoch, aber es war Geld in Umlauf, wie mein Beutezug vom Morgen bewiesen hatte.
    Ein weiterer Beweis war die Zunahme der Bevölkerung. Noch vor wenigen Jahren hatten viele der baufälligen kleinen Häuser nahe der Stadtmauer leergestanden, und die schmalen Gassen waren die meiste Zeit wie ausgestorben gewesen. Inzwischen waren diese Häuser fast alle von zugewanderten Leuten aus dem Umland bewohnt und notdürftig instand gesetzt, und in den Gassen ging es lebhaft zu. Was für mich günstig war.
    An der nördlichen Stadtmauer und nicht weit westlich des Flusstores gab es ein Lagerhaus. Ich schaute zum Flusstor und fand, dass es für die Nacht geschlossen war. Auffallender war, dass die
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