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Teckla

Teckla

Titel: Teckla
Autoren: Steven Brust
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Regung. Etwas später kamen Gregori und Paresh heraus und fingen an, leise mit den Ostländern zu reden. Vermutlich, daß sie Ruhe bewahren sollten.
    Ich knackte mit den Fingerknöcheln. Dann schloß ich die Augen und konzentrierte mich auf das Gebäude gegenüber. Erinnerte mich an den Flur. Sah die Scherben neben meinem Fuß und ignorierte sie; vielleicht waren sie bereits weggekehrt worden. Ich rief mir ein Bild vor Augen, das die rötlichen Flecken auf dem Boden und an der Wand zeigte, die wahrscheinlich von Likör stammten. Dann erinnerte ich mich an die Treppe mitten in der Diele, die vermutlich in den Keller führte, verhängt mit einem Vorhang. Die Decke bestand aus abblätternder Farbe und Holzsplittern. Ein zerfranstes Seil hing herab. Vermutlich hatte an ihm einmal ein Kandelaber gehangen. Ich erinnerte mich an die Dicke des Seils und die Art, wie das ausgefranste Ende dort gehangen hatte und wie die Fransen aussahen. An die Staubschicht auf dem Vorhang. Und an den Vorhang selbst, gewebt in einem Zickzackmuster aus dunklem Braun und häßlichem, dreckigem Blau auf einem Hintergrund, der möglicherweise einmal grün gewesen war. An den Geruch des Flurs, staubgeschwängert und stickig, so deutlich, daß ich es fast schmecken konnte; nein, nicht fast, ich konnte den Staub im Mund tatsächlich schmecken.
    Das mußte es also sein. Ich hielt das Bild fest, genau dort, und stellte Verbindung zum Gestirn her, und die Kraft strömte durch mich und in die Formen, die ich erschaffen und geformt und gedrechselt hatte, bis sie auf tiefe, wenn auch unerklärliche Weise ins Bild der Gerüche und Geschmäcker paßten, die ich im Kopf hatte.
    Ich sog sie ein, die Augen fest geschlossen, und ich wußte, ich mußte irgendwas erwischt haben, weil meine Innereien anfingen, sich zu drehen. Ich setzte noch einen drauf und öffnete die Augen und, ja, ich war da. Der Vorhang hat nicht ganz genauso gerochen und ausgesehen, wie ich gedacht hatte, aber fast. Jedenfalls konnte ich mich gut dahinter verstecken.
    Da ich annahm, daß im Flur auch Leibwächter standen, versuchte ich, mich ruhig zu verhalten. War euch schonmal kotzübel, und ihr habt gleichzeitig versucht, möglichst leise zu sein? Ich will nicht in die Einzelheiten gehen; ich habe es jedenfalls geschafft. Nach einer Weile riskierte ich einen Blick. Ein Leibwächter stand im Flur. Er war etwa so wachsam wie jemand sein kann, wenn nichts unmittelbar passiert, also nicht allzu sehr. Unbemerkt zog ich den Kopf wieder hinter den Vorhang. In der anderen Richtung, zur Hintertür hin, war nichts zu sehen. Möglicherweise standen ein paar draußen davor oder gleich hinter dem Wohnungseingang selbst, aber die durfte ich fürs erste sowieso außer acht lassen.
    Ich lauschte angestrengt und erkannte Herths gebieterische Stimme. Also war er da drinnen. Natürlich wurde er gut beschützt. Meine Möglichkeiten sahen eher beschränkt aus. Ich konnte versuchen, seine Beschützer nacheinander unschädlich zu machen. Also einen Weg finden, die beiden hier zum Schweigen zu bringen, ohne daß drinnen jemand aufhorchte, dann die Leichen beseitigen und warten, bis jemand nachsehen kam, dann die Prozedur wiederholen. Das hatte irgendwie seinen Reiz, aber ich hatte starke Zweifel an meiner Fähigkeit, so viele ohne jedes Geräusch zu erledigen; außerdem könnte Herth jederzeit abtauchen, falls er einen Moment für besonders günstig hielte.
    Ansonsten blieb nur noch eine Möglichkeit, und die war bescheuert. Ich meine total bescheuert. Etwas derart Bescheuertes tut man nur dann, wenn man so wütend ist, daß man nicht klar denken kann, wenn man sowieso zu sterben erwartet, wenn man wochenlang Ärger aufgestaut hat, bis man explodieren möchte, und sich überlegt, daß man vielleicht ein paar von denen mitnehmen kann, und wenn es einem allgemein piepegal ist.
    Mit anderen Worten, dies war der perfekte Augenblick.
    Ich überprüfte all meine Waffen und zog dann zwei dünne und unglaublich scharfe Wurfmesser. Die Arme hielt ich dicht am Körper, damit die Messer, wenn sie schon nicht verborgen waren, wenigstens nicht gleich auffielen. Dann trat ich in den Flur.
    Er hat mich sofort gesehen und glotzte mich an. Ich ging auf ihn zu, und ich meine mich zu erinnern, daß ein Lächeln auf meinen Lippen lag. Ja, da bin ich mir sicher. Vielleicht hat ihn das aufgehalten, jedenfalls glotzte er mich einfach nur an. Inzwischen raste mein Puls. Ich ging so lange weiter, bis ich entweder dicht genug bei ihm war
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